I must needs have the face of a smuggler. Meine Briefe wurden mir aus dem Taschenbuche genommen, und dazu musste ich einen goldnen Dukaten eventuelle Strafe niederlegen, weil ich gegen ein Gesetz gesün¬ digt hatte, dessen Existenz ich gar nicht wusste und zu wissen gar nicht gehalten bin. "Du sollst kein versiegeltes Blättchen in deinem Taschenbuche tragen." Der Henker kann so ein Gebot im Dekalogus suchen. Aus besonderer Güte, und da man doch am Ende wohl einsah, dass ich weder mit Brüssler Kanten handelte noch die Post betrügen wollte, erhielt ich die Briefe nach drey Tagen wieder zurück, ohne weitere Strafe, als dass man mir für den schönen vollwichtigen Duka¬ ten, nach der Kaisertaxe von welcher kein Kaufmann in der Residenz mehr etwas weiss, neue blecherne Zwölfkreuzerstücke gab. Uebrigens ging alles freund¬ lich und höflich her, an der Barriere, auf der Post, und auf der Polizey. Wider alles Vermuthen beküm¬ merte man sich um uns nun mit keiner Sylbe weiter, als dass man unsere Pässe dort behielt und sagte, bey der Abreise möchten wir sie wieder abholen. Sobald ich meine Empfehlungsbriefe von der Post wieder er¬ halten hatte, wandelte ich herum sie zu überliefern und meine Personalität vorzustellen. Die Herren wa¬ ren alle sehr freundschaftlich, und honorierten die Zettelchen mit wahrer Theilnahme. Ich könnte Dir hier mehrere brave Männer unserer Nation nennen, denen ich nicht unwillkommen war, und die ich hier zum ersten Mahl sah; aber Du bist mit ihrem Werth und ihrer Humanität schon mehr bekannt als ich.
Gestern war ich bey Füger, und hatte eine schöne
I must needs have the face of a smuggler. Meine Briefe wurden mir aus dem Taschenbuche genommen, und dazu muſste ich einen goldnen Dukaten eventuelle Strafe niederlegen, weil ich gegen ein Gesetz gesün¬ digt hatte, dessen Existenz ich gar nicht wuſste und zu wissen gar nicht gehalten bin. „Du sollst kein versiegeltes Blättchen in deinem Taschenbuche tragen.“ Der Henker kann so ein Gebot im Dekalogus suchen. Aus besonderer Güte, und da man doch am Ende wohl einsah, daſs ich weder mit Brüſsler Kanten handelte noch die Post betrügen wollte, erhielt ich die Briefe nach drey Tagen wieder zurück, ohne weitere Strafe, als daſs man mir für den schönen vollwichtigen Duka¬ ten, nach der Kaisertaxe von welcher kein Kaufmann in der Residenz mehr etwas weiſs, neue blecherne Zwölfkreuzerstücke gab. Uebrigens ging alles freund¬ lich und höflich her, an der Barriere, auf der Post, und auf der Polizey. Wider alles Vermuthen beküm¬ merte man sich um uns nun mit keiner Sylbe weiter, als daſs man unsere Pässe dort behielt und sagte, bey der Abreise möchten wir sie wieder abholen. Sobald ich meine Empfehlungsbriefe von der Post wieder er¬ halten hatte, wandelte ich herum sie zu überliefern und meine Personalität vorzustellen. Die Herren wa¬ ren alle sehr freundschaftlich, und honorierten die Zettelchen mit wahrer Theilnahme. Ich könnte Dir hier mehrere brave Männer unserer Nation nennen, denen ich nicht unwillkommen war, und die ich hier zum ersten Mahl sah; aber Du bist mit ihrem Werth und ihrer Humanität schon mehr bekannt als ich.
Gestern war ich bey Füger, und hatte eine schöne
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[26/0052]
I must needs have the face of a smuggler. Meine
Briefe wurden mir aus dem Taschenbuche genommen,
und dazu muſste ich einen goldnen Dukaten eventuelle
Strafe niederlegen, weil ich gegen ein Gesetz gesün¬
digt hatte, dessen Existenz ich gar nicht wuſste und
zu wissen gar nicht gehalten bin. „Du sollst kein
versiegeltes Blättchen in deinem Taschenbuche tragen.“
Der Henker kann so ein Gebot im Dekalogus suchen.
Aus besonderer Güte, und da man doch am Ende wohl
einsah, daſs ich weder mit Brüſsler Kanten handelte
noch die Post betrügen wollte, erhielt ich die Briefe
nach drey Tagen wieder zurück, ohne weitere Strafe,
als daſs man mir für den schönen vollwichtigen Duka¬
ten, nach der Kaisertaxe von welcher kein Kaufmann
in der Residenz mehr etwas weiſs, neue blecherne
Zwölfkreuzerstücke gab. Uebrigens ging alles freund¬
lich und höflich her, an der Barriere, auf der Post,
und auf der Polizey. Wider alles Vermuthen beküm¬
merte man sich um uns nun mit keiner Sylbe weiter,
als daſs man unsere Pässe dort behielt und sagte, bey
der Abreise möchten wir sie wieder abholen. Sobald
ich meine Empfehlungsbriefe von der Post wieder er¬
halten hatte, wandelte ich herum sie zu überliefern
und meine Personalität vorzustellen. Die Herren wa¬
ren alle sehr freundschaftlich, und honorierten die
Zettelchen mit wahrer Theilnahme. Ich könnte Dir
hier mehrere brave Männer unserer Nation nennen,
denen ich nicht unwillkommen war, und die ich hier
zum ersten Mahl sah; aber Du bist mit ihrem Werth
und ihrer Humanität schon mehr bekannt als ich.
Gestern war ich bey Füger, und hatte eine schöne
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/52>, abgerufen am 24.11.2024.
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