man mir dort in den Wirthshäusern unter dem Na¬ men Champagner gab, kann ich nicht empfehlen. Ei¬ nige Stunden von Chalons schlief ich die Nacht an ei¬ nem Ort der Pogny heisst, und der seinem Namen nach vielleicht der Ort seyn kann, wo Attila sehr tra¬ gisch das Nonplusultra seiner Züge machte. Dann übernachtete ich in Longchamp, dann in Ligne en Barrois. In Nancy, wo ich Vormittags ankam, besah ich Nachmittags das Schloss und die Gärten, welche jetzt einen angenehmen öffentlichen Spaziergang ge¬ währen und ziemlich gut unterhalten werden. Hier hatte ich den 26sten July schon reife ziemlich gute Weintrauben. Der Professor Wilmet, den ich mit ei¬ nem Briefe von Paris besuchte, macht seinem hollän¬ dischen Namen durch wahre Philanthropie Ehre, ob er gleich weder deutsch noch holländisch spricht. Er ist Millins Pflegevater und spricht mit vieler Zärtlich¬ keit von ihm, so wie dieser oft mit kindlicher Dank¬ barkeit in Paris den Professor nannte. Wilmet war mit der deutschen Literatur und besonders mit dem Zustande der Chemie und Naturgeschichte in Deutsch¬ land sehr gut bekannt und schätzte die Genauigkeit und Gründlichkeit der deutschen Untersuchungen.
Von da ging ich über Toul immer nach Strass¬ burg herauf. Von Nancy aus pflegt man die Notiz auf den Wirthshausschildern in französischer und deutscher Sprache zu setzen, wo denn das Deutsche zuweilen toll genug aussieht. Bey Zabern ist die Gegend unge¬ wöhnlich schön und es muss in den Bergen hinauf romantische Parthien geben. Da ich den letzten Abend noch gern nach Strassburg wollte, nahm ich die letzte
man mir dort in den Wirthshäusern unter dem Na¬ men Champagner gab, kann ich nicht empfehlen. Ei¬ nige Stunden von Chalons schlief ich die Nacht an ei¬ nem Ort der Pogny heiſst, und der seinem Namen nach vielleicht der Ort seyn kann, wo Attila sehr tra¬ gisch das Nonplusultra seiner Züge machte. Dann übernachtete ich in Longchamp, dann in Ligne en Barrois. In Nancy, wo ich Vormittags ankam, besah ich Nachmittags das Schloſs und die Gärten, welche jetzt einen angenehmen öffentlichen Spaziergang ge¬ währen und ziemlich gut unterhalten werden. Hier hatte ich den 26sten July schon reife ziemlich gute Weintrauben. Der Professor Wilmet, den ich mit ei¬ nem Briefe von Paris besuchte, macht seinem hollän¬ dischen Namen durch wahre Philanthropie Ehre, ob er gleich weder deutsch noch holländisch spricht. Er ist Millins Pflegevater und spricht mit vieler Zärtlich¬ keit von ihm, so wie dieser oft mit kindlicher Dank¬ barkeit in Paris den Professor nannte. Wilmet war mit der deutschen Literatur und besonders mit dem Zustande der Chemie und Naturgeschichte in Deutsch¬ land sehr gut bekannt und schätzte die Genauigkeit und Gründlichkeit der deutschen Untersuchungen.
Von da ging ich über Toul immer nach Straſs¬ burg herauf. Von Nancy aus pflegt man die Notiz auf den Wirthshausschildern in französischer und deutscher Sprache zu setzen, wo denn das Deutsche zuweilen toll genug aussieht. Bey Zabern ist die Gegend unge¬ wöhnlich schön und es muſs in den Bergen hinauf romantische Parthien geben. Da ich den letzten Abend noch gern nach Straſsburg wollte, nahm ich die letzte
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man mir dort in den Wirthshäusern unter dem Na¬
men Champagner gab, kann ich nicht empfehlen. Ei¬
nige Stunden von Chalons schlief ich die Nacht an ei¬
nem Ort der Pogny heiſst, und der seinem Namen
nach vielleicht der Ort seyn kann, wo Attila sehr tra¬
gisch das Nonplusultra seiner Züge machte. Dann
übernachtete ich in Longchamp, dann in Ligne en
Barrois. In Nancy, wo ich Vormittags ankam, besah
ich Nachmittags das Schloſs und die Gärten, welche
jetzt einen angenehmen öffentlichen Spaziergang ge¬
währen und ziemlich gut unterhalten werden. Hier
hatte ich den 26sten July schon reife ziemlich gute
Weintrauben. Der Professor Wilmet, den ich mit ei¬
nem Briefe von Paris besuchte, macht seinem hollän¬
dischen Namen durch wahre Philanthropie Ehre, ob
er gleich weder deutsch noch holländisch spricht. Er
ist Millins Pflegevater und spricht mit vieler Zärtlich¬
keit von ihm, so wie dieser oft mit kindlicher Dank¬
barkeit in Paris den Professor nannte. Wilmet war
mit der deutschen Literatur und besonders mit dem
Zustande der Chemie und Naturgeschichte in Deutsch¬
land sehr gut bekannt und schätzte die Genauigkeit
und Gründlichkeit der deutschen Untersuchungen.
Von da ging ich über Toul immer nach Straſs¬
burg herauf. Von Nancy aus pflegt man die Notiz auf
den Wirthshausschildern in französischer und deutscher
Sprache zu setzen, wo denn das Deutsche zuweilen
toll genug aussieht. Bey Zabern ist die Gegend unge¬
wöhnlich schön und es muſs in den Bergen hinauf
romantische Parthien geben. Da ich den letzten Abend
noch gern nach Straſsburg wollte, nahm ich die letzte
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 475 . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/503>, abgerufen am 22.11.2024.
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