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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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ungeachtet es sowohl aus den apriorischen Voraussetzungen
als aus den angeführten Thatsachen selbst hervorzugehen
scheint, dass die präsumirte Leicheninfection, der Annahme
nach, stattfinden kann, und stattgefunden hat, ohne Berück-
sichtigung, ob der Infectionsstoff aus Puerperal- oder anderen
Leichen herrühre, so würde doch eine strenge Untersuchung
absolut fordern, dass diese Verschiedenheit der Infections-
quellen nicht allein beachtet, sonderu auch eine Sonderung der
angestellten Beobachtungen zu Grunde gelegt wäre. In wissen-
schaftlicher Beziehung, und namentlich für die Contagiositäts-
frage des Puerperalfiebers müsste es nämlich von grosser
Bedeutung sein zu wissen, ob die präsumirte Leicheninfection
nur cadaverischen Puerperalstoffen oder allen cadaverischen
Effluvien überhaupt anzurechnen sei, und allenfalls ob die
durch Leicheninfection hervorgerufenen Puerperalkrankheiten
sich unter identischen oder verschiedenen Formen manife-
stirten, je nach der Verschiedenheit der cadaverischen Infec-
tionsquelle. Es wird nämlich einleuchtend sein, dass, so lange
nur von Puerperalleichen die Rede ist, sich die Frage noch
auf dem Gebiete, ob auch an der äussersten Grenze, der Con-
tagiosität beschränkt, da es sich doch um das Product oder
Residuum einer bestimmten Krankheit handelt, das durch
Ueberführung auf eine dazu besonders disponirte Person die-
selbe Krankheit veranlassen zu können angenommen wird,
wogegen in den Fällen, wo der Infectionsstoff von allen andern
Leichen herrühren mag, jeder Gedanke von specifischem Con-
tagium aufgegeben werden muss, und statt dessen die Infection
der Blutmasse, insoferne eine solche stattfindet, mit der von
vielen Experimentatoren an Thieren durch directe Einführung
putrider animalischer Stoffe in dem Organismus hervorgeru-
fenen Blutinfection zusammengestellt werden muss. Dass
hierdurch ein Zustand hervorgebracht werden kann, der mit
der puerperalen Pyaemie viele Aehnlichkeit hat, ist unzwei-
felhaft; aber nicht weniger fest steht die Erfahrung, dass das
Puerperalfieber unter mehreren anderen Formen sich manife-

ungeachtet es sowohl aus den apriorischen Voraussetzungen
als aus den angeführten Thatsachen selbst hervorzugehen
scheint, dass die präsumirte Leicheninfection, der Annahme
nach, stattfinden kann, und stattgefunden hat, ohne Berück-
sichtigung, ob der Infectionsstoff aus Puerperal- oder anderen
Leichen herrühre, so würde doch eine strenge Untersuchung
absolut fordern, dass diese Verschiedenheit der Infections-
quellen nicht allein beachtet, sonderu auch eine Sonderung der
angestellten Beobachtungen zu Grunde gelegt wäre. In wissen-
schaftlicher Beziehung, und namentlich für die Contagiositäts-
frage des Puerperalfiebers müsste es nämlich von grosser
Bedeutung sein zu wissen, ob die präsumirte Leicheninfection
nur cadaverischen Puerperalstoffen oder allen cadaverischen
Effluvien überhaupt anzurechnen sei, und allenfalls ob die
durch Leicheninfection hervorgerufenen Puerperalkrankheiten
sich unter identischen oder verschiedenen Formen manife-
stirten, je nach der Verschiedenheit der cadaverischen Infec-
tionsquelle. Es wird nämlich einleuchtend sein, dass, so lange
nur von Puerperalleichen die Rede ist, sich die Frage noch
auf dem Gebiete, ob auch an der äussersten Grenze, der Con-
tagiosität beschränkt, da es sich doch um das Product oder
Residuum einer bestimmten Krankheit handelt, das durch
Ueberführung auf eine dazu besonders disponirte Person die-
selbe Krankheit veranlassen zu können angenommen wird,
wogegen in den Fällen, wo der Infectionsstoff von allen andern
Leichen herrühren mag, jeder Gedanke von specifischem Con-
tagium aufgegeben werden muss, und statt dessen die Infection
der Blutmasse, insoferne eine solche stattfindet, mit der von
vielen Experimentatoren an Thieren durch directe Einführung
putrider animalischer Stoffe in dem Organismus hervorgeru-
fenen Blutinfection zusammengestellt werden muss. Dass
hierdurch ein Zustand hervorgebracht werden kann, der mit
der puerperalen Pyaemie viele Aehnlichkeit hat, ist unzwei-
felhaft; aber nicht weniger fest steht die Erfahrung, dass das
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[294/0306] ungeachtet es sowohl aus den apriorischen Voraussetzungen als aus den angeführten Thatsachen selbst hervorzugehen scheint, dass die präsumirte Leicheninfection, der Annahme nach, stattfinden kann, und stattgefunden hat, ohne Berück- sichtigung, ob der Infectionsstoff aus Puerperal- oder anderen Leichen herrühre, so würde doch eine strenge Untersuchung absolut fordern, dass diese Verschiedenheit der Infections- quellen nicht allein beachtet, sonderu auch eine Sonderung der angestellten Beobachtungen zu Grunde gelegt wäre. In wissen- schaftlicher Beziehung, und namentlich für die Contagiositäts- frage des Puerperalfiebers müsste es nämlich von grosser Bedeutung sein zu wissen, ob die präsumirte Leicheninfection nur cadaverischen Puerperalstoffen oder allen cadaverischen Effluvien überhaupt anzurechnen sei, und allenfalls ob die durch Leicheninfection hervorgerufenen Puerperalkrankheiten sich unter identischen oder verschiedenen Formen manife- stirten, je nach der Verschiedenheit der cadaverischen Infec- tionsquelle. Es wird nämlich einleuchtend sein, dass, so lange nur von Puerperalleichen die Rede ist, sich die Frage noch auf dem Gebiete, ob auch an der äussersten Grenze, der Con- tagiosität beschränkt, da es sich doch um das Product oder Residuum einer bestimmten Krankheit handelt, das durch Ueberführung auf eine dazu besonders disponirte Person die- selbe Krankheit veranlassen zu können angenommen wird, wogegen in den Fällen, wo der Infectionsstoff von allen andern Leichen herrühren mag, jeder Gedanke von specifischem Con- tagium aufgegeben werden muss, und statt dessen die Infection der Blutmasse, insoferne eine solche stattfindet, mit der von vielen Experimentatoren an Thieren durch directe Einführung putrider animalischer Stoffe in dem Organismus hervorgeru- fenen Blutinfection zusammengestellt werden muss. Dass hierdurch ein Zustand hervorgebracht werden kann, der mit der puerperalen Pyaemie viele Aehnlichkeit hat, ist unzwei- felhaft; aber nicht weniger fest steht die Erfahrung, dass das Puerperalfieber unter mehreren anderen Formen sich manife-

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/306>, abgerufen am 22.11.2024.