transportirt wird, während solche Transferirungen in Wien immer nur ausnahmsweise geschahen.
Wenn aber Carl Braun Umstände anführt, welche das Plus der Sterblichkeit an der Klinik für Aerzte zu Wien im Vergleiche zur Klinik für Hebammen erklären sollen, ohne zu der jeden directen Beweises entbehrenden, auf Vermuthun- gen basirten Hypothesen der cadaverösen Infection flüchten zu müssen, so findet er in uns den entschiedensten Gegner. Der Leser weiss, dass die beiden Wiener Gebärkliniken seit 1838, also bis zum Jahre 1859, durch 26 Jahre neben einander be- stehen, dass in den ersten 8 Jahren ihres Bestehens bis zum Jahre 1841 die Grösse der relativen Sterblichkeit zwischen beiden Abtheilungen schwankte, und dass die durchschnitt- liche Sterblichkeit beider Abtheilungen fast gleich war. In den nächstfolgenden 6 Jahren bis zum Jahre 1847 war die absolute und die relative Sterblichkeit an der I. Klinik con- stant grösser, und die durchschnittliche Sterblichkeit war an der I. Klinik mehr als dreimal so gross als an der II. Klinik.
In den letzten 12 Jahren von 1847 bis 1859 schwankte die Grösse der absoluten und relativen Sterblichkeit zwischen bei- den Kliniken, und die durchschnittliche Sterblichkeit war an beiden Kliniken beinahe gleich.
Die Dienstzeit Carl Braun's, während welcher er die un- günstigen Umstände der I. Klinik kennen lernte, und welchen er, und nicht der cadaverösen Infection das Plus der Sterblich- keit an der I. Klinik zuschreibt, fällt in die Jahre 1849, 1850, 1851, 1852 und 1853, also in eine Zeit, wo die absolute und die relative Sterblichkeit zwischen beiden Abtheilungen schwankte, wo die durchschnittliche Sterblichkeit der beiden Abtheilun- gen fast gleich war; wenn daher diese ungünstigen Umstände während der fünfjährigen Dienstzeit Carl Braun's nicht nur keine constant grössere Sterblichkeit an der I. Klinik hervor- bringen konnten, wenn sogar trotz dieser ungünstigen Um- stände sogar die absolute Sterblichkeit an der II. Klinik im Jahre 1851 mit 46, im Jahre 1852 mit 11 Todten grösser sein
transportirt wird, während solche Transferirungen in Wien immer nur ausnahmsweise geschahen.
Wenn aber Carl Braun Umstände anführt, welche das Plus der Sterblichkeit an der Klinik für Aerzte zu Wien im Vergleiche zur Klinik für Hebammen erklären sollen, ohne zu der jeden directen Beweises entbehrenden, auf Vermuthun- gen basirten Hypothesen der cadaverösen Infection flüchten zu müssen, so findet er in uns den entschiedensten Gegner. Der Leser weiss, dass die beiden Wiener Gebärkliniken seit 1838, also bis zum Jahre 1859, durch 26 Jahre neben einander be- stehen, dass in den ersten 8 Jahren ihres Bestehens bis zum Jahre 1841 die Grösse der relativen Sterblichkeit zwischen beiden Abtheilungen schwankte, und dass die durchschnitt- liche Sterblichkeit beider Abtheilungen fast gleich war. In den nächstfolgenden 6 Jahren bis zum Jahre 1847 war die absolute und die relative Sterblichkeit an der I. Klinik con- stant grösser, und die durchschnittliche Sterblichkeit war an der I. Klinik mehr als dreimal so gross als an der II. Klinik.
In den letzten 12 Jahren von 1847 bis 1859 schwankte die Grösse der absoluten und relativen Sterblichkeit zwischen bei- den Kliniken, und die durchschnittliche Sterblichkeit war an beiden Kliniken beinahe gleich.
Die Dienstzeit Carl Braun’s, während welcher er die un- günstigen Umstände der I. Klinik kennen lernte, und welchen er, und nicht der cadaverösen Infection das Plus der Sterblich- keit an der I. Klinik zuschreibt, fällt in die Jahre 1849, 1850, 1851, 1852 und 1853, also in eine Zeit, wo die absolute und die relative Sterblichkeit zwischen beiden Abtheilungen schwankte, wo die durchschnittliche Sterblichkeit der beiden Abtheilun- gen fast gleich war; wenn daher diese ungünstigen Umstände während der fünfjährigen Dienstzeit Carl Braun’s nicht nur keine constant grössere Sterblichkeit an der I. Klinik hervor- bringen konnten, wenn sogar trotz dieser ungünstigen Um- stände sogar die absolute Sterblichkeit an der II. Klinik im Jahre 1851 mit 46, im Jahre 1852 mit 11 Todten grösser sein
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transportirt wird, während solche Transferirungen in Wien
immer nur ausnahmsweise geschahen.
Wenn aber Carl Braun Umstände anführt, welche das
Plus der Sterblichkeit an der Klinik für Aerzte zu Wien im
Vergleiche zur Klinik für Hebammen erklären sollen, ohne
zu der jeden directen Beweises entbehrenden, auf Vermuthun-
gen basirten Hypothesen der cadaverösen Infection flüchten zu
müssen, so findet er in uns den entschiedensten Gegner. Der
Leser weiss, dass die beiden Wiener Gebärkliniken seit 1838,
also bis zum Jahre 1859, durch 26 Jahre neben einander be-
stehen, dass in den ersten 8 Jahren ihres Bestehens bis zum
Jahre 1841 die Grösse der relativen Sterblichkeit zwischen
beiden Abtheilungen schwankte, und dass die durchschnitt-
liche Sterblichkeit beider Abtheilungen fast gleich war. In
den nächstfolgenden 6 Jahren bis zum Jahre 1847 war die
absolute und die relative Sterblichkeit an der I. Klinik con-
stant grösser, und die durchschnittliche Sterblichkeit war an
der I. Klinik mehr als dreimal so gross als an der II. Klinik.
In den letzten 12 Jahren von 1847 bis 1859 schwankte die
Grösse der absoluten und relativen Sterblichkeit zwischen bei-
den Kliniken, und die durchschnittliche Sterblichkeit war an
beiden Kliniken beinahe gleich.
Die Dienstzeit Carl Braun’s, während welcher er die un-
günstigen Umstände der I. Klinik kennen lernte, und welchen
er, und nicht der cadaverösen Infection das Plus der Sterblich-
keit an der I. Klinik zuschreibt, fällt in die Jahre 1849, 1850,
1851, 1852 und 1853, also in eine Zeit, wo die absolute und die
relative Sterblichkeit zwischen beiden Abtheilungen schwankte,
wo die durchschnittliche Sterblichkeit der beiden Abtheilun-
gen fast gleich war; wenn daher diese ungünstigen Umstände
während der fünfjährigen Dienstzeit Carl Braun’s nicht nur
keine constant grössere Sterblichkeit an der I. Klinik hervor-
bringen konnten, wenn sogar trotz dieser ungünstigen Um-
stände sogar die absolute Sterblichkeit an der II. Klinik im
Jahre 1851 mit 46, im Jahre 1852 mit 11 Todten grösser sein
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/519>, abgerufen am 22.11.2024.
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