Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.sich
die Manobo's im Sumpfgebiete des Agusan gerade so,
wie die Bewohner von Bontoc, da sie ihren Bergreis nur einmal im Jahr und zwar
im März mit Beendigung der heftigsten Regenzeit aussäen. Es mögen
diese wenigen Beispiele hier genügen, da sie hinreichend den Satz
feststellen, dass es auf den Philippinen ausschliesslich die Regenzeit und die
im Laufe der Monate fallende Regenmenge ist, welche die Zeit der Aussaat und der
Erndte bestimmen. Wir gehen zur Beobachtung der Thierwelt über, die wir, wie die Pflanzen, ebenfalls in einigen besonders auffallenden Beziehungen in den klimatischen Verhältnissen kennen lernen wollen, wodurch dann abermals ein Zusammenhang der letzteren mit dem Leben der Bewohner angedeutet wäre, welchem wir wohl in den nächsten Skizzen wieder begegnen werden. Theilweise war dieser Gegenstand schon weiter oben angedeutet, nemlich am Schluss der zweiten Skizze, in welcher wir sahen, dass der Fang der zahlreichen Seethiere, die für den Menschen wichtig sind als Nahrungsmittel oder Handelsartikel, nicht zu allen Jahreszeiten geschehen kann. Zur Zeit des Nordost-Monsun's sind die östlichen steilen, nur an wenigen Stellen tiefe Buchten aufweisenden Küsten gänzlich allem Verkehr entzogen, und der Fischfang beschränkt sich auf die wenigen essbaren Arten, welche die Eingeborenen bei tiefer Ebbe unter den trockengelegten Korallenblöcken finden; wenn aber dann der Südwest-Monsun die westlichen Meere aufregt und hier dem Fischfang und der Schifffahrt enge Gränzen zieht, so ist jetzt an den östlichen Küsten die Zeit des Lebens gekommen. Nun bevölkern sich hier die Buchten und Strassen zwischen den Inseln mit Fischerböten oder kleineren Schiffen, welche die Producte des Landes nach Cebu oder Manila führen; handeltreibende Chinesen bringen die Manufacturwaaren von China, um sie gegen Gold, Abaca, Reis, den balate und Kaurischnecken einzutauschen. Zu dem Fang der letzteren ziehen jetzt zahlreiche kleine meist nur 3-4 Mann enthaltende Bote aus. Und nun ist auch, wenigstens für den Südosten des Archipels, die für den christlichen Bewohner gefährlichste Zeit gekommen; denn jetzt erscheinen die muhamedanischen Piraten in ihren leichten und 60-70 Männer haltenden "panco's", die mit der grössten Verwegenheit sich
die Manobo’s im Sumpfgebiete des Agusan gerade so,
wie die Bewohner von Bontoc, da sie ihren Bergreis nur einmal im Jahr und zwar
im März mit Beendigung der heftigsten Regenzeit aussäen. Es mögen
diese wenigen Beispiele hier genügen, da sie hinreichend den Satz
feststellen, dass es auf den Philippinen ausschliesslich die Regenzeit und die
im Laufe der Monate fallende Regenmenge ist, welche die Zeit der Aussaat und der
Erndte bestimmen. Wir gehen zur Beobachtung der Thierwelt über, die wir, wie die Pflanzen, ebenfalls in einigen besonders auffallenden Beziehungen in den klimatischen Verhältnissen kennen lernen wollen, wodurch dann abermals ein Zusammenhang der letzteren mit dem Leben der Bewohner angedeutet wäre, welchem wir wohl in den nächsten Skizzen wieder begegnen werden. Theilweise war dieser Gegenstand schon weiter oben angedeutet, nemlich am Schluss der zweiten Skizze, in welcher wir sahen, dass der Fang der zahlreichen Seethiere, die für den Menschen wichtig sind als Nahrungsmittel oder Handelsartikel, nicht zu allen Jahreszeiten geschehen kann. Zur Zeit des Nordost-Monsun’s sind die östlichen steilen, nur an wenigen Stellen tiefe Buchten aufweisenden Küsten gänzlich allem Verkehr entzogen, und der Fischfang beschränkt sich auf die wenigen essbaren Arten, welche die Eingeborenen bei tiefer Ebbe unter den trockengelegten Korallenblöcken finden; wenn aber dann der Südwest-Monsun die westlichen Meere aufregt und hier dem Fischfang und der Schifffahrt enge Gränzen zieht, so ist jetzt an den östlichen Küsten die Zeit des Lebens gekommen. Nun bevölkern sich hier die Buchten und Strassen zwischen den Inseln mit Fischerböten oder kleineren Schiffen, welche die Producte des Landes nach Cebú oder Manila führen; handeltreibende Chinesen bringen die Manufacturwaaren von China, um sie gegen Gold, Abaca, Reis, den balate und Kaurischnecken einzutauschen. Zu dem Fang der letzteren ziehen jetzt zahlreiche kleine meist nur 3–4 Mann enthaltende Bote aus. Und nun ist auch, wenigstens für den Südosten des Archipels, die für den christlichen Bewohner gefährlichste Zeit gekommen; denn jetzt erscheinen die muhamedanischen Piraten in ihren leichten und 60–70 Männer haltenden “panco’s”, die mit der grössten Verwegenheit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0047" n="47"/> sich die <hi rendition="#g">Manobo</hi>’s im Sumpfgebiete des Agusan gerade so, wie die Bewohner von Bontoc, da sie ihren Bergreis nur einmal im Jahr und zwar im März mit Beendigung der heftigsten Regenzeit aussäen. Es mögen diese wenigen Beispiele hier genügen, da sie hinreichend den Satz feststellen, dass es auf den Philippinen ausschliesslich die Regenzeit und die im Laufe der Monate fallende Regenmenge ist, welche die Zeit der Aussaat und der Erndte bestimmen. <space dim="vertical"/> </p> <p>Wir gehen zur Beobachtung der <hi rendition="#g">Thierwelt</hi> über, die wir, wie die Pflanzen, ebenfalls in einigen besonders auffallenden Beziehungen in den klimatischen Verhältnissen kennen lernen wollen, wodurch dann abermals ein Zusammenhang der letzteren mit dem Leben der Bewohner angedeutet wäre, welchem wir wohl in den nächsten Skizzen wieder begegnen werden. Theilweise war dieser Gegenstand schon weiter oben angedeutet, nemlich am Schluss der zweiten Skizze, in welcher wir sahen, dass der Fang der zahlreichen <hi rendition="#g">Seethiere</hi>, die für den Menschen wichtig sind als Nahrungsmittel oder Handelsartikel, nicht zu allen Jahreszeiten geschehen kann. Zur Zeit des Nordost-Monsun’s sind die östlichen steilen, nur an wenigen Stellen tiefe Buchten aufweisenden Küsten gänzlich allem Verkehr entzogen, und der Fischfang beschränkt sich auf die wenigen essbaren Arten, welche die Eingeborenen bei tiefer Ebbe unter den trockengelegten Korallenblöcken finden; wenn aber dann der Südwest-Monsun die westlichen Meere aufregt und hier dem Fischfang und der Schifffahrt enge Gränzen zieht, so ist jetzt an den östlichen Küsten die Zeit des Lebens gekommen. Nun bevölkern sich hier die Buchten und Strassen zwischen den Inseln mit Fischerböten oder kleineren Schiffen, welche die Producte des Landes nach Cebú oder Manila führen; handeltreibende Chinesen bringen die Manufacturwaaren von China, um sie gegen Gold, Abaca, Reis, den balate und Kaurischnecken einzutauschen. Zu dem Fang der letzteren ziehen jetzt zahlreiche kleine meist nur 3–4 Mann enthaltende Bote aus. Und nun ist auch, wenigstens für den Südosten des Archipels, die für den christlichen Bewohner gefährlichste Zeit gekommen; denn jetzt erscheinen die muhamedanischen Piraten in ihren leichten und 60–70 Männer haltenden “panco’s”, die mit der grössten Verwegenheit </p> </div> </body> </text> </TEI> [47/0047]
sich die Manobo’s im Sumpfgebiete des Agusan gerade so, wie die Bewohner von Bontoc, da sie ihren Bergreis nur einmal im Jahr und zwar im März mit Beendigung der heftigsten Regenzeit aussäen. Es mögen diese wenigen Beispiele hier genügen, da sie hinreichend den Satz feststellen, dass es auf den Philippinen ausschliesslich die Regenzeit und die im Laufe der Monate fallende Regenmenge ist, welche die Zeit der Aussaat und der Erndte bestimmen.
Wir gehen zur Beobachtung der Thierwelt über, die wir, wie die Pflanzen, ebenfalls in einigen besonders auffallenden Beziehungen in den klimatischen Verhältnissen kennen lernen wollen, wodurch dann abermals ein Zusammenhang der letzteren mit dem Leben der Bewohner angedeutet wäre, welchem wir wohl in den nächsten Skizzen wieder begegnen werden. Theilweise war dieser Gegenstand schon weiter oben angedeutet, nemlich am Schluss der zweiten Skizze, in welcher wir sahen, dass der Fang der zahlreichen Seethiere, die für den Menschen wichtig sind als Nahrungsmittel oder Handelsartikel, nicht zu allen Jahreszeiten geschehen kann. Zur Zeit des Nordost-Monsun’s sind die östlichen steilen, nur an wenigen Stellen tiefe Buchten aufweisenden Küsten gänzlich allem Verkehr entzogen, und der Fischfang beschränkt sich auf die wenigen essbaren Arten, welche die Eingeborenen bei tiefer Ebbe unter den trockengelegten Korallenblöcken finden; wenn aber dann der Südwest-Monsun die westlichen Meere aufregt und hier dem Fischfang und der Schifffahrt enge Gränzen zieht, so ist jetzt an den östlichen Küsten die Zeit des Lebens gekommen. Nun bevölkern sich hier die Buchten und Strassen zwischen den Inseln mit Fischerböten oder kleineren Schiffen, welche die Producte des Landes nach Cebú oder Manila führen; handeltreibende Chinesen bringen die Manufacturwaaren von China, um sie gegen Gold, Abaca, Reis, den balate und Kaurischnecken einzutauschen. Zu dem Fang der letzteren ziehen jetzt zahlreiche kleine meist nur 3–4 Mann enthaltende Bote aus. Und nun ist auch, wenigstens für den Südosten des Archipels, die für den christlichen Bewohner gefährlichste Zeit gekommen; denn jetzt erscheinen die muhamedanischen Piraten in ihren leichten und 60–70 Männer haltenden “panco’s”, die mit der grössten Verwegenheit
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