der Gesellschaft von den Knien des Einen zu den Knien des Andern ging.
Zwischen Forli und Cesena sind die Reste des alten Forum Pompilii, und die Trümmer einer Brücke, wel¬ che auch alt zu seyn scheint. Ich sah von allem sehr wenig wegen des entsetzlichen Wetters. Die Brücke gleich vor Cesena über den Savio ist ein Werk, das bey den Italiänern für etwas sehr schönes gilt; das kann aber nur in dieser Gegend seyn. Das fürchterlich schlechte Wetter hielt mich in Cesena, da ich doch nur von Forli gekommen war und also nicht mehr als vier Stunden gemacht hatte. Hier wurde ich von dem Wirth mit einer gewissen kalten Förmlichkeit aufgenommen, die sehr merklich war, und in ein ziemlich ärmliches Zimmer hinten hinaus geführt. Ich hatte weiter nichts dawider. Nachdem wir aber eine Stunde zusammen geplaudert hatten, ich in ei¬ nem Intermezzo des Regens etwas ausgegangen war, um die Stadt zu sehen und ein Kaffeehaus zu besuchen, und wieder zurück kam, fand ich meine Sachen um¬ quartiert und mich in ein recht schönes Zimmer vorn heraus versetzt. Die Wirthin machte die Erklärung: Man habe mich für einen Franzosen gehalten, der von der Munizipalität logiert würde: nun pflegte die Mu¬ nizipalität seit geraumer Zeit für die zugeschickten Gä¬ ste gar nichts mehr zu bezahlen; man könnte es also nicht übel deuten, dass sie auf diese Weise so wohlfeil als möglich durchzukommen suche. Aber ein Galan¬ tuomo wie ich, müsse mit Anstand bedient werden. Das fand ich auch wirklich. Die Mädchen vom Hause waren recht hübsch und so höflich und freundlich, als
der Gesellschaft von den Knien des Einen zu den Knien des Andern ging.
Zwischen Forli und Cesena sind die Reste des alten Forum Pompilii, und die Trümmer einer Brücke, wel¬ che auch alt zu seyn scheint. Ich sah von allem sehr wenig wegen des entsetzlichen Wetters. Die Brücke gleich vor Cesena über den Savio ist ein Werk, das bey den Italiänern für etwas sehr schönes gilt; das kann aber nur in dieser Gegend seyn. Das fürchterlich schlechte Wetter hielt mich in Cesena, da ich doch nur von Forli gekommen war und also nicht mehr als vier Stunden gemacht hatte. Hier wurde ich von dem Wirth mit einer gewissen kalten Förmlichkeit aufgenommen, die sehr merklich war, und in ein ziemlich ärmliches Zimmer hinten hinaus geführt. Ich hatte weiter nichts dawider. Nachdem wir aber eine Stunde zusammen geplaudert hatten, ich in ei¬ nem Intermezzo des Regens etwas ausgegangen war, um die Stadt zu sehen und ein Kaffeehaus zu besuchen, und wieder zurück kam, fand ich meine Sachen um¬ quartiert und mich in ein recht schönes Zimmer vorn heraus versetzt. Die Wirthin machte die Erklärung: Man habe mich für einen Franzosen gehalten, der von der Munizipalität logiert würde: nun pflegte die Mu¬ nizipalität seit geraumer Zeit für die zugeschickten Gä¬ ste gar nichts mehr zu bezahlen; man könnte es also nicht übel deuten, daſs sie auf diese Weise so wohlfeil als möglich durchzukommen suche. Aber ein Galan¬ tuomo wie ich, müsse mit Anstand bedient werden. Das fand ich auch wirklich. Die Mädchen vom Hause waren recht hübsch und so höflich und freundlich, als
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der Gesellschaft von den Knien des Einen zu den
Knien des Andern ging.
Zwischen Forli und Cesena sind die Reste des alten
Forum Pompilii, und die Trümmer einer Brücke, wel¬
che auch alt zu seyn scheint. Ich sah von allem sehr
wenig wegen des entsetzlichen Wetters. Die Brücke
gleich vor Cesena über den Savio ist ein Werk, das
bey den Italiänern für etwas sehr schönes gilt; das kann
aber nur in dieser Gegend seyn. Das fürchterlich
schlechte Wetter hielt mich in Cesena, da ich doch
nur von Forli gekommen war und also nicht mehr
als vier Stunden gemacht hatte. Hier wurde ich von
dem Wirth mit einer gewissen kalten Förmlichkeit
aufgenommen, die sehr merklich war, und in ein
ziemlich ärmliches Zimmer hinten hinaus geführt.
Ich hatte weiter nichts dawider. Nachdem wir aber
eine Stunde zusammen geplaudert hatten, ich in ei¬
nem Intermezzo des Regens etwas ausgegangen war,
um die Stadt zu sehen und ein Kaffeehaus zu besuchen,
und wieder zurück kam, fand ich meine Sachen um¬
quartiert und mich in ein recht schönes Zimmer vorn
heraus versetzt. Die Wirthin machte die Erklärung:
Man habe mich für einen Franzosen gehalten, der von
der Munizipalität logiert würde: nun pflegte die Mu¬
nizipalität seit geraumer Zeit für die zugeschickten Gä¬
ste gar nichts mehr zu bezahlen; man könnte es also
nicht übel deuten, daſs sie auf diese Weise so wohlfeil
als möglich durchzukommen suche. Aber ein Galan¬
tuomo wie ich, müsse mit Anstand bedient werden.
Das fand ich auch wirklich. Die Mädchen vom Hause
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/149>, abgerufen am 28.11.2024.
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