Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.nicht zutrauen sollte. Da ich eben nicht viel zu thun -- jamque volans apicem et latera ardua cernit Die Verse sind unvergleichlich schön und malerisch:Atlantis duri, coelum qui vertice fulcit; Atlantis, cinctum assidue cui nubibus atris Piniferum caput et vento pulsatur et imbre: Nix humeros infusa tegit: tum flumina mento Praecipitant senis, et glacie riget horrida barba. aber er bringt auf den obersten Scheitel Sturm und Regen, lässt Schnee auf die Schultern fallen, Flüsse aus dem Kinn strömen und weiter unten den Bart von Eis starren. Das ist nun alles ziemlich umge¬ kehrt, wenn ich meinem bisschen Erfahrung glaube. Ich weiss nicht was Heyne aus der Stelle gemacht hat. So weit oben werden überdiess wohl schwerlich noch Fichten wachsen. Ich überlasse es Dir, Deinen Lieb¬ ling zu vertheidigen; ich selbst bleibe hier mit meiner Hermenevtik etwas stecken. Wer in seinem Leben keine hohen Berge gesehen und bestiegen hat, nimmt so etwas freylich nicht genau. Schade um die schönen Verse. Diese Nacht begegneten uns viele französische nicht zutrauen sollte. Da ich eben nicht viel zu thun — jamque volans apicem et latera ardua cernit Die Verse sind unvergleichlich schön und malerisch:Atlantis duri, coelum qui vertice fulcit; Atlantis, cinctum assidue cui nubibus atris Piniferum caput et vento pulsatur et imbre: Nix humeros infusa tegit: tum flumina mento Praecipitant senis, et glacie riget horrida barba. aber er bringt auf den obersten Scheitel Sturm und Regen, läſst Schnee auf die Schultern fallen, Flüsse aus dem Kinn strömen und weiter unten den Bart von Eis starren. Das ist nun alles ziemlich umge¬ kehrt, wenn ich meinem biſschen Erfahrung glaube. Ich weiſs nicht was Heyne aus der Stelle gemacht hat. So weit oben werden überdieſs wohl schwerlich noch Fichten wachsen. Ich überlasse es Dir, Deinen Lieb¬ ling zu vertheidigen; ich selbst bleibe hier mit meiner Hermenevtik etwas stecken. Wer in seinem Leben keine hohen Berge gesehen und bestiegen hat, nimmt so etwas freylich nicht genau. Schade um die schönen Verse. Diese Nacht begegneten uns viele französische <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0356" n="330"/> nicht zutrauen sollte. Da ich eben nicht viel zu thun<lb/> habe, will ich Dir die Stelle ein wenig vorschulmei¬<lb/> stern. Merkur kommt von seinem Herrn Vater auf<lb/> der Ambassade zu Frau Dido hierher. Die Verse, heis¬<lb/> sen, wie sie in meinem Buche stehen:<lb/><lg type="poem"><l>— <hi rendition="#i">jamque volans apicem et latera ardua cernit</hi></l><lb/><l><hi rendition="#i">Atlantis duri</hi>, <hi rendition="#i">coelum qui vertice fulcit</hi>;</l><lb/><l><hi rendition="#i">Atlantis</hi>, <hi rendition="#i">cinctum assidue cui nubibus atris</hi></l><lb/><l><hi rendition="#i">Piniferum caput et vento pulsatur et imbre</hi>:</l><lb/><l><hi rendition="#i">Nix humeros infusa tegit</hi>: <hi rendition="#i">tum flumina mento</hi></l><lb/><l><hi rendition="#i">Praecipitant senis, et glacie riget horrida barba</hi>.</l><lb/></lg>Die Verse sind unvergleichlich schön und malerisch:<lb/> aber er bringt auf den obersten Scheitel Sturm und<lb/> Regen, läſst Schnee auf die Schultern fallen, Flüsse<lb/> aus dem Kinn strömen und weiter unten den Bart<lb/> von Eis starren. Das ist nun alles ziemlich umge¬<lb/> kehrt, wenn ich meinem biſschen Erfahrung glaube.<lb/> Ich weiſs nicht was Heyne aus der Stelle gemacht hat.<lb/> So weit oben werden überdieſs wohl schwerlich noch<lb/> Fichten wachsen. Ich überlasse es Dir, Deinen Lieb¬<lb/> ling zu vertheidigen; ich selbst bleibe hier mit meiner<lb/> Hermenevtik etwas stecken. Wer in seinem Leben<lb/> keine hohen Berge gesehen und bestiegen hat, nimmt<lb/> so etwas freylich nicht genau. Schade um die schönen<lb/> Verse.</p><lb/> <p>Diese Nacht begegneten uns viele französische<lb/> Schiffe, die ihre Landsleute von Tarent holen wollen.<lb/> Alles ist ungeduldig bald am Lande zu seyn; aber<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [330/0356]
nicht zutrauen sollte. Da ich eben nicht viel zu thun
habe, will ich Dir die Stelle ein wenig vorschulmei¬
stern. Merkur kommt von seinem Herrn Vater auf
der Ambassade zu Frau Dido hierher. Die Verse, heis¬
sen, wie sie in meinem Buche stehen:
— jamque volans apicem et latera ardua cernit
Atlantis duri, coelum qui vertice fulcit;
Atlantis, cinctum assidue cui nubibus atris
Piniferum caput et vento pulsatur et imbre:
Nix humeros infusa tegit: tum flumina mento
Praecipitant senis, et glacie riget horrida barba.
Die Verse sind unvergleichlich schön und malerisch:
aber er bringt auf den obersten Scheitel Sturm und
Regen, läſst Schnee auf die Schultern fallen, Flüsse
aus dem Kinn strömen und weiter unten den Bart
von Eis starren. Das ist nun alles ziemlich umge¬
kehrt, wenn ich meinem biſschen Erfahrung glaube.
Ich weiſs nicht was Heyne aus der Stelle gemacht hat.
So weit oben werden überdieſs wohl schwerlich noch
Fichten wachsen. Ich überlasse es Dir, Deinen Lieb¬
ling zu vertheidigen; ich selbst bleibe hier mit meiner
Hermenevtik etwas stecken. Wer in seinem Leben
keine hohen Berge gesehen und bestiegen hat, nimmt
so etwas freylich nicht genau. Schade um die schönen
Verse.
Diese Nacht begegneten uns viele französische
Schiffe, die ihre Landsleute von Tarent holen wollen.
Alles ist ungeduldig bald am Lande zu seyn; aber
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