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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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des Staats haben kann und darf. Niemand darf nehm¬
lich die Erlaubuiss haben seine Grundstücke mit La¬
sten zu verkaufen oder auf immer zu vergeben, son¬
dern muss sie durchaus rein veräussern. Nur durch
dieses Gesetz wird der Rückkehr des Feudalsystems
der Weg versperrt, werden alle Frohnverhältnisse,
alle Leistungen an Subordinierte, Emphyteusen,
alle Erbpachtungen aufgehoben. Denn alles dieses
ist der Weg zum Lehnssystem, und dieses der
Weg zu Ungerechtigkeiten aller Art und zur Skla¬
verey. Wo es noch erlaubt ist mit Lastklauseln Grund¬
stücke umzutauschen, kann in die länge keine wahre
Freyheit und Gerechtigkeit bestehen. Dagegen sind
wohl schwerlich gültige Einwendungen zu machen.
Wenn jemand zu viele Grundstücke hat, dass er sie
nicht durch sich und seine Familie verwalten oder
durch Pächter besorgen und bestellen lassen kann; so
hat er für den Staat in jeder Rücksicht zu viel; er ist
ihm zu reich. Er mag dann verkaufen, aber rein
verkaufen und ohne Bedingung, so theuer als er will.
Intermediäre Lasten können nicht bleiben; der Bürger
kann niemand Pflichten schuldig seyn als dem Staate:
und Bürger ist jeder, der nur einen Fuss Landes be¬
sitzt. In detrimentum reipublicae finden keine Besi¬
tzungen Statt. Es versteht sich von selbst, dass dann
alle Steuerkataster nach der Regel Detri gemacht wer¬
den; und die erste Realimmunität ist der erste Schritt
zur Despotie. So lange unsere Staaten nicht nach die¬
sen Grundsätzen gemacht werden, dürfen wir nicht
allgemeine Gerechtigkeit, nicht allgemeines Interesse,
nicht Festigkeit und Dauer erwarten. In Frankreich

des Staats haben kann und darf. Niemand darf nehm¬
lich die Erlaubuiſs haben seine Grundstücke mit La¬
sten zu verkaufen oder auf immer zu vergeben, son¬
dern muſs sie durchaus rein veräuſsern. Nur durch
dieses Gesetz wird der Rückkehr des Feudalsystems
der Weg versperrt, werden alle Frohnverhältnisse,
alle Leistungen an Subordinierte, Emphyteusen,
alle Erbpachtungen aufgehoben. Denn alles dieses
ist der Weg zum Lehnssystem, und dieses der
Weg zu Ungerechtigkeiten aller Art und zur Skla¬
verey. Wo es noch erlaubt ist mit Lastklauseln Grund¬
stücke umzutauschen, kann in die länge keine wahre
Freyheit und Gerechtigkeit bestehen. Dagegen sind
wohl schwerlich gültige Einwendungen zu machen.
Wenn jemand zu viele Grundstücke hat, daſs er sie
nicht durch sich und seine Familie verwalten oder
durch Pächter besorgen und bestellen lassen kann; so
hat er für den Staat in jeder Rücksicht zu viel; er ist
ihm zu reich. Er mag dann verkaufen, aber rein
verkaufen und ohne Bedingung, so theuer als er will.
Intermediäre Lasten können nicht bleiben; der Bürger
kann niemand Pflichten schuldig seyn als dem Staate:
und Bürger ist jeder, der nur einen Fuſs Landes be¬
sitzt. In detrimentum reipublicae finden keine Besi¬
tzungen Statt. Es versteht sich von selbst, daſs dann
alle Steuerkataster nach der Regel Detri gemacht wer¬
den; und die erste Realimmunität ist der erste Schritt
zur Despotie. So lange unsere Staaten nicht nach die¬
sen Grundsätzen gemacht werden, dürfen wir nicht
allgemeine Gerechtigkeit, nicht allgemeines Interesse,
nicht Festigkeit und Dauer erwarten. In Frankreich

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[460 /0488] des Staats haben kann und darf. Niemand darf nehm¬ lich die Erlaubuiſs haben seine Grundstücke mit La¬ sten zu verkaufen oder auf immer zu vergeben, son¬ dern muſs sie durchaus rein veräuſsern. Nur durch dieses Gesetz wird der Rückkehr des Feudalsystems der Weg versperrt, werden alle Frohnverhältnisse, alle Leistungen an Subordinierte, Emphyteusen, alle Erbpachtungen aufgehoben. Denn alles dieses ist der Weg zum Lehnssystem, und dieses der Weg zu Ungerechtigkeiten aller Art und zur Skla¬ verey. Wo es noch erlaubt ist mit Lastklauseln Grund¬ stücke umzutauschen, kann in die länge keine wahre Freyheit und Gerechtigkeit bestehen. Dagegen sind wohl schwerlich gültige Einwendungen zu machen. Wenn jemand zu viele Grundstücke hat, daſs er sie nicht durch sich und seine Familie verwalten oder durch Pächter besorgen und bestellen lassen kann; so hat er für den Staat in jeder Rücksicht zu viel; er ist ihm zu reich. Er mag dann verkaufen, aber rein verkaufen und ohne Bedingung, so theuer als er will. Intermediäre Lasten können nicht bleiben; der Bürger kann niemand Pflichten schuldig seyn als dem Staate: und Bürger ist jeder, der nur einen Fuſs Landes be¬ sitzt. In detrimentum reipublicae finden keine Besi¬ tzungen Statt. Es versteht sich von selbst, daſs dann alle Steuerkataster nach der Regel Detri gemacht wer¬ den; und die erste Realimmunität ist der erste Schritt zur Despotie. So lange unsere Staaten nicht nach die¬ sen Grundsätzen gemacht werden, dürfen wir nicht allgemeine Gerechtigkeit, nicht allgemeines Interesse, nicht Festigkeit und Dauer erwarten. In Frankreich

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 460 . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/488>, abgerufen am 22.11.2024.