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Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.

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Westen/ ward ich verwundert/ zu hören/ daß ein
gantzer Tag erfordert werde/ diesen Berg zu be-
steigen/ und wieder herunter zu kommen/ da doch
dem Ansehen nach/ ich solchen nicht viel höher
schätzete/ als den Berg S. Maria di Soccorso, in
der Jnsul Capri, bey Neapolis; befande mich
aber sehr betrogen/ dann der mir im Gesicht ste-
hende Berge nur ein Vor-Gebürg war/ gestalten
ich im hinauf steigen befande/ daß solcher Berge
fünff oder sechs ob einander lagen/ die unten im
Thal nicht können gesehen werden. Die Vor-
stellung und Gemählde welche von diesem Ge-
bürg in den Reiß-Beschreibungen man siehet/
die haben unerfahrne Tropffen also entworffen.
Der eintzige Berg Horeb kan auf einmal nicht
übersehen; zugeschweigen/ daß auch der Berg
Sinai/ zu sampt dem Kloster St. Catharina/
und die umher gelegenen Gegend/ solte können
geschauet werden. Als ich nun bereits ziemlich
auf die Höhe kommen/ fande ich einen lebendigen
Quell-Brunnen/ von gar guten Wasser; und
besser hinauf eine Capelle/ der H. Junfrau Ma-
ria geweyhet. Hier/ um den dritten Theil der
Höhe/ fande ich Schnee/ jedoch nicht sonders
tieff; und begunte der Fußpfad zwischen hohen
Felsen/ gleichsam zweyen gegen einander stehen-
den Wänden/ die gar füglich durch eine Thür
zusperren/ aufwarts zulauffen/ da eine kleine
Ebne/ und auf solcher/ vier kleiner Capellen/ zu

bey-

Das andere Buch.
Weſten/ ward ich verwundert/ zu hören/ daß ein
gantzer Tag erfordert werde/ dieſen Berg zu be-
ſteigen/ und wieder herunter zu kommen/ da doch
dem Anſehen nach/ ich ſolchen nicht viel höher
ſchätzete/ als den Berg S. Maria di Soccorſo, in
der Jnſul Capri, bey Neapolis; befande mich
aber ſehr betrogen/ dann der mir im Geſicht ſte-
hende Berge nur ein Vor-Gebürg war/ geſtalten
ich im hinauf ſteigen befande/ daß ſolcher Berge
fünff oder ſechs ob einander lagen/ die unten im
Thal nicht können geſehen werden. Die Vor-
ſtellung und Gemählde welche von dieſem Ge-
bürg in den Reiß-Beſchreibungen man ſiehet/
die haben unerfahrne Tropffen alſo entworffen.
Der eintzige Berg Horeb kan auf einmal nicht
überſehen; zugeſchweigen/ daß auch der Berg
Sinai/ zu ſampt dem Kloſter St. Catharina/
und die umher gelegenen Gegend/ ſolte können
geſchauet werden. Als ich nun bereits ziemlich
auf die Höhe kommen/ fande ich einen lebendigen
Quell-Brunnen/ von gar guten Waſſer; und
beſſer hinauf eine Capelle/ der H. Junfrau Ma-
ria geweyhet. Hier/ um den dritten Theil der
Höhe/ fande ich Schnee/ jedoch nicht ſonders
tieff; und begunte der Fußpfad zwiſchen hohen
Felſen/ gleichſam zweyen gegen einander ſtehen-
den Wänden/ die gar füglich durch eine Thür
zuſperren/ aufwarts zulauffen/ da eine kleine
Ebne/ und auf ſolcher/ vier kleiner Capellen/ zu

bey-
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[404/0514] Das andere Buch. Weſten/ ward ich verwundert/ zu hören/ daß ein gantzer Tag erfordert werde/ dieſen Berg zu be- ſteigen/ und wieder herunter zu kommen/ da doch dem Anſehen nach/ ich ſolchen nicht viel höher ſchätzete/ als den Berg S. Maria di Soccorſo, in der Jnſul Capri, bey Neapolis; befande mich aber ſehr betrogen/ dann der mir im Geſicht ſte- hende Berge nur ein Vor-Gebürg war/ geſtalten ich im hinauf ſteigen befande/ daß ſolcher Berge fünff oder ſechs ob einander lagen/ die unten im Thal nicht können geſehen werden. Die Vor- ſtellung und Gemählde welche von dieſem Ge- bürg in den Reiß-Beſchreibungen man ſiehet/ die haben unerfahrne Tropffen alſo entworffen. Der eintzige Berg Horeb kan auf einmal nicht überſehen; zugeſchweigen/ daß auch der Berg Sinai/ zu ſampt dem Kloſter St. Catharina/ und die umher gelegenen Gegend/ ſolte können geſchauet werden. Als ich nun bereits ziemlich auf die Höhe kommen/ fande ich einen lebendigen Quell-Brunnen/ von gar guten Waſſer; und beſſer hinauf eine Capelle/ der H. Junfrau Ma- ria geweyhet. Hier/ um den dritten Theil der Höhe/ fande ich Schnee/ jedoch nicht ſonders tieff; und begunte der Fußpfad zwiſchen hohen Felſen/ gleichſam zweyen gegen einander ſtehen- den Wänden/ die gar füglich durch eine Thür zuſperren/ aufwarts zulauffen/ da eine kleine Ebne/ und auf ſolcher/ vier kleiner Capellen/ zu bey-

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Zitationshilfe: Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seyfried_medulla_1679/514>, abgerufen am 22.11.2024.