tung sind keine ätiologischen Momente des Kindbettfiebers, weil durch alle diese Umstände weder den Individuen von Aussen ein zersetzter Stoff eingebracht wird, noch entsteht in Folge dieser Umstände ein zersetzter Stoff in den Individuen.
Wenn diese Umstände ätiologische Momente des Kind- bettfiebers wären, so könnte die geographische Verbreitung des Kindbettfiebers nicht auf das mittlere Europa beschränkt sein, und die Geschichte des Kindbettfiebers könnte nicht das Kindbettfieber als eine Krankheit der neueren Zeit docu- mentiren.
Aetiologische Momente des Kindbettfiebers sind alle jene Momente, welche den Individuen entweder einen zersetzten thierisch-organischen Stoff von Aussen einbringen, oder welche in den Individuen einen solchen Stoff entstehen machen.
Die Momente, welche den Individuen von Aussen einen zersetzten Stoff beibringen, und das Kindbettfieber daher durch Infection von Aussen erzeugen, sind folgende:
Dass die Vorstände der Gebärhäuser und deren Hilfsärzte zur eigenen und zur Belehrung ihrer Schüler sich mit Dingen beachäftigen, welche ihre Hände mit zersetzten Stoffen verun- reinigen; wenn der Vorstand einer chirurgischen Abtheilung zugleich einer geburtshilflichen Abtheilung vorsteht; wenn eine gynaecolgische und geburtshilfliche Abtheilung unter einem Vorstande vereinigt sind; dass die Schüler der prak- tischen Geburtshilfe den pathologischen und gerichtlichen Sectionen so wie den Sectionen der im Gebärhause Verstor- benen beiwohnen; dass sie chirurgische und medicinische Abtheilungen besuchen; dass sie Operationscurse an der Leiche aus der Chirurgie, Oculistik nehmen; dass sie mikroskopische Curse mitmachen, in welchen verschiedene zersetzte Stoffe untersucht werden; dass sie den Cursen über pathologische Anatomie beiwohnen; dass ihnen der fungirende Assistent Un- terricht ertheilt in geburtshilflichen Operationen am Cadaver; dass Assistenten und Schüler Sectionen machen; dass Vorstände der Gebärhäuser und deren Hilfsärzte Kranke behandeln, deren
tung sind keine ätiologischen Momente des Kindbettfiebers, weil durch alle diese Umstände weder den Individuen von Aussen ein zersetzter Stoff eingebracht wird, noch entsteht in Folge dieser Umstände ein zersetzter Stoff in den Individuen.
Wenn diese Umstände ätiologische Momente des Kind- bettfiebers wären, so könnte die geographische Verbreitung des Kindbettfiebers nicht auf das mittlere Europa beschränkt sein, und die Geschichte des Kindbettfiebers könnte nicht das Kindbettfieber als eine Krankheit der neueren Zeit docu- mentiren.
Aetiologische Momente des Kindbettfiebers sind alle jene Momente, welche den Individuen entweder einen zersetzten thierisch-organischen Stoff von Aussen einbringen, oder welche in den Individuen einen solchen Stoff entstehen machen.
Die Momente, welche den Individuen von Aussen einen zersetzten Stoff beibringen, und das Kindbettfieber daher durch Infection von Aussen erzeugen, sind folgende:
Dass die Vorstände der Gebärhäuser und deren Hilfsärzte zur eigenen und zur Belehrung ihrer Schüler sich mit Dingen beachäftigen, welche ihre Hände mit zersetzten Stoffen verun- reinigen; wenn der Vorstand einer chirurgischen Abtheilung zugleich einer geburtshilflichen Abtheilung vorsteht; wenn eine gynaecolgische und geburtshilfliche Abtheilung unter einem Vorstande vereinigt sind; dass die Schüler der prak- tischen Geburtshilfe den pathologischen und gerichtlichen Sectionen so wie den Sectionen der im Gebärhause Verstor- benen beiwohnen; dass sie chirurgische und medicinische Abtheilungen besuchen; dass sie Operationscurse an der Leiche aus der Chirurgie, Oculistik nehmen; dass sie mikroskopische Curse mitmachen, in welchen verschiedene zersetzte Stoffe untersucht werden; dass sie den Cursen über pathologische Anatomie beiwohnen; dass ihnen der fungirende Assistent Un- terricht ertheilt in geburtshilflichen Operationen am Cadaver; dass Assistenten und Schüler Sectionen machen; dass Vorstände der Gebärhäuser und deren Hilfsärzte Kranke behandeln, deren
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tung sind keine ätiologischen Momente des Kindbettfiebers,
weil durch alle diese Umstände weder den Individuen von
Aussen ein zersetzter Stoff eingebracht wird, noch entsteht in
Folge dieser Umstände ein zersetzter Stoff in den Individuen.
Wenn diese Umstände ätiologische Momente des Kind-
bettfiebers wären, so könnte die geographische Verbreitung
des Kindbettfiebers nicht auf das mittlere Europa beschränkt
sein, und die Geschichte des Kindbettfiebers könnte nicht das
Kindbettfieber als eine Krankheit der neueren Zeit docu-
mentiren.
Aetiologische Momente des Kindbettfiebers sind alle jene
Momente, welche den Individuen entweder einen zersetzten
thierisch-organischen Stoff von Aussen einbringen, oder welche
in den Individuen einen solchen Stoff entstehen machen.
Die Momente, welche den Individuen von Aussen einen
zersetzten Stoff beibringen, und das Kindbettfieber daher
durch Infection von Aussen erzeugen, sind folgende:
Dass die Vorstände der Gebärhäuser und deren Hilfsärzte
zur eigenen und zur Belehrung ihrer Schüler sich mit Dingen
beachäftigen, welche ihre Hände mit zersetzten Stoffen verun-
reinigen; wenn der Vorstand einer chirurgischen Abtheilung
zugleich einer geburtshilflichen Abtheilung vorsteht; wenn
eine gynaecolgische und geburtshilfliche Abtheilung unter
einem Vorstande vereinigt sind; dass die Schüler der prak-
tischen Geburtshilfe den pathologischen und gerichtlichen
Sectionen so wie den Sectionen der im Gebärhause Verstor-
benen beiwohnen; dass sie chirurgische und medicinische
Abtheilungen besuchen; dass sie Operationscurse an der Leiche
aus der Chirurgie, Oculistik nehmen; dass sie mikroskopische
Curse mitmachen, in welchen verschiedene zersetzte Stoffe
untersucht werden; dass sie den Cursen über pathologische
Anatomie beiwohnen; dass ihnen der fungirende Assistent Un-
terricht ertheilt in geburtshilflichen Operationen am Cadaver;
dass Assistenten und Schüler Sectionen machen; dass Vorstände
der Gebärhäuser und deren Hilfsärzte Kranke behandeln, deren
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/275>, abgerufen am 22.11.2024.
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