Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

ten, der göttlichen Gerechtigkeit werden Sie Herr Hofrath
nicht entgehen.


Ein anderes Mitglied der medicinischen Facultät zu
Würzburg ist Heinrich Bamberger, Professor der medicini-
schen Klinik daselbst.*) Der Leser weiss, dass wir das Puer-
peralfieber für ein Resorptionsfieber halten; das erste ist die
Resorption eines zersetzten Stoffes, das zweite ist die Blut-
entmischung, und das dritte sind erst die Exsudationen.

Heinrich Bamberger glaubt, dass wir folgende Ansicht
über die Entstehung des Kindbettfiebers haben: das erste ist
eine Endometritis, das zweite ist die Resorption der Producte
der Endometritis, das dritte ist die Blutentmischung, und das
vierte sind neue Exsudationen; so dachten wir uns nie die
Entstehung des Kindbettfiebers, und wir unterschreiben alle
Gründe, welche Bamberger gegen ein so entstandenes Puer-
peralfieber anführt.

Wir haben ja numerisch nachgewiesen, dass Scanzoni
im Irrthume ist, wenn er glaubt, dass es Entzündungen im
Wochenbette gibt, welche nicht Puerperalfieber sind, und
dass diese Entzündungen erst später zum Puerperalfieber wer-
den, wenn die resorbirten Producte der Entzündungen eine
Blutentmischung hervorrufen.


Wollen wir wieder nach Prag zurückkehren, und zwar
zuerst zu Josef Hamernik,**) als einem Mitgliede jener Com-
mission, welcher Scanzoni im Jahre 1849 die Aufgabe ge-
stellt hat, diese räthselhafte Krankheit zu erforschen, und wie
gründlich diese Commission forscht, entnimmt der Leser dar-
aus, dass diese Commission im Jahre 1860 die Lösung dieses
Räthsels der Welt noch immer nicht mitgetheilt hat; was nur
darin begründet sein kann, dass die Forschungen noch nicht
beendet sind.

*) Deutsche Klinik 8--12, 1850.
**) Die Cholera epidemica, Prag 1850.
Semmelweis, Kindbettfieber. 27

ten, der göttlichen Gerechtigkeit werden Sie Herr Hofrath
nicht entgehen.


Ein anderes Mitglied der medicinischen Facultät zu
Würzburg ist Heinrich Bamberger, Professor der medicini-
schen Klinik daselbst.*) Der Leser weiss, dass wir das Puer-
peralfieber für ein Resorptionsfieber halten; das erste ist die
Resorption eines zersetzten Stoffes, das zweite ist die Blut-
entmischung, und das dritte sind erst die Exsudationen.

Heinrich Bamberger glaubt, dass wir folgende Ansicht
über die Entstehung des Kindbettfiebers haben: das erste ist
eine Endometritis, das zweite ist die Resorption der Producte
der Endometritis, das dritte ist die Blutentmischung, und das
vierte sind neue Exsudationen; so dachten wir uns nie die
Entstehung des Kindbettfiebers, und wir unterschreiben alle
Gründe, welche Bamberger gegen ein so entstandenes Puer-
peralfieber anführt.

Wir haben ja numerisch nachgewiesen, dass Scanzoni
im Irrthume ist, wenn er glaubt, dass es Entzündungen im
Wochenbette gibt, welche nicht Puerperalfieber sind, und
dass diese Entzündungen erst später zum Puerperalfieber wer-
den, wenn die resorbirten Producte der Entzündungen eine
Blutentmischung hervorrufen.


Wollen wir wieder nach Prag zurückkehren, und zwar
zuerst zu Josef Hamernik,**) als einem Mitgliede jener Com-
mission, welcher Scanzoni im Jahre 1849 die Aufgabe ge-
stellt hat, diese räthselhafte Krankheit zu erforschen, und wie
gründlich diese Commission forscht, entnimmt der Leser dar-
aus, dass diese Commission im Jahre 1860 die Lösung dieses
Räthsels der Welt noch immer nicht mitgetheilt hat; was nur
darin begründet sein kann, dass die Forschungen noch nicht
beendet sind.

*) Deutsche Klinik 8—12, 1850.
**) Die Cholera epidemica, Prag 1850.
Semmelweis, Kindbettfieber. 27
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0429" n="417"/>
ten, der göttlichen Gerechtigkeit werden Sie Herr Hofrath<lb/>
nicht entgehen.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Ein anderes Mitglied der medicinischen Facultät zu<lb/>
Würzburg ist Heinrich Bamberger, Professor der medicini-<lb/>
schen Klinik daselbst.<note place="foot" n="*)">Deutsche Klinik 8&#x2014;12, 1850.</note> Der Leser weiss, dass wir das Puer-<lb/>
peralfieber für ein Resorptionsfieber halten; das erste ist die<lb/>
Resorption eines zersetzten Stoffes, das zweite ist die Blut-<lb/>
entmischung, und das dritte sind erst die Exsudationen.</p><lb/>
        <p>Heinrich Bamberger glaubt, dass wir folgende Ansicht<lb/>
über die Entstehung des Kindbettfiebers haben: das erste ist<lb/>
eine Endometritis, das zweite ist die Resorption der Producte<lb/>
der Endometritis, das dritte ist die Blutentmischung, und das<lb/>
vierte sind neue Exsudationen; so dachten wir uns nie die<lb/>
Entstehung des Kindbettfiebers, und wir unterschreiben alle<lb/>
Gründe, welche Bamberger gegen ein so entstandenes Puer-<lb/>
peralfieber anführt.</p><lb/>
        <p>Wir haben ja numerisch nachgewiesen, dass Scanzoni<lb/>
im Irrthume ist, wenn er glaubt, dass es Entzündungen im<lb/>
Wochenbette gibt, welche nicht Puerperalfieber sind, und<lb/>
dass diese Entzündungen erst später zum Puerperalfieber wer-<lb/>
den, wenn die resorbirten Producte der Entzündungen eine<lb/>
Blutentmischung hervorrufen.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Wollen wir wieder nach Prag zurückkehren, und zwar<lb/>
zuerst zu Josef Hamernik,<note place="foot" n="**)">Die Cholera epidemica, Prag 1850.</note> als einem Mitgliede jener Com-<lb/>
mission, welcher Scanzoni im Jahre 1849 die Aufgabe ge-<lb/>
stellt hat, diese räthselhafte Krankheit zu erforschen, und wie<lb/>
gründlich diese Commission forscht, entnimmt der Leser dar-<lb/>
aus, dass diese Commission im Jahre 1860 die Lösung dieses<lb/>
Räthsels der Welt noch immer nicht mitgetheilt hat; was nur<lb/>
darin begründet sein kann, dass die Forschungen noch nicht<lb/>
beendet sind.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Semmelweis</hi>, Kindbettfieber. 27</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[417/0429] ten, der göttlichen Gerechtigkeit werden Sie Herr Hofrath nicht entgehen. Ein anderes Mitglied der medicinischen Facultät zu Würzburg ist Heinrich Bamberger, Professor der medicini- schen Klinik daselbst. *) Der Leser weiss, dass wir das Puer- peralfieber für ein Resorptionsfieber halten; das erste ist die Resorption eines zersetzten Stoffes, das zweite ist die Blut- entmischung, und das dritte sind erst die Exsudationen. Heinrich Bamberger glaubt, dass wir folgende Ansicht über die Entstehung des Kindbettfiebers haben: das erste ist eine Endometritis, das zweite ist die Resorption der Producte der Endometritis, das dritte ist die Blutentmischung, und das vierte sind neue Exsudationen; so dachten wir uns nie die Entstehung des Kindbettfiebers, und wir unterschreiben alle Gründe, welche Bamberger gegen ein so entstandenes Puer- peralfieber anführt. Wir haben ja numerisch nachgewiesen, dass Scanzoni im Irrthume ist, wenn er glaubt, dass es Entzündungen im Wochenbette gibt, welche nicht Puerperalfieber sind, und dass diese Entzündungen erst später zum Puerperalfieber wer- den, wenn die resorbirten Producte der Entzündungen eine Blutentmischung hervorrufen. Wollen wir wieder nach Prag zurückkehren, und zwar zuerst zu Josef Hamernik, **) als einem Mitgliede jener Com- mission, welcher Scanzoni im Jahre 1849 die Aufgabe ge- stellt hat, diese räthselhafte Krankheit zu erforschen, und wie gründlich diese Commission forscht, entnimmt der Leser dar- aus, dass diese Commission im Jahre 1860 die Lösung dieses Räthsels der Welt noch immer nicht mitgetheilt hat; was nur darin begründet sein kann, dass die Forschungen noch nicht beendet sind. *) Deutsche Klinik 8—12, 1850. **) Die Cholera epidemica, Prag 1850. Semmelweis, Kindbettfieber. 27

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/429
Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/429>, abgerufen am 24.11.2024.