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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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sind ungefähr noch acht Millien durch eine ziemlich
rauhe Gegend über mehrere Berge,

Mein Eintritt in die Lokanda hier war eine ge¬
waltig starke Ohrfeigenparthie. Das ging so zu. Als
ich das Haus betrachtete, ob es mir anstehen und ob
ich hier bleiben würde, kam ein sehr dienstfertiger
Cicerone, der mich wahrscheinlich zu einem seiner
Bekannten bringen wollte. Ehe ich mirs versah,
schoss ein junger starker Kerl aus einer Art von Küche
heraus, fuhr vor mir vorbey und packte den höflichen
Menschen mit einer furchtbaren Gewalt bey der Gur¬
gel, warf ihn nieder und fing an, ihn mit den Fäu¬
sten aus allen Kräften zu bearbeiten. Ich sprach zum
Frieden so gut ich konnte, und er liess den armen
Teufel endlich los, der auch sogleich abmarschierte.
Ich sagte dem Fausthelden so glimpflich als möglich,
dass ich diese Art von Willkommen etwas zu hand¬
greiflich fände; da trat er ganz friedlich und sanft vor
mich und demonstrierte mir, der Kerl habe seine Mut¬
ter geschimpft; das könne und werde er aber nicht
leiden. Nun machte man mir ein Zimmer bereit;
und so schlecht es auch war, so zeigten die Leute
doch allen guten Willen: und damit ist ein ehrlicher
Kerl schon zufrieden. Nun suchte ich den Ritter Ca¬
nella, den Onkel meines militärischen Freundes in
Palermo, und den Kanonikus Raimondi auf. Beyde
waren sehr artig und freundschaftlich, und der Ritter
besuchte mich sogar in meinem Gasthause. Raimon¬
di, welcher Direktor der dortigen Schule ist, führte
mich in die alte gothische Kathedrale, wo ich den an¬
tiken Taufstein sah und das akustische Kunststück

sind ungefähr noch acht Millien durch eine ziemlich
rauhe Gegend über mehrere Berge,

Mein Eintritt in die Lokanda hier war eine ge¬
waltig starke Ohrfeigenparthie. Das ging so zu. Als
ich das Haus betrachtete, ob es mir anstehen und ob
ich hier bleiben würde, kam ein sehr dienstfertiger
Cicerone, der mich wahrscheinlich zu einem seiner
Bekannten bringen wollte. Ehe ich mirs versah,
schoſs ein junger starker Kerl aus einer Art von Küche
heraus, fuhr vor mir vorbey und packte den höflichen
Menschen mit einer furchtbaren Gewalt bey der Gur¬
gel, warf ihn nieder und fing an, ihn mit den Fäu¬
sten aus allen Kräften zu bearbeiten. Ich sprach zum
Frieden so gut ich konnte, und er lieſs den armen
Teufel endlich los, der auch sogleich abmarschierte.
Ich sagte dem Fausthelden so glimpflich als möglich,
daſs ich diese Art von Willkommen etwas zu hand¬
greiflich fände; da trat er ganz friedlich und sanft vor
mich und demonstrierte mir, der Kerl habe seine Mut¬
ter geschimpft; das könne und werde er aber nicht
leiden. Nun machte man mir ein Zimmer bereit;
und so schlecht es auch war, so zeigten die Leute
doch allen guten Willen: und damit ist ein ehrlicher
Kerl schon zufrieden. Nun suchte ich den Ritter Ca¬
nella, den Onkel meines militärischen Freundes in
Palermo, und den Kanonikus Raimondi auf. Beyde
waren sehr artig und freundschaftlich, und der Ritter
besuchte mich sogar in meinem Gasthause. Raimon¬
di, welcher Direktor der dortigen Schule ist, führte
mich in die alte gothische Kathedrale, wo ich den an¬
tiken Taufstein sah und das akustische Kunststück

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[215/0241] sind ungefähr noch acht Millien durch eine ziemlich rauhe Gegend über mehrere Berge, Mein Eintritt in die Lokanda hier war eine ge¬ waltig starke Ohrfeigenparthie. Das ging so zu. Als ich das Haus betrachtete, ob es mir anstehen und ob ich hier bleiben würde, kam ein sehr dienstfertiger Cicerone, der mich wahrscheinlich zu einem seiner Bekannten bringen wollte. Ehe ich mirs versah, schoſs ein junger starker Kerl aus einer Art von Küche heraus, fuhr vor mir vorbey und packte den höflichen Menschen mit einer furchtbaren Gewalt bey der Gur¬ gel, warf ihn nieder und fing an, ihn mit den Fäu¬ sten aus allen Kräften zu bearbeiten. Ich sprach zum Frieden so gut ich konnte, und er lieſs den armen Teufel endlich los, der auch sogleich abmarschierte. Ich sagte dem Fausthelden so glimpflich als möglich, daſs ich diese Art von Willkommen etwas zu hand¬ greiflich fände; da trat er ganz friedlich und sanft vor mich und demonstrierte mir, der Kerl habe seine Mut¬ ter geschimpft; das könne und werde er aber nicht leiden. Nun machte man mir ein Zimmer bereit; und so schlecht es auch war, so zeigten die Leute doch allen guten Willen: und damit ist ein ehrlicher Kerl schon zufrieden. Nun suchte ich den Ritter Ca¬ nella, den Onkel meines militärischen Freundes in Palermo, und den Kanonikus Raimondi auf. Beyde waren sehr artig und freundschaftlich, und der Ritter besuchte mich sogar in meinem Gasthause. Raimon¬ di, welcher Direktor der dortigen Schule ist, führte mich in die alte gothische Kathedrale, wo ich den an¬ tiken Taufstein sah und das akustische Kunststück

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/241>, abgerufen am 23.11.2024.