zu sagen, dass alter Sauerteig alter Sauerteig sey.
Man findet es vielleicht sonderbar, dass ein Mann, der zwey mal gegen die Freyheit zu Felde zog, einen solchen Ton führt. Die Ent¬ räthselung wäre nicht schwer. Das Schicksal hat mich gestossen. Ich bin nicht hartnäckig genug, meine eigene Meinung stürmisch gegen Millionen durchsetzen zu wollen: aber ich ha¬ be Selbstständigkeit genug, sie vor Millionen und ihren Ersten und Letzten nicht zu ver¬ läugnen.
Einige Männer, deren Namen die Nation mit Achtung nennt, haben mich aufgefodert et¬ was öffentlich über mein Leben und meine successive Bildung zu sagen: ich kann mich aber nicht dazu entschliessen. In meiner Ju¬ gend war es der Kampf eines jungen Menschen mit seinen Umständen und seinen Inkonsequen¬ zen; als ich Mann ward, waren meine Ver¬ flechtungen zuweilen so sonderbarer Art, dass ich nicht immer ihre Erinnerung mit Vergnü¬ gen zurückrufe. Wer sagt gern, ich war ein Thor, um durch sein Beyspiel einige längst be¬ kannte Wahrheiten eindringlicher zu machen?
zu sagen, daſs alter Sauerteig alter Sauerteig sey.
Man findet es vielleicht sonderbar, daſs ein Mann, der zwey mal gegen die Freyheit zu Felde zog, einen solchen Ton führt. Die Ent¬ räthselung wäre nicht schwer. Das Schicksal hat mich gestoſsen. Ich bin nicht hartnäckig genug, meine eigene Meinung stürmisch gegen Millionen durchsetzen zu wollen: aber ich ha¬ be Selbstständigkeit genug, sie vor Millionen und ihren Ersten und Letzten nicht zu ver¬ läugnen.
Einige Männer, deren Namen die Nation mit Achtung nennt, haben mich aufgefodert et¬ was öffentlich über mein Leben und meine successive Bildung zu sagen: ich kann mich aber nicht dazu entschlieſsen. In meiner Ju¬ gend war es der Kampf eines jungen Menschen mit seinen Umständen und seinen Inkonsequen¬ zen; als ich Mann ward, waren meine Ver¬ flechtungen zuweilen so sonderbarer Art, daſs ich nicht immer ihre Erinnerung mit Vergnü¬ gen zurückrufe. Wer sagt gern, ich war ein Thor, um durch sein Beyspiel einige längst be¬ kannte Wahrheiten eindringlicher zu machen?
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[VII/0017]
zu sagen, daſs alter Sauerteig alter Sauerteig
sey.
Man findet es vielleicht sonderbar, daſs
ein Mann, der zwey mal gegen die Freyheit zu
Felde zog, einen solchen Ton führt. Die Ent¬
räthselung wäre nicht schwer. Das Schicksal
hat mich gestoſsen. Ich bin nicht hartnäckig
genug, meine eigene Meinung stürmisch gegen
Millionen durchsetzen zu wollen: aber ich ha¬
be Selbstständigkeit genug, sie vor Millionen
und ihren Ersten und Letzten nicht zu ver¬
läugnen.
Einige Männer, deren Namen die Nation
mit Achtung nennt, haben mich aufgefodert et¬
was öffentlich über mein Leben und meine
successive Bildung zu sagen: ich kann mich
aber nicht dazu entschlieſsen. In meiner Ju¬
gend war es der Kampf eines jungen Menschen
mit seinen Umständen und seinen Inkonsequen¬
zen; als ich Mann ward, waren meine Ver¬
flechtungen zuweilen so sonderbarer Art, daſs
ich nicht immer ihre Erinnerung mit Vergnü¬
gen zurückrufe. Wer sagt gern, ich war ein
Thor, um durch sein Beyspiel einige längst be¬
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/17>, abgerufen am 21.11.2024.
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