nicht, und trotzdem war der Gesundheitszustand der Wöch- nerinnen in den letzten 21/2 Jahren ein sehr befriedigender, wogegen am Schlusse des Jahres 1846, wo zufällig wegen seiner Abwesenheit kein klinischer Besuch stattgefunden, und von Seite des anwesenden Assistenten keine Sectionen gemacht wurden, das Puerperalfieber plötzlich auf die fürchterlichste Weise auftauchte, und ungeachtet aller Vorsichtsmassregelu im folgenden Jahre erst dann vollkommen erlosch, als die warme Jahreszeit weiter vorgeschritten war, wo doch die klinischen Untersuchungen von mir in gewöhnlicher Weise fortgesetzt wurden."
Ich habe bewiesen, dass in Wien das Puerperalfieber in der grössten Mehrzahl der Fälle durch Einbringung eines zer- setzten Stoffes von Aussen entstanden ist. Nachdem die Ge- setze der Natur in der ganzen Welt dieselben sind, so wird wohl das Puerperalfieber in Würzburg ebenso entstehen wie in Wien, und dass in Würzburg wirklich das Puerperalfieber nicht durch unverhütbare atmosphärische Einflüsse entstanden ist, das hat ja Scanzoni bewiesen, denn Scanzoni hat in 6 Jah- ren von 1639 Wöchnerinnen nur 20 am Kindbettfieber ver- loren. Die Sterblichkeit Scanzoni's steht daher zur Sterblich- keit Kiwisch's, wie wir schon früher nachgewiesen, wie 20 Todte zu 432 Todten.
Schliesslich erlauben wir uns noch folgende Betrachtun- gen über Dr. Silberschmidt's Opposition gegen meine Lehre über die Entstehung des Kindbettfiebers. Um die Unrichtig- keit meiner Ansicht zu beweisen, beruft sich Dr. Silberschmidt auf die Erfolglosigkeit der Chlorwaschungen, wie solche Scan- zoni in Prag beobachtete, diese Beobachtungen umfassen fünf und einen halben Monat.
Dr. Silberschmidt ignorirt den sechsjährigen Erfolg, den Scanzoni in Würzburg wahrscheinlich nicht durch Chlor- waschungen, jedenfalls aber mittelst meiner, ich weiss nicht unter welcher Form beobachteten Lehre erzielte.
nicht, und trotzdem war der Gesundheitszustand der Wöch- nerinnen in den letzten 2½ Jahren ein sehr befriedigender, wogegen am Schlusse des Jahres 1846, wo zufällig wegen seiner Abwesenheit kein klinischer Besuch stattgefunden, und von Seite des anwesenden Assistenten keine Sectionen gemacht wurden, das Puerperalfieber plötzlich auf die fürchterlichste Weise auftauchte, und ungeachtet aller Vorsichtsmassregelu im folgenden Jahre erst dann vollkommen erlosch, als die warme Jahreszeit weiter vorgeschritten war, wo doch die klinischen Untersuchungen von mir in gewöhnlicher Weise fortgesetzt wurden.«
Ich habe bewiesen, dass in Wien das Puerperalfieber in der grössten Mehrzahl der Fälle durch Einbringung eines zer- setzten Stoffes von Aussen entstanden ist. Nachdem die Ge- setze der Natur in der ganzen Welt dieselben sind, so wird wohl das Puerperalfieber in Würzburg ebenso entstehen wie in Wien, und dass in Würzburg wirklich das Puerperalfieber nicht durch unverhütbare atmosphärische Einflüsse entstanden ist, das hat ja Scanzoni bewiesen, denn Scanzoni hat in 6 Jah- ren von 1639 Wöchnerinnen nur 20 am Kindbettfieber ver- loren. Die Sterblichkeit Scanzoni’s steht daher zur Sterblich- keit Kiwisch’s, wie wir schon früher nachgewiesen, wie 20 Todte zu 432 Todten.
Schliesslich erlauben wir uns noch folgende Betrachtun- gen über Dr. Silberschmidt’s Opposition gegen meine Lehre über die Entstehung des Kindbettfiebers. Um die Unrichtig- keit meiner Ansicht zu beweisen, beruft sich Dr. Silberschmidt auf die Erfolglosigkeit der Chlorwaschungen, wie solche Scan- zoni in Prag beobachtete, diese Beobachtungen umfassen fünf und einen halben Monat.
Dr. Silberschmidt ignorirt den sechsjährigen Erfolg, den Scanzoni in Würzburg wahrscheinlich nicht durch Chlor- waschungen, jedenfalls aber mittelst meiner, ich weiss nicht unter welcher Form beobachteten Lehre erzielte.
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nicht, und trotzdem war der Gesundheitszustand der Wöch-
nerinnen in den letzten 2½ Jahren ein sehr befriedigender,
wogegen am Schlusse des Jahres 1846, wo zufällig wegen
seiner Abwesenheit kein klinischer Besuch stattgefunden, und
von Seite des anwesenden Assistenten keine Sectionen gemacht
wurden, das Puerperalfieber plötzlich auf die fürchterlichste
Weise auftauchte, und ungeachtet aller Vorsichtsmassregelu
im folgenden Jahre erst dann vollkommen erlosch, als die
warme Jahreszeit weiter vorgeschritten war, wo doch die
klinischen Untersuchungen von mir in gewöhnlicher Weise
fortgesetzt wurden.«
Ich habe bewiesen, dass in Wien das Puerperalfieber in
der grössten Mehrzahl der Fälle durch Einbringung eines zer-
setzten Stoffes von Aussen entstanden ist. Nachdem die Ge-
setze der Natur in der ganzen Welt dieselben sind, so wird
wohl das Puerperalfieber in Würzburg ebenso entstehen wie
in Wien, und dass in Würzburg wirklich das Puerperalfieber
nicht durch unverhütbare atmosphärische Einflüsse entstanden
ist, das hat ja Scanzoni bewiesen, denn Scanzoni hat in 6 Jah-
ren von 1639 Wöchnerinnen nur 20 am Kindbettfieber ver-
loren. Die Sterblichkeit Scanzoni’s steht daher zur Sterblich-
keit Kiwisch’s, wie wir schon früher nachgewiesen, wie 20 Todte
zu 432 Todten.
Schliesslich erlauben wir uns noch folgende Betrachtun-
gen über Dr. Silberschmidt’s Opposition gegen meine Lehre
über die Entstehung des Kindbettfiebers. Um die Unrichtig-
keit meiner Ansicht zu beweisen, beruft sich Dr. Silberschmidt
auf die Erfolglosigkeit der Chlorwaschungen, wie solche Scan-
zoni in Prag beobachtete, diese Beobachtungen umfassen fünf
und einen halben Monat.
Dr. Silberschmidt ignorirt den sechsjährigen Erfolg, den
Scanzoni in Würzburg wahrscheinlich nicht durch Chlor-
waschungen, jedenfalls aber mittelst meiner, ich weiss nicht
unter welcher Form beobachteten Lehre erzielte.
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/446>, abgerufen am 23.11.2024.
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