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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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Strassen tritt noch eine Hauptvernachlässigung ein,
ohne deren Abstellung man durchaus auch mit gro¬
ssen Summen und anhaltender Arbeit nicht glücklich
seyn wird. Ich meine, man sucht nicht mit Strenge
das Spurfahren zu verhüten. Es ist so gut als ob keine
Verfügungen deswegen vorhanden wären, so wenig
wird darauf gesehen. Es ist mathematisch zu bewei¬
sen, dass die Gewohnheit des Spurfahrens, zumahl der
schweren Wagen, die beste festeste Chaussee in kurzer
Zeit durchaus verderben muss. Ist einmahl der Ein¬
schnitt gemacht, so mag man schlagen und ausfüllen
und klopfen und rammeln, so viel man will, man
gewinnt nie wieder die vorige Festigkeit; die ersten
Wagen fahren das Gleis wieder aus, und machen das
Uebel ärger. Fängt man an ein zweytes Gleis zu ma¬
chen, so ist dieses bald eben so ausgeleyert, und so
geht es nach und nach mit mehrern; bis die ganze
Strasse ohne Hülfe zu Grunde gerichtet ist. Wenn
aber der Weg nur einiger Massen in Ordnung ist und
durchaus kein Wagen die Spur des vorhergehenden
hält, so kann kein Gleis und kein Einschnitt entste¬
hen; sondern jedes Rad versieht, so zu sagen, die
Stelle eines Rammels und hilft durch die beständige
Veränderung des Drucks die Strasse bessern. Man
würde eben so sehr endlich den Weg verderben, wenn
man ohne Unterlass mit dem Rammel beständig auf
die nehmliche Stelle schlagen wollte. Durch das
Nichtspurfahren verändern auch die Pferde beständig
ihre Tritte und das Nehmliche gilt sodann von den
Hufen der Thiere was von den Rädern des Fuhrwerks
gilt. Fast durchaus habe ich den Schaden dieser bö¬

Straſsen tritt noch eine Hauptvernachlässigung ein,
ohne deren Abstellung man durchaus auch mit gro¬
ſsen Summen und anhaltender Arbeit nicht glücklich
seyn wird. Ich meine, man sucht nicht mit Strenge
das Spurfahren zu verhüten. Es ist so gut als ob keine
Verfügungen deswegen vorhanden wären, so wenig
wird darauf gesehen. Es ist mathematisch zu bewei¬
sen, daſs die Gewohnheit des Spurfahrens, zumahl der
schweren Wagen, die beste festeste Chaussee in kurzer
Zeit durchaus verderben muſs. Ist einmahl der Ein¬
schnitt gemacht, so mag man schlagen und ausfüllen
und klopfen und rammeln, so viel man will, man
gewinnt nie wieder die vorige Festigkeit; die ersten
Wagen fahren das Gleis wieder aus, und machen das
Uebel ärger. Fängt man an ein zweytes Gleis zu ma¬
chen, so ist dieses bald eben so ausgeleyert, und so
geht es nach und nach mit mehrern; bis die ganze
Straſse ohne Hülfe zu Grunde gerichtet ist. Wenn
aber der Weg nur einiger Maſsen in Ordnung ist und
durchaus kein Wagen die Spur des vorhergehenden
hält, so kann kein Gleis und kein Einschnitt entste¬
hen; sondern jedes Rad versieht, so zu sagen, die
Stelle eines Rammels und hilft durch die beständige
Veränderung des Drucks die Straſse bessern. Man
würde eben so sehr endlich den Weg verderben, wenn
man ohne Unterlaſs mit dem Rammel beständig auf
die nehmliche Stelle schlagen wollte. Durch das
Nichtspurfahren verändern auch die Pferde beständig
ihre Tritte und das Nehmliche gilt sodann von den
Hufen der Thiere was von den Rädern des Fuhrwerks
gilt. Fast durchaus habe ich den Schaden dieser bö¬

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[156/0182] Straſsen tritt noch eine Hauptvernachlässigung ein, ohne deren Abstellung man durchaus auch mit gro¬ ſsen Summen und anhaltender Arbeit nicht glücklich seyn wird. Ich meine, man sucht nicht mit Strenge das Spurfahren zu verhüten. Es ist so gut als ob keine Verfügungen deswegen vorhanden wären, so wenig wird darauf gesehen. Es ist mathematisch zu bewei¬ sen, daſs die Gewohnheit des Spurfahrens, zumahl der schweren Wagen, die beste festeste Chaussee in kurzer Zeit durchaus verderben muſs. Ist einmahl der Ein¬ schnitt gemacht, so mag man schlagen und ausfüllen und klopfen und rammeln, so viel man will, man gewinnt nie wieder die vorige Festigkeit; die ersten Wagen fahren das Gleis wieder aus, und machen das Uebel ärger. Fängt man an ein zweytes Gleis zu ma¬ chen, so ist dieses bald eben so ausgeleyert, und so geht es nach und nach mit mehrern; bis die ganze Straſse ohne Hülfe zu Grunde gerichtet ist. Wenn aber der Weg nur einiger Maſsen in Ordnung ist und durchaus kein Wagen die Spur des vorhergehenden hält, so kann kein Gleis und kein Einschnitt entste¬ hen; sondern jedes Rad versieht, so zu sagen, die Stelle eines Rammels und hilft durch die beständige Veränderung des Drucks die Straſse bessern. Man würde eben so sehr endlich den Weg verderben, wenn man ohne Unterlaſs mit dem Rammel beständig auf die nehmliche Stelle schlagen wollte. Durch das Nichtspurfahren verändern auch die Pferde beständig ihre Tritte und das Nehmliche gilt sodann von den Hufen der Thiere was von den Rädern des Fuhrwerks gilt. Fast durchaus habe ich den Schaden dieser bö¬

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/182>, abgerufen am 29.11.2024.