Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

entsprungen waren, die kostbaren Producte der Gewürzinseln, welche bis dahin nur auf dem Wege über Indien und Arabien ihren Weg nach Europa gefunden hatten, auf direktem Weg nach Spanien zu bringen und dadurch den Handel mit diesen zu monopolisiren. Alle höheren Officiere dieser Expeditionen hatten einen gewissen Antheil an der Befrachtung des Schiffes, und ebenso wurde ihnen eine bestimmte Tantieme von dem Gewinn des Handels zugesichert, zu welchem die Regierung das ausschliessliche Recht zu haben glaubte. Was vielleicht ursprünglich nur eine vom Könige ergebenen Dienern geschenkte Gunst war, wurde nun bald ein Recht der Einzelnen, und so entstand allmälig die Form des Handelsverkehrs, wie er bis zum Jahre 1733 durch die Nao von Acapulco vermittelt wurde. Aller socialer Verkehr zwischen den Philippinen und Spanien fand, der durch die Demarcations-Linie gezogenen Richtung folgend, bis dahin über Acapulco statt, und alle Civilbeamten wie Soldaten und Priester, welche von hier aus mit der Nao alljährlich im Januar sich nach Manila hin einschifften, hatten ihren durch besondere Gesetze bestimmten Antheil an der Befrachtung des Schiffes, welches gewöhnlich im Juli Manila verliess. Der Gehalt dieser Schiffe war durchschnittlich 1200-1500 Tonnen. Die Regierung befrachtete wohl immer den grössten Theil des Schiffes; was sie übrig liess, wurde in Theile getheilt, welche den Beamten, den in Manila ansässigen Wittwen derselben und den Clerigo's, d. h. den Weltgeistlichen gegeben wurden mit dem Rechte, ihren Theil frei von Kosten zu laden. Da aber diese Leute selten nur im Besitze hinreichender Capitalien waren, um auf eigene Rechnung Handel treiben zu können, so verkauften sie die Scheine, die sogenannten "boleta's", an die eigentlichen in Manila ansässigen Kaufleute oder Gesellschaften um einen mitunter recht hohen Preis. Die von Acapulco zurückkehrende Nao brachte dann ausser dem durchschnittlich etwa 2 Millionen Dollars betragenden Baarvorrath den Soldaten und Priestern noch Cochenille, Weine und Süssigkeiten aus Spanien. Fast das ganze 17. Jahrhundert hindurch scheint der Handel in dieser Weise geführt worden zu sein. Zu den natürlichen Schwierigkeiten eines solchen Systemes kam nun bald auch die Rivalität von Cadix und Sevilla, deren Ausfuhr europäischer Industrieproducte nach America hin sehr durch die Concurrenz mit

entsprungen waren, die kostbaren Producte der Gewürzinseln, welche bis dahin nur auf dem Wege über Indien und Arabien ihren Weg nach Europa gefunden hatten, auf direktem Weg nach Spanien zu bringen und dadurch den Handel mit diesen zu monopolisiren. Alle höheren Officiere dieser Expeditionen hatten einen gewissen Antheil an der Befrachtung des Schiffes, und ebenso wurde ihnen eine bestimmte Tantième von dem Gewinn des Handels zugesichert, zu welchem die Regierung das ausschliessliche Recht zu haben glaubte. Was vielleicht ursprünglich nur eine vom Könige ergebenen Dienern geschenkte Gunst war, wurde nun bald ein Recht der Einzelnen, und so entstand allmälig die Form des Handelsverkehrs, wie er bis zum Jahre 1733 durch die Nao von Acapulco vermittelt wurde. Aller socialer Verkehr zwischen den Philippinen und Spanien fand, der durch die Demarcations-Linie gezogenen Richtung folgend, bis dahin über Acapulco statt, und alle Civilbeamten wie Soldaten und Priester, welche von hier aus mit der Nao alljährlich im Januar sich nach Manila hin einschifften, hatten ihren durch besondere Gesetze bestimmten Antheil an der Befrachtung des Schiffes, welches gewöhnlich im Juli Manila verliess. Der Gehalt dieser Schiffe war durchschnittlich 1200–1500 Tonnen. Die Regierung befrachtete wohl immer den grössten Theil des Schiffes; was sie übrig liess, wurde in Theile getheilt, welche den Beamten, den in Manila ansässigen Wittwen derselben und den Clerigo’s, d. h. den Weltgeistlichen gegeben wurden mit dem Rechte, ihren Theil frei von Kosten zu laden. Da aber diese Leute selten nur im Besitze hinreichender Capitalien waren, um auf eigene Rechnung Handel treiben zu können, so verkauften sie die Scheine, die sogenannten “boleta’s”, an die eigentlichen in Manila ansässigen Kaufleute oder Gesellschaften um einen mitunter recht hohen Preis. Die von Acapulco zurückkehrende Nao brachte dann ausser dem durchschnittlich etwa 2 Millionen Dollars betragenden Baarvorrath den Soldaten und Priestern noch Cochenille, Weine und Süssigkeiten aus Spanien. Fast das ganze 17. Jahrhundert hindurch scheint der Handel in dieser Weise geführt worden zu sein. Zu den natürlichen Schwierigkeiten eines solchen Systemes kam nun bald auch die Rivalität von Cadix und Sevilla, deren Ausfuhr europäischer Industrieproducte nach America hin sehr durch die Concurrenz mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0087" n="87"/>
entsprungen
                     waren, die kostbaren Producte der Gewürzinseln, welche bis dahin nur auf
                     dem Wege über Indien und Arabien ihren Weg nach Europa gefunden hatten, auf
                     direktem Weg nach Spanien zu bringen und dadurch den Handel mit diesen zu
                     monopolisiren. Alle höheren Officiere dieser Expeditionen hatten einen
                     gewissen Antheil an der Befrachtung des Schiffes, und ebenso wurde ihnen eine
                     bestimmte Tantième von dem Gewinn des Handels zugesichert, zu welchem die
                     Regierung das ausschliessliche Recht zu haben glaubte. Was vielleicht
                     ursprünglich nur eine vom Könige ergebenen Dienern geschenkte Gunst
                     war, wurde nun bald ein Recht der Einzelnen, und so entstand allmälig die
                     Form des Handelsverkehrs, wie er bis zum Jahre 1733 durch die Nao von Acapulco
                     vermittelt wurde. Aller socialer Verkehr zwischen den Philippinen und Spanien
                     fand, der durch die Demarcations-Linie gezogenen Richtung folgend, bis dahin
                     über Acapulco statt, und alle Civilbeamten wie Soldaten und Priester,
                     welche von hier aus mit der Nao alljährlich im Januar sich nach Manila hin
                     einschifften, hatten ihren durch besondere Gesetze bestimmten Antheil an der
                     Befrachtung des Schiffes, welches gewöhnlich im Juli Manila verliess. Der
                     Gehalt dieser Schiffe war durchschnittlich 1200&#x2013;1500 Tonnen. Die Regierung
                     befrachtete wohl immer den grössten Theil des Schiffes; was sie übrig
                     liess, wurde in Theile getheilt, welche den Beamten, den in Manila
                     ansässigen Wittwen derselben und den Clerigo&#x2019;s, d. h. den
                     Weltgeistlichen gegeben wurden mit dem Rechte, ihren Theil frei von Kosten zu
                     laden. Da aber diese Leute selten nur im Besitze hinreichender Capitalien waren,
                     um auf eigene Rechnung Handel treiben zu können, so verkauften sie die
                     Scheine, die sogenannten &#x201C;boleta&#x2019;s&#x201D;, an die eigentlichen in
                     Manila ansässigen Kaufleute oder Gesellschaften um einen mitunter recht
                     hohen Preis. Die von Acapulco zurückkehrende Nao brachte dann ausser dem
                     durchschnittlich etwa 2 Millionen Dollars betragenden Baarvorrath den Soldaten
                     und Priestern noch Cochenille, Weine und Süssigkeiten aus Spanien. Fast das
                     ganze 17. Jahrhundert hindurch scheint der Handel in dieser Weise geführt
                     worden zu sein. Zu den natürlichen Schwierigkeiten eines solchen Systemes
                     kam nun bald auch die Rivalität von Cadix und Sevilla, deren Ausfuhr
                     europäischer Industrieproducte nach America hin sehr durch die Concurrenz
                     mit
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0087] entsprungen waren, die kostbaren Producte der Gewürzinseln, welche bis dahin nur auf dem Wege über Indien und Arabien ihren Weg nach Europa gefunden hatten, auf direktem Weg nach Spanien zu bringen und dadurch den Handel mit diesen zu monopolisiren. Alle höheren Officiere dieser Expeditionen hatten einen gewissen Antheil an der Befrachtung des Schiffes, und ebenso wurde ihnen eine bestimmte Tantième von dem Gewinn des Handels zugesichert, zu welchem die Regierung das ausschliessliche Recht zu haben glaubte. Was vielleicht ursprünglich nur eine vom Könige ergebenen Dienern geschenkte Gunst war, wurde nun bald ein Recht der Einzelnen, und so entstand allmälig die Form des Handelsverkehrs, wie er bis zum Jahre 1733 durch die Nao von Acapulco vermittelt wurde. Aller socialer Verkehr zwischen den Philippinen und Spanien fand, der durch die Demarcations-Linie gezogenen Richtung folgend, bis dahin über Acapulco statt, und alle Civilbeamten wie Soldaten und Priester, welche von hier aus mit der Nao alljährlich im Januar sich nach Manila hin einschifften, hatten ihren durch besondere Gesetze bestimmten Antheil an der Befrachtung des Schiffes, welches gewöhnlich im Juli Manila verliess. Der Gehalt dieser Schiffe war durchschnittlich 1200–1500 Tonnen. Die Regierung befrachtete wohl immer den grössten Theil des Schiffes; was sie übrig liess, wurde in Theile getheilt, welche den Beamten, den in Manila ansässigen Wittwen derselben und den Clerigo’s, d. h. den Weltgeistlichen gegeben wurden mit dem Rechte, ihren Theil frei von Kosten zu laden. Da aber diese Leute selten nur im Besitze hinreichender Capitalien waren, um auf eigene Rechnung Handel treiben zu können, so verkauften sie die Scheine, die sogenannten “boleta’s”, an die eigentlichen in Manila ansässigen Kaufleute oder Gesellschaften um einen mitunter recht hohen Preis. Die von Acapulco zurückkehrende Nao brachte dann ausser dem durchschnittlich etwa 2 Millionen Dollars betragenden Baarvorrath den Soldaten und Priestern noch Cochenille, Weine und Süssigkeiten aus Spanien. Fast das ganze 17. Jahrhundert hindurch scheint der Handel in dieser Weise geführt worden zu sein. Zu den natürlichen Schwierigkeiten eines solchen Systemes kam nun bald auch die Rivalität von Cadix und Sevilla, deren Ausfuhr europäischer Industrieproducte nach America hin sehr durch die Concurrenz mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

gutenberg.org: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in HTML. (2012-11-06T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus gutenberg.org entsprechen muss.
gutenberg.org: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-06T13:54:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von HTML nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-06T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Die Transkription enspricht den DTA-Richtlinien.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/87
Zitationshilfe: Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/87>, abgerufen am 17.05.2024.