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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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Aus diesen Rapporten ersieht der Leser, dass zur Zeit,
als die Medicin in Wien noch der anatomischen Grundlage
entbehrte, innerhalb zwei Jahren eine Wöchnerin von 400
Wöchnerinnen starb. Innerhalb zwei Jahren starb eine Wöch-
nerin von 300 Wöchnerinnen. Innerhalb acht Jahren starb eine
Wöchnerin von 200 Wöchnerinnen und innerhalb 13 Jahren
starb nicht eine Wöchnerin von 100 Wöchnerinnen.

Gestützt auf diese Rapporte können wir daher die Frage,
wie viele Wöchnerinnen werden immer in Folge unverhütba-
rer Selbstinfection sterben? dahin beantworten, dass in Folge
unverhütbarer Selbstinfection nicht eine Wöchnerin von 100
Wöchnerinnen stirbt.

Diese so geringe Sterblichkeit, welche die Rapporte des
Wiener Gebärhauses ausweisen, ist vielleicht noch nicht die
möglichst kleinste, weil möglicherweise von den verstorbenen
Wöchnerinnen einzelne nicht am Kindbettfieber, sondern an
einer andern Krankheit starben, und es konnten ja auch da-
mals Fälle von Infection von aussen dadurch entstehen, dass
durch das Personal des Gebärhauses die Jauche von einer
kranken Wöchnerin auf gesunde übertragen wurde. Dass das
wirklich geschehen ist, beweisen ebenfalls die Rapporte des
Wiener Gebärhauses aus der Zeit, wo die Medicin in Wien
noch der anatomischen Grundlage entbehrte, weil auch da-
mals die Sterblichkeit bis auf vier von 100 stieg.

Das Wiener Gebärhaus wurde eröffnet 1784 innerhalb
39 Jahre, nämlich bis zum Jahre 1823, kommen 25 Jahre vor,
innerhalb welchen auch nicht eine Wöchnerin von hundert ge-
storben ist. Innerhalb sieben Jahren ist eine Wöchnerin von
hundert gestorben, innerhalb fünf Jahren sind zwei von hun-
dert gestorben, innerhalb eines Jahres, nämlich 1814, sind
drei von hundert gestorben, und innerhalb eines Jahres, näm-
lich 1819, sind vier von hundert gestorben.

Wenn wir die 25 Jahre, innerhalb welchen auch nicht
eine Wöchnerin von hundert im Wiener Gebärhause gestor-
ben ist, als Massstab für die Zahl der Fälle von Selbstinfec-

Aus diesen Rapporten ersieht der Leser, dass zur Zeit,
als die Medicin in Wien noch der anatomischen Grundlage
entbehrte, innerhalb zwei Jahren eine Wöchnerin von 400
Wöchnerinnen starb. Innerhalb zwei Jahren starb eine Wöch-
nerin von 300 Wöchnerinnen. Innerhalb acht Jahren starb eine
Wöchnerin von 200 Wöchnerinnen und innerhalb 13 Jahren
starb nicht eine Wöchnerin von 100 Wöchnerinnen.

Gestützt auf diese Rapporte können wir daher die Frage,
wie viele Wöchnerinnen werden immer in Folge unverhütba-
rer Selbstinfection sterben? dahin beantworten, dass in Folge
unverhütbarer Selbstinfection nicht eine Wöchnerin von 100
Wöchnerinnen stirbt.

Diese so geringe Sterblichkeit, welche die Rapporte des
Wiener Gebärhauses ausweisen, ist vielleicht noch nicht die
möglichst kleinste, weil möglicherweise von den verstorbenen
Wöchnerinnen einzelne nicht am Kindbettfieber, sondern an
einer andern Krankheit starben, und es konnten ja auch da-
mals Fälle von Infection von aussen dadurch entstehen, dass
durch das Personal des Gebärhauses die Jauche von einer
kranken Wöchnerin auf gesunde übertragen wurde. Dass das
wirklich geschehen ist, beweisen ebenfalls die Rapporte des
Wiener Gebärhauses aus der Zeit, wo die Medicin in Wien
noch der anatomischen Grundlage entbehrte, weil auch da-
mals die Sterblichkeit bis auf vier von 100 stieg.

Das Wiener Gebärhaus wurde eröffnet 1784 innerhalb
39 Jahre, nämlich bis zum Jahre 1823, kommen 25 Jahre vor,
innerhalb welchen auch nicht eine Wöchnerin von hundert ge-
storben ist. Innerhalb sieben Jahren ist eine Wöchnerin von
hundert gestorben, innerhalb fünf Jahren sind zwei von hun-
dert gestorben, innerhalb eines Jahres, nämlich 1814, sind
drei von hundert gestorben, und innerhalb eines Jahres, näm-
lich 1819, sind vier von hundert gestorben.

Wenn wir die 25 Jahre, innerhalb welchen auch nicht
eine Wöchnerin von hundert im Wiener Gebärhause gestor-
ben ist, als Massstab für die Zahl der Fälle von Selbstinfec-

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[111/0123] Aus diesen Rapporten ersieht der Leser, dass zur Zeit, als die Medicin in Wien noch der anatomischen Grundlage entbehrte, innerhalb zwei Jahren eine Wöchnerin von 400 Wöchnerinnen starb. Innerhalb zwei Jahren starb eine Wöch- nerin von 300 Wöchnerinnen. Innerhalb acht Jahren starb eine Wöchnerin von 200 Wöchnerinnen und innerhalb 13 Jahren starb nicht eine Wöchnerin von 100 Wöchnerinnen. Gestützt auf diese Rapporte können wir daher die Frage, wie viele Wöchnerinnen werden immer in Folge unverhütba- rer Selbstinfection sterben? dahin beantworten, dass in Folge unverhütbarer Selbstinfection nicht eine Wöchnerin von 100 Wöchnerinnen stirbt. Diese so geringe Sterblichkeit, welche die Rapporte des Wiener Gebärhauses ausweisen, ist vielleicht noch nicht die möglichst kleinste, weil möglicherweise von den verstorbenen Wöchnerinnen einzelne nicht am Kindbettfieber, sondern an einer andern Krankheit starben, und es konnten ja auch da- mals Fälle von Infection von aussen dadurch entstehen, dass durch das Personal des Gebärhauses die Jauche von einer kranken Wöchnerin auf gesunde übertragen wurde. Dass das wirklich geschehen ist, beweisen ebenfalls die Rapporte des Wiener Gebärhauses aus der Zeit, wo die Medicin in Wien noch der anatomischen Grundlage entbehrte, weil auch da- mals die Sterblichkeit bis auf vier von 100 stieg. Das Wiener Gebärhaus wurde eröffnet 1784 innerhalb 39 Jahre, nämlich bis zum Jahre 1823, kommen 25 Jahre vor, innerhalb welchen auch nicht eine Wöchnerin von hundert ge- storben ist. Innerhalb sieben Jahren ist eine Wöchnerin von hundert gestorben, innerhalb fünf Jahren sind zwei von hun- dert gestorben, innerhalb eines Jahres, nämlich 1814, sind drei von hundert gestorben, und innerhalb eines Jahres, näm- lich 1819, sind vier von hundert gestorben. Wenn wir die 25 Jahre, innerhalb welchen auch nicht eine Wöchnerin von hundert im Wiener Gebärhause gestor- ben ist, als Massstab für die Zahl der Fälle von Selbstinfec-

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/123>, abgerufen am 21.11.2024.