Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.in ihnen einen auf niedriger Entwickelungsstufe stehengebliebenen, oder einen unter dem, Jahrhunderte alten, Einflusse späterer Einwanderer degenerirten Zweig des allgemeinen Papua-Stammes sehen, von welchem eine Anzahl frischer noch grünender Aeste als die Repräsentanten des höchsten Culturzustandes, den diese Race erlangen konnte, anzusehen wäre. Wenn man nach den spärlichen in Werken spanischer Autoren niedergelegten Notizen über die Negritos der Philippinen sich den Einfluss der malaiischen und christlichen Periode construirt, so glaubt man freilich zu erkennen, dass man es nur noch mit den herabgekommenen Enkeln einer einst viel höher stehenden Race zu thun hat. Im Süden der Philippinen scheinen sie gänzlich ausgerottet zu sein. Allerdings geben alle Autoren an, dass im Osten wie im Innern Mindanao's noch echte Negritos leben, eine Meinung, die aber auf vollständiger Unkenntniss der dortigen Stämme beruht. Nur die wenig zahlreichen Mamanua's im Osten Mindanao's haben Negerblut in ihren Adern, aber sie sind ein Mischlingsvolk, das als solches auf den ersten Anblick kenntlich ist. Mit Ausnahme der Insel Negros, wo noch einige wenige Negerfamilien namentlich in der Gebirgsgegend um den Vulcan herum hausen sollen, sind die Autochthonen auf sämmtlichen Inseln der Visayas verschwunden. Im südlichen Luzon scheinen sie auch zu fehlen; mehr und mehr gegen den Norden zu aber treten sie immer häufiger sporadisch auf--so an der Ostküste auf der Insel Alabat, bei Mauban, in der Bergkette von Mariveles und Zambales, an der Ostküste bei Baler, dann bei Casiguran, bis sie endlich von Palanan an bis an das Cabo Enganno hinauf ausschliesslich die Küste sowohl, wie die Gebirgsgegenden der östlichen Bergkette bevölkern. Wenn irgendwo, so sind sie hier noch in ihrer grössten Reinheit der physischen wie der geistigen Charactere zu finden. Bei einer durchschnittlichen Körperhöhe von 4' 7" par. (Männer) und 4' 4" (Weiber) sind ihre Glieder dem entsprechend ungemein zart, aber wohl gebildet. Mit rundem, namentlich bei den Weibern stark ausgeprägtem Gesicht, äusserst dicker, braunschwarzer, glanzloser und wollig-krauser Haarkrone; mit geradem, wenig vorspringendem Kiefer und schwach gewulsteten Lippen, mit sehr flacher und breiter Nase und dunkelkupferbrauner Körperfarbe--so bilden diese Neger körperlich einen schroffen Gegensatz zu in ihnen einen auf niedriger Entwickelungsstufe stehengebliebenen, oder einen unter dem, Jahrhunderte alten, Einflusse späterer Einwanderer degenerirten Zweig des allgemeinen Papua-Stammes sehen, von welchem eine Anzahl frischer noch grünender Aeste als die Repräsentanten des höchsten Culturzustandes, den diese Race erlangen konnte, anzusehen wäre. Wenn man nach den spärlichen in Werken spanischer Autoren niedergelegten Notizen über die Negritos der Philippinen sich den Einfluss der malaiischen und christlichen Periode construirt, so glaubt man freilich zu erkennen, dass man es nur noch mit den herabgekommenen Enkeln einer einst viel höher stehenden Race zu thun hat. Im Süden der Philippinen scheinen sie gänzlich ausgerottet zu sein. Allerdings geben alle Autoren an, dass im Osten wie im Innern Mindanao’s noch echte Negritos leben, eine Meinung, die aber auf vollständiger Unkenntniss der dortigen Stämme beruht. Nur die wenig zahlreichen Mamanua’s im Osten Mindanao’s haben Negerblut in ihren Adern, aber sie sind ein Mischlingsvolk, das als solches auf den ersten Anblick kenntlich ist. Mit Ausnahme der Insel Negros, wo noch einige wenige Negerfamilien namentlich in der Gebirgsgegend um den Vulcan herum hausen sollen, sind die Autochthonen auf sämmtlichen Inseln der Visayas verschwunden. Im südlichen Luzon scheinen sie auch zu fehlen; mehr und mehr gegen den Norden zu aber treten sie immer häufiger sporadisch auf—so an der Ostküste auf der Insel Alabat, bei Mauban, in der Bergkette von Mariveles und Zambales, an der Ostküste bei Baler, dann bei Casiguran, bis sie endlich von Palanan an bis an das Cabo Engaño hinauf ausschliesslich die Küste sowohl, wie die Gebirgsgegenden der östlichen Bergkette bevölkern. Wenn irgendwo, so sind sie hier noch in ihrer grössten Reinheit der physischen wie der geistigen Charactere zu finden. Bei einer durchschnittlichen Körperhöhe von 4′ 7″ par. (Männer) und 4′ 4″ (Weiber) sind ihre Glieder dem entsprechend ungemein zart, aber wohl gebildet. Mit rundem, namentlich bei den Weibern stark ausgeprägtem Gesicht, äusserst dicker, braunschwarzer, glanzloser und wollig-krauser Haarkrone; mit geradem, wenig vorspringendem Kiefer und schwach gewulsteten Lippen, mit sehr flacher und breiter Nase und dunkelkupferbrauner Körperfarbe—so bilden diese Neger körperlich einen schroffen Gegensatz zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0052" n="52"/> in ihnen einen auf niedriger Entwickelungsstufe stehengebliebenen, oder einen unter dem, Jahrhunderte alten, Einflusse späterer Einwanderer degenerirten Zweig des allgemeinen Papua-Stammes sehen, von welchem eine Anzahl frischer noch grünender Aeste als die Repräsentanten des höchsten Culturzustandes, den diese Race erlangen konnte, anzusehen wäre. Wenn man nach den spärlichen in Werken spanischer Autoren niedergelegten Notizen über die Negritos der Philippinen sich den Einfluss der malaiischen und christlichen Periode construirt, so glaubt man freilich zu erkennen, dass man es nur noch mit den herabgekommenen Enkeln einer einst viel höher stehenden Race zu thun hat. </p> <p>Im Süden der Philippinen scheinen sie gänzlich ausgerottet zu sein. Allerdings geben alle Autoren an, dass im Osten wie im Innern Mindanao’s noch echte Negritos leben, eine Meinung, die aber auf vollständiger Unkenntniss der dortigen Stämme beruht. Nur die wenig zahlreichen Mamanua’s im Osten Mindanao’s haben Negerblut in ihren Adern, aber sie sind ein Mischlingsvolk, das als solches auf den ersten Anblick kenntlich ist. Mit Ausnahme der Insel Negros, wo noch einige wenige Negerfamilien namentlich in der Gebirgsgegend um den Vulcan herum hausen sollen, sind die Autochthonen auf sämmtlichen Inseln der Visayas verschwunden. Im südlichen Luzon scheinen sie auch zu fehlen; mehr und mehr gegen den Norden zu aber treten sie immer häufiger sporadisch auf—so an der Ostküste auf der Insel Alabat, bei Mauban, in der Bergkette von Mariveles und Zambales, an der Ostküste bei Baler, dann bei Casiguran, bis sie endlich von Palanan an bis an das Cabo Engaño hinauf ausschliesslich die Küste sowohl, wie die Gebirgsgegenden der östlichen Bergkette bevölkern. Wenn irgendwo, so sind sie hier noch in ihrer grössten Reinheit der physischen wie der geistigen Charactere zu finden. </p> <p>Bei einer durchschnittlichen Körperhöhe von 4′ 7″ par. (Männer) und 4′ 4″ (Weiber) sind ihre Glieder dem entsprechend ungemein zart, aber wohl gebildet. Mit rundem, namentlich bei den Weibern stark ausgeprägtem Gesicht, äusserst dicker, braunschwarzer, glanzloser und wollig-krauser Haarkrone; mit geradem, wenig vorspringendem Kiefer und schwach gewulsteten Lippen, mit sehr flacher und breiter Nase und dunkelkupferbrauner Körperfarbe—so bilden diese Neger körperlich einen schroffen Gegensatz zu </p> </div> </body> </text> </TEI> [52/0052]
in ihnen einen auf niedriger Entwickelungsstufe stehengebliebenen, oder einen unter dem, Jahrhunderte alten, Einflusse späterer Einwanderer degenerirten Zweig des allgemeinen Papua-Stammes sehen, von welchem eine Anzahl frischer noch grünender Aeste als die Repräsentanten des höchsten Culturzustandes, den diese Race erlangen konnte, anzusehen wäre. Wenn man nach den spärlichen in Werken spanischer Autoren niedergelegten Notizen über die Negritos der Philippinen sich den Einfluss der malaiischen und christlichen Periode construirt, so glaubt man freilich zu erkennen, dass man es nur noch mit den herabgekommenen Enkeln einer einst viel höher stehenden Race zu thun hat.
Im Süden der Philippinen scheinen sie gänzlich ausgerottet zu sein. Allerdings geben alle Autoren an, dass im Osten wie im Innern Mindanao’s noch echte Negritos leben, eine Meinung, die aber auf vollständiger Unkenntniss der dortigen Stämme beruht. Nur die wenig zahlreichen Mamanua’s im Osten Mindanao’s haben Negerblut in ihren Adern, aber sie sind ein Mischlingsvolk, das als solches auf den ersten Anblick kenntlich ist. Mit Ausnahme der Insel Negros, wo noch einige wenige Negerfamilien namentlich in der Gebirgsgegend um den Vulcan herum hausen sollen, sind die Autochthonen auf sämmtlichen Inseln der Visayas verschwunden. Im südlichen Luzon scheinen sie auch zu fehlen; mehr und mehr gegen den Norden zu aber treten sie immer häufiger sporadisch auf—so an der Ostküste auf der Insel Alabat, bei Mauban, in der Bergkette von Mariveles und Zambales, an der Ostküste bei Baler, dann bei Casiguran, bis sie endlich von Palanan an bis an das Cabo Engaño hinauf ausschliesslich die Küste sowohl, wie die Gebirgsgegenden der östlichen Bergkette bevölkern. Wenn irgendwo, so sind sie hier noch in ihrer grössten Reinheit der physischen wie der geistigen Charactere zu finden.
Bei einer durchschnittlichen Körperhöhe von 4′ 7″ par. (Männer) und 4′ 4″ (Weiber) sind ihre Glieder dem entsprechend ungemein zart, aber wohl gebildet. Mit rundem, namentlich bei den Weibern stark ausgeprägtem Gesicht, äusserst dicker, braunschwarzer, glanzloser und wollig-krauser Haarkrone; mit geradem, wenig vorspringendem Kiefer und schwach gewulsteten Lippen, mit sehr flacher und breiter Nase und dunkelkupferbrauner Körperfarbe—so bilden diese Neger körperlich einen schroffen Gegensatz zu
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Zitationshilfe: | Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/52>, abgerufen am 16.02.2025. |