Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.möchte. Die Synapta ärgert der hintere Theil ihres Körpers; so wirft sie denselben von sich und lebt auch ohne ihn ruhig weiter, oder bildet ihn in kurzer Zeit neu wieder aus. Eine andere Holothurie vereinigt alle Specialitäten des ärztlichen Standes in sich. Eine selbst gemachte Wunde ihrer Haut heilt sie in wenig Stunden, ohne eine Nath anzulegen; ihre krankhaften Organe stösst sie von sich ab und macht sich in wenig Tagen vollständig neue; wenn sie keine Lungen mehr zum Athmen hat, so athmet sie das Wasser in die Leibeshöhle ein. Wie oft habe ich nicht auf meinen Reisen diese Thiere beneidet. Wenn ich unter den Wilden nur Wurzeln und Krebse zu essen fand, oder ein schlecht besetzter Mittagstisch eines Wirthshauses mir alle Freude am Genusse verdarb, so musste ich jedesmal an meine Holothurien denken, die gefangen in kleinen Schalen mit reinem Seewasser, ohne ihre beliebte Speise, den Korallensand, bald ihren Darmcanal mit Lungen und allen andern Organen, die daran hingen, zum After hinausstiessen, da sie ja unter den Umständen nicht mehr nöthig waren. Liess ich dann diese Thiere nur lange genug leben,--etwa mindestens 9 Tage--so hatten sie sich unterdessen ganz neue Gedärme gemacht und Lungen, mit denen sie das reine Seewasser ebenso ruhig frassen und einathmeten, als früher den Sand und das weniger reine Wasser. Wie oft hört man nicht einen Menschen im Zorne ausrufen: Möchte ich doch aus der Haut fahren! Was aber Euch nicht gelingt, das macht Euch eine andre Holothurie in wenig Minuten vor, wenn Ihr sie mit Nadeln und Messern zu quälen anfangt. Sie dreht und windet sich nach allen Richtungen und schleudert ihren Körper hin und her, wie es mitunter die Blutegel thun, hie und da reisst die Haut ein, und bald seht Ihr statt des mit Warzen und Knoten besetzten kantigen Körpers einen rundlichen Sack vor Euch liegen, der die völlig unversehrten Eingeweide enthält. Die daneben liegende geborstene Haut löst sich bald in Schleim auf. Mannichfaltig gestaltete Arten derjenigen Gruppe, welche im System als Aspidochirotae aufgeführt werden, dienen zur Bereitung des Trepang. Mehrfach gedämpft und zuerst mit Seewasser, dann mit süssem Wasser gekocht, nachher lange Zeit an der Sonne oder im Rauch über Feuer getrocknet,--so kommen diese nun schwärzlich und geschrumpft aussehenden Thiere in verschiedenen Sorten möchte. Die Synapta ärgert der hintere Theil ihres Körpers; so wirft sie denselben von sich und lebt auch ohne ihn ruhig weiter, oder bildet ihn in kurzer Zeit neu wieder aus. Eine andere Holothurie vereinigt alle Specialitäten des ärztlichen Standes in sich. Eine selbst gemachte Wunde ihrer Haut heilt sie in wenig Stunden, ohne eine Nath anzulegen; ihre krankhaften Organe stösst sie von sich ab und macht sich in wenig Tagen vollständig neue; wenn sie keine Lungen mehr zum Athmen hat, so athmet sie das Wasser in die Leibeshöhle ein. Wie oft habe ich nicht auf meinen Reisen diese Thiere beneidet. Wenn ich unter den Wilden nur Wurzeln und Krebse zu essen fand, oder ein schlecht besetzter Mittagstisch eines Wirthshauses mir alle Freude am Genusse verdarb, so musste ich jedesmal an meine Holothurien denken, die gefangen in kleinen Schalen mit reinem Seewasser, ohne ihre beliebte Speise, den Korallensand, bald ihren Darmcanal mit Lungen und allen andern Organen, die daran hingen, zum After hinausstiessen, da sie ja unter den Umständen nicht mehr nöthig waren. Liess ich dann diese Thiere nur lange genug leben,—etwa mindestens 9 Tage—so hatten sie sich unterdessen ganz neue Gedärme gemacht und Lungen, mit denen sie das reine Seewasser ebenso ruhig frassen und einathmeten, als früher den Sand und das weniger reine Wasser. Wie oft hört man nicht einen Menschen im Zorne ausrufen: Möchte ich doch aus der Haut fahren! Was aber Euch nicht gelingt, das macht Euch eine andre Holothurie in wenig Minuten vor, wenn Ihr sie mit Nadeln und Messern zu quälen anfangt. Sie dreht und windet sich nach allen Richtungen und schleudert ihren Körper hin und her, wie es mitunter die Blutegel thun, hie und da reisst die Haut ein, und bald seht Ihr statt des mit Warzen und Knoten besetzten kantigen Körpers einen rundlichen Sack vor Euch liegen, der die völlig unversehrten Eingeweide enthält. Die daneben liegende geborstene Haut löst sich bald in Schleim auf. Mannichfaltig gestaltete Arten derjenigen Gruppe, welche im System als Aspidochirotae aufgeführt werden, dienen zur Bereitung des Trepang. Mehrfach gedämpft und zuerst mit Seewasser, dann mit süssem Wasser gekocht, nachher lange Zeit an der Sonne oder im Rauch über Feuer getrocknet,—so kommen diese nun schwärzlich und geschrumpft aussehenden Thiere in verschiedenen Sorten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0028" n="28"/> möchte. Die Synapta ärgert der hintere Theil ihres Körpers; so wirft sie denselben von sich und lebt auch ohne ihn ruhig weiter, oder bildet ihn in kurzer Zeit neu wieder aus. Eine andere Holothurie vereinigt alle Specialitäten des ärztlichen Standes in sich. Eine selbst gemachte Wunde ihrer Haut heilt sie in wenig Stunden, ohne eine Nath anzulegen; ihre krankhaften Organe stösst sie von sich ab und macht sich in wenig Tagen vollständig neue; wenn sie keine Lungen mehr zum Athmen hat, so athmet sie das Wasser in die Leibeshöhle ein. </p> <p>Wie oft habe ich nicht auf meinen Reisen diese Thiere beneidet. Wenn ich unter den Wilden nur Wurzeln und Krebse zu essen fand, oder ein schlecht besetzter Mittagstisch eines Wirthshauses mir alle Freude am Genusse verdarb, so musste ich jedesmal an meine Holothurien denken, die gefangen in kleinen Schalen mit reinem Seewasser, ohne ihre beliebte Speise, den Korallensand, bald ihren Darmcanal mit Lungen und allen andern Organen, die daran hingen, zum After hinausstiessen, da sie ja unter den Umständen nicht mehr nöthig waren. Liess ich dann diese Thiere nur lange genug leben,—etwa mindestens 9 Tage—so hatten sie sich unterdessen ganz neue Gedärme gemacht und Lungen, mit denen sie das reine Seewasser ebenso ruhig frassen und einathmeten, als früher den Sand und das weniger reine Wasser. Wie oft hört man nicht einen Menschen im Zorne ausrufen: Möchte ich doch aus der Haut fahren! Was aber Euch nicht gelingt, das macht Euch eine andre Holothurie in wenig Minuten vor, wenn Ihr sie mit Nadeln und Messern zu quälen anfangt. Sie dreht und windet sich nach allen Richtungen und schleudert ihren Körper hin und her, wie es mitunter die Blutegel thun, hie und da reisst die Haut ein, und bald seht Ihr statt des mit Warzen und Knoten besetzten kantigen Körpers einen rundlichen Sack vor Euch liegen, der die völlig unversehrten Eingeweide enthält. Die daneben liegende geborstene Haut löst sich bald in Schleim auf. </p> <p>Mannichfaltig gestaltete Arten derjenigen Gruppe, welche im System als Aspidochirotae aufgeführt werden, dienen zur Bereitung des Trepang. Mehrfach gedämpft und zuerst mit Seewasser, dann mit süssem Wasser gekocht, nachher lange Zeit an der Sonne oder im Rauch über Feuer getrocknet,—so kommen diese nun schwärzlich und geschrumpft aussehenden Thiere in verschiedenen Sorten </p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0028]
möchte. Die Synapta ärgert der hintere Theil ihres Körpers; so wirft sie denselben von sich und lebt auch ohne ihn ruhig weiter, oder bildet ihn in kurzer Zeit neu wieder aus. Eine andere Holothurie vereinigt alle Specialitäten des ärztlichen Standes in sich. Eine selbst gemachte Wunde ihrer Haut heilt sie in wenig Stunden, ohne eine Nath anzulegen; ihre krankhaften Organe stösst sie von sich ab und macht sich in wenig Tagen vollständig neue; wenn sie keine Lungen mehr zum Athmen hat, so athmet sie das Wasser in die Leibeshöhle ein.
Wie oft habe ich nicht auf meinen Reisen diese Thiere beneidet. Wenn ich unter den Wilden nur Wurzeln und Krebse zu essen fand, oder ein schlecht besetzter Mittagstisch eines Wirthshauses mir alle Freude am Genusse verdarb, so musste ich jedesmal an meine Holothurien denken, die gefangen in kleinen Schalen mit reinem Seewasser, ohne ihre beliebte Speise, den Korallensand, bald ihren Darmcanal mit Lungen und allen andern Organen, die daran hingen, zum After hinausstiessen, da sie ja unter den Umständen nicht mehr nöthig waren. Liess ich dann diese Thiere nur lange genug leben,—etwa mindestens 9 Tage—so hatten sie sich unterdessen ganz neue Gedärme gemacht und Lungen, mit denen sie das reine Seewasser ebenso ruhig frassen und einathmeten, als früher den Sand und das weniger reine Wasser. Wie oft hört man nicht einen Menschen im Zorne ausrufen: Möchte ich doch aus der Haut fahren! Was aber Euch nicht gelingt, das macht Euch eine andre Holothurie in wenig Minuten vor, wenn Ihr sie mit Nadeln und Messern zu quälen anfangt. Sie dreht und windet sich nach allen Richtungen und schleudert ihren Körper hin und her, wie es mitunter die Blutegel thun, hie und da reisst die Haut ein, und bald seht Ihr statt des mit Warzen und Knoten besetzten kantigen Körpers einen rundlichen Sack vor Euch liegen, der die völlig unversehrten Eingeweide enthält. Die daneben liegende geborstene Haut löst sich bald in Schleim auf.
Mannichfaltig gestaltete Arten derjenigen Gruppe, welche im System als Aspidochirotae aufgeführt werden, dienen zur Bereitung des Trepang. Mehrfach gedämpft und zuerst mit Seewasser, dann mit süssem Wasser gekocht, nachher lange Zeit an der Sonne oder im Rauch über Feuer getrocknet,—so kommen diese nun schwärzlich und geschrumpft aussehenden Thiere in verschiedenen Sorten
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