der Geisshöhle an, die aber jetzt ausser Uebung kommt. Der Fürst von Paterno hat dort ein Haus gebaut, wo die Fremden eintreten und sich bey einem Feuer wärmen können. Das Haus ist schlecht genug, und ein deutscher Dorfschulze würde sich schämen, es nicht besser gemacht zu haben. Indessen ist es doch besser als nichts und vermuthlich bequemer als die Höhle. Hier blieben wir eine kleine Halbestunde, be¬ stiegen wieder unsere Maulthiere und ritten nunmehr aus der waldigen Region in den Schnee hinein. Un¬ gefähr eine Viertelstunde über dem Hause und der Höhle hörte die Vegetation ganz auf und der Schnee fing an hoch zu werden, der schon um das Haus her hier und da neu und alt lag. Wir mussten nun ab¬ steigen und unsere Maulthiere hier lassen. Der Schnee ward bald sehr hoch und das Steigen sehr beschwer¬ lich. Unsere Führer riethen uns nur langsam zu ge¬ hen, und sie hatten Recht: aber die Herren ruhten zu oft absatzweise, und darin hatten diese nicht Recht. Methinks I smell the morning air, sagte der Major, und fuhr ganz drollig fort, als ein junger Lieutenant durch den hohlen Schnee auf ein Lavastück fiel und über den Fuss klagte: Alack, what dangers do inviron the man that meddles with cold iron! Die Kälte des Morgens ward schneidend und die Engländer, die wohl in Aegypten und Malta eine solche Parthie nicht gemacht hatten, schüttelten sich wie die Matrosen. Endlich erreichten wir den Steinhaufen des so genann¬ ten Philosophenthurms, und die Sonne stieg eben glü¬ hend über die Berge von Kalabrien herauf und ver¬ goldete was wir von der Meerenge sehen konnten, die
der Geiſshöhle an, die aber jetzt auſser Uebung kommt. Der Fürst von Paterno hat dort ein Haus gebaut, wo die Fremden eintreten und sich bey einem Feuer wärmen können. Das Haus ist schlecht genug, und ein deutscher Dorfschulze würde sich schämen, es nicht besser gemacht zu haben. Indessen ist es doch besser als nichts und vermuthlich bequemer als die Höhle. Hier blieben wir eine kleine Halbestunde, be¬ stiegen wieder unsere Maulthiere und ritten nunmehr aus der waldigen Region in den Schnee hinein. Un¬ gefähr eine Viertelstunde über dem Hause und der Höhle hörte die Vegetation ganz auf und der Schnee fing an hoch zu werden, der schon um das Haus her hier und da neu und alt lag. Wir muſsten nun ab¬ steigen und unsere Maulthiere hier lassen. Der Schnee ward bald sehr hoch und das Steigen sehr beschwer¬ lich. Unsere Führer riethen uns nur langsam zu ge¬ hen, und sie hatten Recht: aber die Herren ruhten zu oft absatzweise, und darin hatten diese nicht Recht. Methinks I smell the morning air, sagte der Major, und fuhr ganz drollig fort, als ein junger Lieutenant durch den hohlen Schnee auf ein Lavastück fiel und über den Fuſs klagte: Alack, what dangers do inviron the man that meddles with cold iron! Die Kälte des Morgens ward schneidend und die Engländer, die wohl in Aegypten und Malta eine solche Parthie nicht gemacht hatten, schüttelten sich wie die Matrosen. Endlich erreichten wir den Steinhaufen des so genann¬ ten Philosophenthurms, und die Sonne stieg eben glü¬ hend über die Berge von Kalabrien herauf und ver¬ goldete was wir von der Meerenge sehen konnten, die
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0312"n="286"/>
der Geiſshöhle an, die aber jetzt auſser Uebung kommt.<lb/>
Der Fürst von Paterno hat dort ein Haus gebaut, wo<lb/>
die Fremden eintreten und sich bey einem Feuer<lb/>
wärmen können. Das Haus ist schlecht genug, und<lb/>
ein deutscher Dorfschulze würde sich schämen, es<lb/>
nicht besser gemacht zu haben. Indessen ist es doch<lb/>
besser als nichts und vermuthlich bequemer als die<lb/>
Höhle. Hier blieben wir eine kleine Halbestunde, be¬<lb/>
stiegen wieder unsere Maulthiere und ritten nunmehr<lb/>
aus der waldigen Region in den Schnee hinein. Un¬<lb/>
gefähr eine Viertelstunde über dem Hause und der<lb/>
Höhle hörte die Vegetation ganz auf und der Schnee<lb/>
fing an hoch zu werden, der schon um das Haus her<lb/>
hier und da neu und alt lag. Wir muſsten nun ab¬<lb/>
steigen und unsere Maulthiere hier lassen. Der Schnee<lb/>
ward bald sehr hoch und das Steigen sehr beschwer¬<lb/>
lich. Unsere Führer riethen uns nur langsam zu ge¬<lb/>
hen, und sie hatten Recht: aber die Herren ruhten<lb/>
zu oft absatzweise, und darin hatten diese nicht Recht.<lb/><hirendition="#i">Methinks I smell the morning air</hi>, sagte der Major,<lb/>
und fuhr ganz drollig fort, als ein junger Lieutenant<lb/>
durch den hohlen Schnee auf ein Lavastück fiel und<lb/>
über den Fuſs klagte: <hirendition="#i">Alack</hi>, <hirendition="#i">what dangers do inviron<lb/>
the man that meddles with cold iron!</hi> Die Kälte des<lb/>
Morgens ward schneidend und die Engländer, die<lb/>
wohl in Aegypten und Malta eine solche Parthie nicht<lb/>
gemacht hatten, schüttelten sich wie die Matrosen.<lb/>
Endlich erreichten wir den Steinhaufen des so genann¬<lb/>
ten Philosophenthurms, und die Sonne stieg eben glü¬<lb/>
hend über die Berge von Kalabrien herauf und ver¬<lb/>
goldete was wir von der Meerenge sehen konnten, die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[286/0312]
der Geiſshöhle an, die aber jetzt auſser Uebung kommt.
Der Fürst von Paterno hat dort ein Haus gebaut, wo
die Fremden eintreten und sich bey einem Feuer
wärmen können. Das Haus ist schlecht genug, und
ein deutscher Dorfschulze würde sich schämen, es
nicht besser gemacht zu haben. Indessen ist es doch
besser als nichts und vermuthlich bequemer als die
Höhle. Hier blieben wir eine kleine Halbestunde, be¬
stiegen wieder unsere Maulthiere und ritten nunmehr
aus der waldigen Region in den Schnee hinein. Un¬
gefähr eine Viertelstunde über dem Hause und der
Höhle hörte die Vegetation ganz auf und der Schnee
fing an hoch zu werden, der schon um das Haus her
hier und da neu und alt lag. Wir muſsten nun ab¬
steigen und unsere Maulthiere hier lassen. Der Schnee
ward bald sehr hoch und das Steigen sehr beschwer¬
lich. Unsere Führer riethen uns nur langsam zu ge¬
hen, und sie hatten Recht: aber die Herren ruhten
zu oft absatzweise, und darin hatten diese nicht Recht.
Methinks I smell the morning air, sagte der Major,
und fuhr ganz drollig fort, als ein junger Lieutenant
durch den hohlen Schnee auf ein Lavastück fiel und
über den Fuſs klagte: Alack, what dangers do inviron
the man that meddles with cold iron! Die Kälte des
Morgens ward schneidend und die Engländer, die
wohl in Aegypten und Malta eine solche Parthie nicht
gemacht hatten, schüttelten sich wie die Matrosen.
Endlich erreichten wir den Steinhaufen des so genann¬
ten Philosophenthurms, und die Sonne stieg eben glü¬
hend über die Berge von Kalabrien herauf und ver¬
goldete was wir von der Meerenge sehen konnten, die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/312>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.