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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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Aber in der Maternite ist das Unterrichtssystem so be-
schaffen, dass sich Hebammen dort so häufig wie anderswo
nur die Aerzte ihre Hände mit zersetzten Stoffen verun-
reinigen.

Mein Gewährsmann für diese Behauptung ist Johann
Friedr. Osiander.

In einem Werke, welches den Titel führt: "Bemerkungen
über die französische Geburtshilfe, nebst einer ausführli-
chen Beschreibung der Maternite in Paris. Hannover, bei den
Brüdern Hahn. 1813" sagt Osiander in der Vorrede, dass
er vom Mai 1809 bis dahin 1810 in Paris war, dass er so
glücklich war, Baudelocque's Freundschaft zu geniessen,
und dass er durch dessen Verwendung Zutritt zur Maternite
erhielt.

Vom Unterrichtssysteme, welches in der Maternite
herrscht, gibt er folgende Beschreibung:

Seite 33 sagt Osiander Folgendes: "Den täglichen Vi-
siten, die der Arzt in der Infirmerie der Wöchnerinnen macht,
wohnt die Hebamme des Hauses und ein Theil der Hebam-
men-Schülerinnen bei. Jede Schülerin bekommt eine Kranke
zur besonderen Beobachtung, und sie wird angehalten, eine
kurze Krankengeschichte, den Hergang der Geburt und die
Verordnungen des Arztes aufzusetzen. Diese Krankenge-
schichten werden "Bulletins cliniques" genannt, und Herr
Professor Chaussier gibt sich viel Mühe, die Schülerinnen
im Aufsetzen derselben zu unterrichten. Bei jeder Kranken
geht er das Bulletin genau durch, indem er demselben ein Zu-
trauen schenkt, dessen ich es selten würdig gefunden habe.
Unter den Schülerinnen sind nämlich nur einzelne, welche
Talent und Ernsthaftigkeit genug besitzen, um Krankheiten
zu beobachten und Krankengeschichten aufzusetzen. Diese
wenigen geben allen andern die Muster zu ihren Berichten,
und ich habe daher oft gefunden, dass in mehreren Bulletins
bei den verschiedensten Krankheiten dieselben Symptome mit
denselben Worten angegeben waren. Ueberhaupt ist es auf-

Aber in der Maternité ist das Unterrichtssystem so be-
schaffen, dass sich Hebammen dort so häufig wie anderswo
nur die Aerzte ihre Hände mit zersetzten Stoffen verun-
reinigen.

Mein Gewährsmann für diese Behauptung ist Johann
Friedr. Osiander.

In einem Werke, welches den Titel führt: »Bemerkungen
über die französische Geburtshilfe, nebst einer ausführli-
chen Beschreibung der Maternité in Paris. Hannover, bei den
Brüdern Hahn. 1813« sagt Osiander in der Vorrede, dass
er vom Mai 1809 bis dahin 1810 in Paris war, dass er so
glücklich war, Baudelocque’s Freundschaft zu geniessen,
und dass er durch dessen Verwendung Zutritt zur Maternité
erhielt.

Vom Unterrichtssysteme, welches in der Maternité
herrscht, gibt er folgende Beschreibung:

Seite 33 sagt Osiander Folgendes: »Den täglichen Vi-
siten, die der Arzt in der Infirmerie der Wöchnerinnen macht,
wohnt die Hebamme des Hauses und ein Theil der Hebam-
men-Schülerinnen bei. Jede Schülerin bekommt eine Kranke
zur besonderen Beobachtung, und sie wird angehalten, eine
kurze Krankengeschichte, den Hergang der Geburt und die
Verordnungen des Arztes aufzusetzen. Diese Krankenge-
schichten werden »Bulletins cliniques« genannt, und Herr
Professor Chaussier gibt sich viel Mühe, die Schülerinnen
im Aufsetzen derselben zu unterrichten. Bei jeder Kranken
geht er das Bulletin genau durch, indem er demselben ein Zu-
trauen schenkt, dessen ich es selten würdig gefunden habe.
Unter den Schülerinnen sind nämlich nur einzelne, welche
Talent und Ernsthaftigkeit genug besitzen, um Krankheiten
zu beobachten und Krankengeschichten aufzusetzen. Diese
wenigen geben allen andern die Muster zu ihren Berichten,
und ich habe daher oft gefunden, dass in mehreren Bulletins
bei den verschiedensten Krankheiten dieselben Symptome mit
denselben Worten angegeben waren. Ueberhaupt ist es auf-

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[128/0140] Aber in der Maternité ist das Unterrichtssystem so be- schaffen, dass sich Hebammen dort so häufig wie anderswo nur die Aerzte ihre Hände mit zersetzten Stoffen verun- reinigen. Mein Gewährsmann für diese Behauptung ist Johann Friedr. Osiander. In einem Werke, welches den Titel führt: »Bemerkungen über die französische Geburtshilfe, nebst einer ausführli- chen Beschreibung der Maternité in Paris. Hannover, bei den Brüdern Hahn. 1813« sagt Osiander in der Vorrede, dass er vom Mai 1809 bis dahin 1810 in Paris war, dass er so glücklich war, Baudelocque’s Freundschaft zu geniessen, und dass er durch dessen Verwendung Zutritt zur Maternité erhielt. Vom Unterrichtssysteme, welches in der Maternité herrscht, gibt er folgende Beschreibung: Seite 33 sagt Osiander Folgendes: »Den täglichen Vi- siten, die der Arzt in der Infirmerie der Wöchnerinnen macht, wohnt die Hebamme des Hauses und ein Theil der Hebam- men-Schülerinnen bei. Jede Schülerin bekommt eine Kranke zur besonderen Beobachtung, und sie wird angehalten, eine kurze Krankengeschichte, den Hergang der Geburt und die Verordnungen des Arztes aufzusetzen. Diese Krankenge- schichten werden »Bulletins cliniques« genannt, und Herr Professor Chaussier gibt sich viel Mühe, die Schülerinnen im Aufsetzen derselben zu unterrichten. Bei jeder Kranken geht er das Bulletin genau durch, indem er demselben ein Zu- trauen schenkt, dessen ich es selten würdig gefunden habe. Unter den Schülerinnen sind nämlich nur einzelne, welche Talent und Ernsthaftigkeit genug besitzen, um Krankheiten zu beobachten und Krankengeschichten aufzusetzen. Diese wenigen geben allen andern die Muster zu ihren Berichten, und ich habe daher oft gefunden, dass in mehreren Bulletins bei den verschiedensten Krankheiten dieselben Symptome mit denselben Worten angegeben waren. Ueberhaupt ist es auf-

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/140>, abgerufen am 21.11.2024.