Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.Wechsel der Wärme; denn zu allen Zeiten findet man dort dieselben Arten von Echinodermen, Mollusken, Würmern u. s. w. in allen Stadien der Ausbildung und in voller geschlechtlicher Function. Auch die Landmollusken haben mir dasselbe Resultat geliefert; und wenn ich auch während der Regenzeit leichter die Schnecken in grösseren Mengen erhielt, so lag dies nicht darin dass sie nun aus einem durch Trockenheit oder Kälte bedingten Winter- (oder Sommer-) Schlaf erwachten, sondern vielmehr in ihrem Bestreben, sich durch rasches Umherkriechen der allzugrossen Feuchtigkeit zu entziehen. Wenn ich auch in der trockensten Zeit nur hinreichend ihren Schlupfwinkeln nachspürte, so gelang es mir immer, Schnecken in Begattung, und zugleich Eier, Junge und halberwachsene aufzufinden. Von der Helix (Cochlostyla) metaformis Sow. bewahre ich ein Pärchen, das ich dicht bei Manila während des Monates Februar, also im trockensten Monat, in einem gar nicht sehr schattigen Garten "in copula" gefangen habe. Die dortigen Helix-Arten der Gruppe Obba findet man am Tage immer an den Baumstämmen in Spalten und Ritzen oder an der Schattenseite derselben sitzen; bei Nacht aber und am frühen Morgen kann man sie in aller Lebendigkeit beobachten. Winterdeckel, wie unsere europäischen Heliceen--oder Sommerdeckel, je nachdem die Zeit der Trockne dort in den Winter oder in den Sommer fällt--finden sich bei keiner einzigen der dort lebenden Gruppen, mit einziger Ausnahme der Gruppe Dorcasia. Die philippinischen Arten dieser Untergattung sind aber einer europäischen Art so nahe verwandt, nemlich der Helix fruticum, dass sie wohl mit dieser von dem gemeinsamen Stammvater die gleiche Gewohnheit überkommen haben mögen. Da sie immer, wie schon Cuming bemerkte, in der Erde halb eingegraben leben, zwar niemals sehr tief, aber auch nie an Bäumen oder am Gemäuer und Felsen in die Höhe kriechen, so ist einleuchtend, dass sie gerade hier eines solchen Schutzes gegen die Trockenheit bedürfen, mehr als die an Bäumen lebenden Arten, welche bei ihrer Lebensweise im Thau des Morgens hinreichende Feuchtigkeit einzusaugen vermögen. Anmerkung 6. Ich erinnere mich, kürzlich in irgend einer englischen Zeitschrift einen Aufsatz gelesen zu haben, in welchem nachzuweisen versucht wurde von einem Beobachter der lebenden Thiere in Indien, dass in der That diese bisher immer als Wasserreservoire angesehenen Höhlungen am Kopfe wirklich zur Luftathmung derselben während ihres Lebens auf dem Lande dienen sollen. Ich bin leider mit meinen zoologischen Notizen--wegen Mangels an Platz--etwas in Unordnung gerathen, so dass ich kein Citat für diese Bemerkung zu geben vermag. Anmerkung 7. In früheren Zeiten scheint dies allerdings anders gewesen zu sein. Wenigstens machen gewisse Stellen in diesen Sümpfen durchaus den Eindruck, als müssten hier früher ständige Bewohner gelebt haben, welche auch dies Gebiet in regelmässiger Weise bebauten; es sprechen dafür die mitunter fast dammartig aussehenden Ufer des Agusan und seiner Nebenflüsse, dann eine Anzahl Pflanzen, welche sonst nur in der Nähe von Wechsel der Wärme; denn zu allen Zeiten findet man dort dieselben Arten von Echinodermen, Mollusken, Würmern u. s. w. in allen Stadien der Ausbildung und in voller geschlechtlicher Function. Auch die Landmollusken haben mir dasselbe Resultat geliefert; und wenn ich auch während der Regenzeit leichter die Schnecken in grösseren Mengen erhielt, so lag dies nicht darin dass sie nun aus einem durch Trockenheit oder Kälte bedingten Winter- (oder Sommer-) Schlaf erwachten, sondern vielmehr in ihrem Bestreben, sich durch rasches Umherkriechen der allzugrossen Feuchtigkeit zu entziehen. Wenn ich auch in der trockensten Zeit nur hinreichend ihren Schlupfwinkeln nachspürte, so gelang es mir immer, Schnecken in Begattung, und zugleich Eier, Junge und halberwachsene aufzufinden. Von der Helix (Cochlostyla) metaformis Sow. bewahre ich ein Pärchen, das ich dicht bei Manila während des Monates Februar, also im trockensten Monat, in einem gar nicht sehr schattigen Garten “in copula” gefangen habe. Die dortigen Helix-Arten der Gruppe Obba findet man am Tage immer an den Baumstämmen in Spalten und Ritzen oder an der Schattenseite derselben sitzen; bei Nacht aber und am frühen Morgen kann man sie in aller Lebendigkeit beobachten. Winterdeckel, wie unsere europäischen Heliceen—oder Sommerdeckel, je nachdem die Zeit der Trockne dort in den Winter oder in den Sommer fällt—finden sich bei keiner einzigen der dort lebenden Gruppen, mit einziger Ausnahme der Gruppe Dorcasia. Die philippinischen Arten dieser Untergattung sind aber einer europäischen Art so nahe verwandt, nemlich der Helix fruticum, dass sie wohl mit dieser von dem gemeinsamen Stammvater die gleiche Gewohnheit überkommen haben mögen. Da sie immer, wie schon Cuming bemerkte, in der Erde halb eingegraben leben, zwar niemals sehr tief, aber auch nie an Bäumen oder am Gemäuer und Felsen in die Höhe kriechen, so ist einleuchtend, dass sie gerade hier eines solchen Schutzes gegen die Trockenheit bedürfen, mehr als die an Bäumen lebenden Arten, welche bei ihrer Lebensweise im Thau des Morgens hinreichende Feuchtigkeit einzusaugen vermögen. Anmerkung 6. Ich erinnere mich, kürzlich in irgend einer englischen Zeitschrift einen Aufsatz gelesen zu haben, in welchem nachzuweisen versucht wurde von einem Beobachter der lebenden Thiere in Indien, dass in der That diese bisher immer als Wasserreservoire angesehenen Höhlungen am Kopfe wirklich zur Luftathmung derselben während ihres Lebens auf dem Lande dienen sollen. Ich bin leider mit meinen zoologischen Notizen—wegen Mangels an Platz—etwas in Unordnung gerathen, so dass ich kein Citat für diese Bemerkung zu geben vermag. Anmerkung 7. In früheren Zeiten scheint dies allerdings anders gewesen zu sein. Wenigstens machen gewisse Stellen in diesen Sümpfen durchaus den Eindruck, als müssten hier früher ständige Bewohner gelebt haben, welche auch dies Gebiet in regelmässiger Weise bebauten; es sprechen dafür die mitunter fast dammartig aussehenden Ufer des Agusan und seiner Nebenflüsse, dann eine Anzahl Pflanzen, welche sonst nur in der Nähe von <TEI> <text> <back> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0137" n="137"/> Wechsel der Wärme; denn zu allen Zeiten findet man dort dieselben Arten von Echinodermen, Mollusken, Würmern u. s. w. in allen Stadien der Ausbildung und in voller geschlechtlicher Function. Auch die Landmollusken haben mir dasselbe Resultat geliefert; und wenn ich auch während der Regenzeit leichter die Schnecken in grösseren Mengen erhielt, so lag dies nicht darin dass sie nun aus einem durch Trockenheit oder Kälte bedingten Winter- (oder Sommer-) Schlaf erwachten, sondern vielmehr in ihrem Bestreben, sich durch rasches Umherkriechen der allzugrossen Feuchtigkeit zu entziehen. Wenn ich auch in der trockensten Zeit nur hinreichend ihren Schlupfwinkeln nachspürte, so gelang es mir immer, Schnecken in Begattung, und zugleich Eier, Junge und halberwachsene aufzufinden. Von der Helix (Cochlostyla) metaformis Sow. bewahre ich ein Pärchen, das ich dicht bei Manila während des Monates Februar, also im trockensten Monat, in einem gar nicht sehr schattigen Garten “in copula” gefangen habe. Die dortigen Helix-Arten der Gruppe Obba findet man am Tage immer an den Baumstämmen in Spalten und Ritzen oder an der Schattenseite derselben sitzen; bei Nacht aber und am frühen Morgen kann man sie in aller Lebendigkeit beobachten. Winterdeckel, wie unsere europäischen Heliceen—oder Sommerdeckel, je nachdem die Zeit der Trockne dort in den Winter oder in den Sommer fällt—finden sich bei keiner einzigen der dort lebenden Gruppen, mit einziger Ausnahme der Gruppe Dorcasia. Die philippinischen Arten dieser Untergattung sind aber einer europäischen Art so nahe verwandt, nemlich der Helix fruticum, dass sie wohl mit dieser von dem gemeinsamen Stammvater die gleiche Gewohnheit überkommen haben mögen. Da sie immer, wie schon Cuming bemerkte, in der Erde halb eingegraben leben, zwar niemals sehr tief, aber auch nie an Bäumen oder am Gemäuer und Felsen in die Höhe kriechen, so ist einleuchtend, dass sie gerade hier eines solchen Schutzes gegen die Trockenheit bedürfen, mehr als die an Bäumen lebenden Arten, welche bei ihrer Lebensweise im Thau des Morgens hinreichende Feuchtigkeit einzusaugen vermögen. </p> <p xml:id="n3.6"><hi rendition="#g">Anmerkung 6</hi>. Ich erinnere mich, kürzlich in irgend einer englischen Zeitschrift einen Aufsatz gelesen zu haben, in welchem nachzuweisen versucht wurde von einem Beobachter der lebenden Thiere in Indien, dass in der That diese bisher immer als Wasserreservoire angesehenen Höhlungen am Kopfe wirklich zur Luftathmung derselben während ihres Lebens auf dem Lande dienen sollen. Ich bin leider mit meinen zoologischen Notizen—wegen Mangels an Platz—etwas in Unordnung gerathen, so dass ich kein Citat für diese Bemerkung zu geben vermag. </p> <p xml:id="n3.7"><hi rendition="#g">Anmerkung 7</hi>. In früheren Zeiten scheint dies allerdings anders gewesen zu sein. Wenigstens machen gewisse Stellen in diesen Sümpfen durchaus den Eindruck, als müssten hier früher ständige Bewohner gelebt haben, welche auch dies Gebiet in regelmässiger Weise bebauten; es sprechen dafür die mitunter fast dammartig aussehenden Ufer des Agusan und seiner Nebenflüsse, dann eine Anzahl Pflanzen, welche sonst nur in der Nähe von </p> </div> </div> </back> </text> </TEI> [137/0137]
Wechsel der Wärme; denn zu allen Zeiten findet man dort dieselben Arten von Echinodermen, Mollusken, Würmern u. s. w. in allen Stadien der Ausbildung und in voller geschlechtlicher Function. Auch die Landmollusken haben mir dasselbe Resultat geliefert; und wenn ich auch während der Regenzeit leichter die Schnecken in grösseren Mengen erhielt, so lag dies nicht darin dass sie nun aus einem durch Trockenheit oder Kälte bedingten Winter- (oder Sommer-) Schlaf erwachten, sondern vielmehr in ihrem Bestreben, sich durch rasches Umherkriechen der allzugrossen Feuchtigkeit zu entziehen. Wenn ich auch in der trockensten Zeit nur hinreichend ihren Schlupfwinkeln nachspürte, so gelang es mir immer, Schnecken in Begattung, und zugleich Eier, Junge und halberwachsene aufzufinden. Von der Helix (Cochlostyla) metaformis Sow. bewahre ich ein Pärchen, das ich dicht bei Manila während des Monates Februar, also im trockensten Monat, in einem gar nicht sehr schattigen Garten “in copula” gefangen habe. Die dortigen Helix-Arten der Gruppe Obba findet man am Tage immer an den Baumstämmen in Spalten und Ritzen oder an der Schattenseite derselben sitzen; bei Nacht aber und am frühen Morgen kann man sie in aller Lebendigkeit beobachten. Winterdeckel, wie unsere europäischen Heliceen—oder Sommerdeckel, je nachdem die Zeit der Trockne dort in den Winter oder in den Sommer fällt—finden sich bei keiner einzigen der dort lebenden Gruppen, mit einziger Ausnahme der Gruppe Dorcasia. Die philippinischen Arten dieser Untergattung sind aber einer europäischen Art so nahe verwandt, nemlich der Helix fruticum, dass sie wohl mit dieser von dem gemeinsamen Stammvater die gleiche Gewohnheit überkommen haben mögen. Da sie immer, wie schon Cuming bemerkte, in der Erde halb eingegraben leben, zwar niemals sehr tief, aber auch nie an Bäumen oder am Gemäuer und Felsen in die Höhe kriechen, so ist einleuchtend, dass sie gerade hier eines solchen Schutzes gegen die Trockenheit bedürfen, mehr als die an Bäumen lebenden Arten, welche bei ihrer Lebensweise im Thau des Morgens hinreichende Feuchtigkeit einzusaugen vermögen.
Anmerkung 6. Ich erinnere mich, kürzlich in irgend einer englischen Zeitschrift einen Aufsatz gelesen zu haben, in welchem nachzuweisen versucht wurde von einem Beobachter der lebenden Thiere in Indien, dass in der That diese bisher immer als Wasserreservoire angesehenen Höhlungen am Kopfe wirklich zur Luftathmung derselben während ihres Lebens auf dem Lande dienen sollen. Ich bin leider mit meinen zoologischen Notizen—wegen Mangels an Platz—etwas in Unordnung gerathen, so dass ich kein Citat für diese Bemerkung zu geben vermag.
Anmerkung 7. In früheren Zeiten scheint dies allerdings anders gewesen zu sein. Wenigstens machen gewisse Stellen in diesen Sümpfen durchaus den Eindruck, als müssten hier früher ständige Bewohner gelebt haben, welche auch dies Gebiet in regelmässiger Weise bebauten; es sprechen dafür die mitunter fast dammartig aussehenden Ufer des Agusan und seiner Nebenflüsse, dann eine Anzahl Pflanzen, welche sonst nur in der Nähe von
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