Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.Landzunge in niedrigeren Klippen fortsetzt, und der östlichen, von ihr durch eine breite Niederung getrennten, und in einzelne Inseln aufgelösten Klippenreihe entgegentritt. So scheint diese Niederung, welche theils von Sümpfen und Mangrovebüschen erfüllt ist, theils die Kukau-Felder der Bewohner der Insel trägt, eine Laguna anzudeuten, welche einstmals bestanden haben mochte. Diese hohen Klippen sowohl, wie die, welche der Ebene der Insel angehören, sind reich an Petrefacten, welche, so weit ich augenblicklich darüber aburtheilen kann, den Schichten ein sehr junges Alter zuweisen. Vorherrschend sind in den tiefsten Schichten der centralen Klippenreihe zwei oder drei Arten Tubiporen, ferner ein Pecten, und verschiedene Astreiden. In den Klippen der Ostküste, welche zwischen 5 und 10' über dem Meere erhoben sind, fand ich eine Menge Maeandrinen und Astraeen. Aus der Reihe weniger häufig vorkommender Petrefacten erwähne ich nur noch eines Haifischzahnes von einer Insel bei Coröre, eines Reptilienzahnes, vermuthlich des Crocodilus biporcatus und eines Dentalium von Pelelew. Das lebende Riff, welches diese Insel umfasst, ist im Westen ungefähr 400-600 Schritte entfernt und von ihm durch keinen Tiefwasserkanal getrennt; je mehr es sich gegen Süden zieht, tritt es näher an die Küste heran, und ist im Osten an manchen Stellen kaum 30 Schritt von den gehobenen Klippen entfernt. Diese sind, durch die hier mächtige Brandung in eine Anzahl kleinerer Inseln und einzeln stehender Blöcke aufgelöst, welche da, wo sie unter dem aufgeworfenen Sande verschwinden, leicht zu der Annahme verführen könnten, als dankten sie ihre Entstehung den durch die Brandung aufgeworfenen Korallenblöcken im Sande. Das Ende des Archipels sowie den Abschluss dieser verschiedenen Entwickelungsstufen der Korallenriffe bildet die Insel Ngaur, welche von Pelelew durch einen 4 Meilen breiten Tiefwasserkanal getrennt, gänzlich frei von umgebenden Riffen ist. Sie besteht nach der Schilderung der Bewohner von Pelelew aus demselben Korallenkalk wie diese letztere, welcher ebenfalls von niedrigem Vorlande umgeben, in schmaler Klippenreihe zu 100-150' Höhe ansteigen mag. Darwin's Theorie von Bildung der Korallenriffe nimmt bekanntlich überall dort eine Senkung an, wo sich Barrenriffe und Atolle befinden, eine Hebung dort, wo Küstenriffe entstehen. Hier aber finden wir auf kleinem Raume (denn die ganze Ausdehnung von Nord nach Süd zwischen Ngaur und Kreiangel beträgt nur etwa 60 Seemeilen) sämmtliche Formen zusammen und die Bildung der innern Riffe des südlichen Theiles der Gruppe deutet auf eine lange Epoche völliger Ruhe, oder sehr geringer Hebung oder Senkung. Könnte nur eine Senkung die Bildung der Atolle des Nordens erklären, so müsste entweder die Insel Ngaur so gut von Riffen umgeben sein, wie alle übrigen, oder stationär geblieben sein, Pelelew nur wenig, die nördlichen Inseln sich bedeutend gesenkt haben. Aber diess bliebe nur eine Annahme, die nicht besser und nicht schlechter als jede andere wäre. Ist meine vorläufige Landzunge in niedrigeren Klippen fortsetzt, und der östlichen, von ihr durch eine breite Niederung getrennten, und in einzelne Inseln aufgelösten Klippenreihe entgegentritt. So scheint diese Niederung, welche theils von Sümpfen und Mangrovebüschen erfüllt ist, theils die Kukau-Felder der Bewohner der Insel trägt, eine Laguna anzudeuten, welche einstmals bestanden haben mochte. Diese hohen Klippen sowohl, wie die, welche der Ebene der Insel angehören, sind reich an Petrefacten, welche, so weit ich augenblicklich darüber aburtheilen kann, den Schichten ein sehr junges Alter zuweisen. Vorherrschend sind in den tiefsten Schichten der centralen Klippenreihe zwei oder drei Arten Tubiporen, ferner ein Pecten, und verschiedene Astreiden. In den Klippen der Ostküste, welche zwischen 5 und 10′ über dem Meere erhoben sind, fand ich eine Menge Maeandrinen und Astraeen. Aus der Reihe weniger häufig vorkommender Petrefacten erwähne ich nur noch eines Haifischzahnes von einer Insel bei Coröre, eines Reptilienzahnes, vermuthlich des Crocodilus biporcatus und eines Dentalium von Pelelew. Das lebende Riff, welches diese Insel umfasst, ist im Westen ungefähr 400–600 Schritte entfernt und von ihm durch keinen Tiefwasserkanal getrennt; je mehr es sich gegen Süden zieht, tritt es näher an die Küste heran, und ist im Osten an manchen Stellen kaum 30 Schritt von den gehobenen Klippen entfernt. Diese sind, durch die hier mächtige Brandung in eine Anzahl kleinerer Inseln und einzeln stehender Blöcke aufgelöst, welche da, wo sie unter dem aufgeworfenen Sande verschwinden, leicht zu der Annahme verführen könnten, als dankten sie ihre Entstehung den durch die Brandung aufgeworfenen Korallenblöcken im Sande. Das Ende des Archipels sowie den Abschluss dieser verschiedenen Entwickelungsstufen der Korallenriffe bildet die Insel Ngaur, welche von Pelelew durch einen 4 Meilen breiten Tiefwasserkanal getrennt, gänzlich frei von umgebenden Riffen ist. Sie besteht nach der Schilderung der Bewohner von Pelelew aus demselben Korallenkalk wie diese letztere, welcher ebenfalls von niedrigem Vorlande umgeben, in schmaler Klippenreihe zu 100–150′ Höhe ansteigen mag. Darwin’s Theorie von Bildung der Korallenriffe nimmt bekanntlich überall dort eine Senkung an, wo sich Barrenriffe und Atolle befinden, eine Hebung dort, wo Küstenriffe entstehen. Hier aber finden wir auf kleinem Raume (denn die ganze Ausdehnung von Nord nach Süd zwischen Ngaur und Kreiangel beträgt nur etwa 60 Seemeilen) sämmtliche Formen zusammen und die Bildung der innern Riffe des südlichen Theiles der Gruppe deutet auf eine lange Epoche völliger Ruhe, oder sehr geringer Hebung oder Senkung. Könnte nur eine Senkung die Bildung der Atolle des Nordens erklären, so müsste entweder die Insel Ngaur so gut von Riffen umgeben sein, wie alle übrigen, oder stationär geblieben sein, Pelelew nur wenig, die nördlichen Inseln sich bedeutend gesenkt haben. Aber diess bliebe nur eine Annahme, die nicht besser und nicht schlechter als jede andere wäre. Ist meine vorläufige <TEI> <text> <back> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0106" n="106"/> Landzunge in niedrigeren Klippen fortsetzt, und der östlichen, von ihr durch eine breite Niederung getrennten, und in einzelne Inseln aufgelösten Klippenreihe entgegentritt. So scheint diese Niederung, welche theils von Sümpfen und Mangrovebüschen erfüllt ist, theils die Kukau-Felder der Bewohner der Insel trägt, eine Laguna anzudeuten, welche einstmals bestanden haben mochte. Diese hohen Klippen sowohl, wie die, welche der Ebene der Insel angehören, sind reich an Petrefacten, welche, so weit ich augenblicklich darüber aburtheilen kann, den Schichten ein sehr junges Alter zuweisen. Vorherrschend sind in den tiefsten Schichten der centralen Klippenreihe zwei oder drei Arten Tubiporen, ferner ein Pecten, und verschiedene Astreiden. In den Klippen der Ostküste, welche zwischen 5 und 10′ über dem Meere erhoben sind, fand ich eine Menge Maeandrinen und Astraeen. Aus der Reihe weniger häufig vorkommender Petrefacten erwähne ich nur noch eines Haifischzahnes von einer Insel bei Coröre, eines Reptilienzahnes, vermuthlich des Crocodilus biporcatus und eines Dentalium von Pelelew. </p> <p>Das lebende Riff, welches diese Insel umfasst, ist im Westen ungefähr 400–600 Schritte entfernt und von ihm durch keinen Tiefwasserkanal getrennt; je mehr es sich gegen Süden zieht, tritt es näher an die Küste heran, und ist im Osten an manchen Stellen kaum 30 Schritt von den gehobenen Klippen entfernt. Diese sind, durch die hier mächtige Brandung in eine Anzahl kleinerer Inseln und einzeln stehender Blöcke aufgelöst, welche da, wo sie unter dem aufgeworfenen Sande verschwinden, leicht zu der Annahme verführen könnten, als dankten sie ihre Entstehung den durch die Brandung aufgeworfenen Korallenblöcken im Sande. </p> <p>Das Ende des Archipels sowie den Abschluss dieser verschiedenen Entwickelungsstufen der Korallenriffe bildet die Insel Ngaur, welche von Pelelew durch einen 4 Meilen breiten Tiefwasserkanal getrennt, gänzlich frei von umgebenden Riffen ist. Sie besteht nach der Schilderung der Bewohner von Pelelew aus demselben Korallenkalk wie diese letztere, welcher ebenfalls von niedrigem Vorlande umgeben, in schmaler Klippenreihe zu 100–150′ Höhe ansteigen mag. </p> <p><hi rendition="#g">Darwin</hi>’s Theorie von Bildung der Korallenriffe nimmt bekanntlich überall dort eine Senkung an, wo sich Barrenriffe und Atolle befinden, eine Hebung dort, wo Küstenriffe entstehen. Hier aber finden wir auf kleinem Raume (denn die ganze Ausdehnung von Nord nach Süd zwischen Ngaur und Kreiangel beträgt nur etwa 60 Seemeilen) sämmtliche Formen zusammen und die Bildung der innern Riffe des südlichen Theiles der Gruppe deutet auf eine lange Epoche völliger Ruhe, oder sehr geringer Hebung oder Senkung. Könnte nur eine Senkung die Bildung der Atolle des Nordens erklären, so müsste entweder die Insel Ngaur so gut von Riffen umgeben sein, wie alle übrigen, oder stationär geblieben sein, Pelelew nur wenig, die nördlichen Inseln sich bedeutend gesenkt haben. Aber diess bliebe nur eine Annahme, die nicht besser und nicht schlechter als jede andere wäre. Ist meine vorläufige </p> </div> </div> </back> </text> </TEI> [106/0106]
Landzunge in niedrigeren Klippen fortsetzt, und der östlichen, von ihr durch eine breite Niederung getrennten, und in einzelne Inseln aufgelösten Klippenreihe entgegentritt. So scheint diese Niederung, welche theils von Sümpfen und Mangrovebüschen erfüllt ist, theils die Kukau-Felder der Bewohner der Insel trägt, eine Laguna anzudeuten, welche einstmals bestanden haben mochte. Diese hohen Klippen sowohl, wie die, welche der Ebene der Insel angehören, sind reich an Petrefacten, welche, so weit ich augenblicklich darüber aburtheilen kann, den Schichten ein sehr junges Alter zuweisen. Vorherrschend sind in den tiefsten Schichten der centralen Klippenreihe zwei oder drei Arten Tubiporen, ferner ein Pecten, und verschiedene Astreiden. In den Klippen der Ostküste, welche zwischen 5 und 10′ über dem Meere erhoben sind, fand ich eine Menge Maeandrinen und Astraeen. Aus der Reihe weniger häufig vorkommender Petrefacten erwähne ich nur noch eines Haifischzahnes von einer Insel bei Coröre, eines Reptilienzahnes, vermuthlich des Crocodilus biporcatus und eines Dentalium von Pelelew.
Das lebende Riff, welches diese Insel umfasst, ist im Westen ungefähr 400–600 Schritte entfernt und von ihm durch keinen Tiefwasserkanal getrennt; je mehr es sich gegen Süden zieht, tritt es näher an die Küste heran, und ist im Osten an manchen Stellen kaum 30 Schritt von den gehobenen Klippen entfernt. Diese sind, durch die hier mächtige Brandung in eine Anzahl kleinerer Inseln und einzeln stehender Blöcke aufgelöst, welche da, wo sie unter dem aufgeworfenen Sande verschwinden, leicht zu der Annahme verführen könnten, als dankten sie ihre Entstehung den durch die Brandung aufgeworfenen Korallenblöcken im Sande.
Das Ende des Archipels sowie den Abschluss dieser verschiedenen Entwickelungsstufen der Korallenriffe bildet die Insel Ngaur, welche von Pelelew durch einen 4 Meilen breiten Tiefwasserkanal getrennt, gänzlich frei von umgebenden Riffen ist. Sie besteht nach der Schilderung der Bewohner von Pelelew aus demselben Korallenkalk wie diese letztere, welcher ebenfalls von niedrigem Vorlande umgeben, in schmaler Klippenreihe zu 100–150′ Höhe ansteigen mag.
Darwin’s Theorie von Bildung der Korallenriffe nimmt bekanntlich überall dort eine Senkung an, wo sich Barrenriffe und Atolle befinden, eine Hebung dort, wo Küstenriffe entstehen. Hier aber finden wir auf kleinem Raume (denn die ganze Ausdehnung von Nord nach Süd zwischen Ngaur und Kreiangel beträgt nur etwa 60 Seemeilen) sämmtliche Formen zusammen und die Bildung der innern Riffe des südlichen Theiles der Gruppe deutet auf eine lange Epoche völliger Ruhe, oder sehr geringer Hebung oder Senkung. Könnte nur eine Senkung die Bildung der Atolle des Nordens erklären, so müsste entweder die Insel Ngaur so gut von Riffen umgeben sein, wie alle übrigen, oder stationär geblieben sein, Pelelew nur wenig, die nördlichen Inseln sich bedeutend gesenkt haben. Aber diess bliebe nur eine Annahme, die nicht besser und nicht schlechter als jede andere wäre. Ist meine vorläufige
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