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Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.

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Von der Natur.
bracht/ und männiglich gezeiget hat. Sie ver-
meldete ihme/ daß sie wäre aus Königlichen Ge-
schlecht geboren/ vor Zeiten aber hieher verflucht/
und in ein solch Monstrum verwandelt worden/
könne auch anderer Gestalt ihr nicht geholffen wer-
den/ es sey dann/ daß ein reiner keuscher Jüngling
sie dreymal küsse. Er zwar/ habe auf solch ihre
Anzeig sie zweymal geküsset/ sie hätte aber jedes-
mal so erschrecklich und grausam sich gebärdet/
daß er aus befahren/ er möchte von ihr gar zer-
rissen werden/ zum drittenmal es nicht wagen
wollen. Nach der Zeit hat dieser Schneider in
diese Höle nicht mehr können hinein kommen/
auch so gar derselben Eingang nicht mehr finden
mögen. Nach Verfliessen etlicher Jahre/ ist
ein anderer Burger zu Basel/ in Hoffnung seiner
Armut Rath zu schaffen/ hinein gangen/ hat
aber darinnen nichts/ als Menschen-Gebein ge-
funden/ worüber er bestürtzet worden/ im Heraus-
eylen einen plötzlichen Fall/ dadurch aber ihme
also Wehe gethan/ daß er am dritten Tag her-
nach/ gestorben ist. Praetorius Stumpf und
Harsdörffer.

9. Jn vorigen Seculo, lebete in der
Stadt Schweinitz ein Mann Namens Johann
Beer. Als dieser seiner Gewohnheit nach/ im
Jahr 1570. an deme gemeldter Stadt nahe ge-
legenen/ also genandten Zotten-Berge umher
spatzierete/ ward er an einem Ort des Gebürgs/
einer zu vor niemals bemerckten Oeffnung ge-

war;
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Von der Natur.
bracht/ und männiglich gezeiget hat. Sie ver-
meldete ihme/ daß ſie wäre aus Königlichen Ge-
ſchlecht geboren/ vor Zeiten aber hieher verflucht/
und in ein ſolch Monſtrum verwandelt worden/
könne auch andeꝛer Geſtalt ihr nicht geholffẽ wer-
den/ es ſey dann/ daß ein reiner keuſcher Jüngling
ſie dreymal küſſe. Er zwar/ habe auf ſolch ihre
Anzeig ſie zweymal geküſſet/ ſie hätte aber jedes-
mal ſo erſchrecklich und grauſam ſich gebärdet/
daß er aus befahren/ er möchte von ihr gar zer-
riſſen werden/ zum drittenmal es nicht wagen
wollen. Nach der Zeit hat dieſer Schneider in
dieſe Höle nicht mehr können hinein kommen/
auch ſo gar derſelben Eingang nicht mehr finden
mögen. Nach Verflieſſen etlicher Jahre/ iſt
ein anderer Burger zu Baſel/ in Hoffnung ſeiner
Armut Rath zu ſchaffen/ hinein gangen/ hat
aber darinnen nichts/ als Menſchen-Gebein ge-
funden/ worüber er beſtürtzet worden/ im Heraus-
eylen einen plötzlichen Fall/ dadurch aber ihme
alſo Wehe gethan/ daß er am dritten Tag her-
nach/ geſtorben iſt. Prætorius Stumpf und
Harsdörffer.

9. Jn vorigen Seculo, lebete in der
Stadt Schweinitz ein Mann Namens Johann
Beer. Als dieſer ſeiner Gewohnheit nach/ im
Jahr 1570. an deme gemeldter Stadt nahe ge-
legenen/ alſo genandten Zotten-Berge umher
ſpatzierete/ ward er an einem Ort des Gebürgs/
einer zu vor niemals bemerckten Oeffnung ge-

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[485/0613] Von der Natur. bracht/ und männiglich gezeiget hat. Sie ver- meldete ihme/ daß ſie wäre aus Königlichen Ge- ſchlecht geboren/ vor Zeiten aber hieher verflucht/ und in ein ſolch Monſtrum verwandelt worden/ könne auch andeꝛer Geſtalt ihr nicht geholffẽ wer- den/ es ſey dann/ daß ein reiner keuſcher Jüngling ſie dreymal küſſe. Er zwar/ habe auf ſolch ihre Anzeig ſie zweymal geküſſet/ ſie hätte aber jedes- mal ſo erſchrecklich und grauſam ſich gebärdet/ daß er aus befahren/ er möchte von ihr gar zer- riſſen werden/ zum drittenmal es nicht wagen wollen. Nach der Zeit hat dieſer Schneider in dieſe Höle nicht mehr können hinein kommen/ auch ſo gar derſelben Eingang nicht mehr finden mögen. Nach Verflieſſen etlicher Jahre/ iſt ein anderer Burger zu Baſel/ in Hoffnung ſeiner Armut Rath zu ſchaffen/ hinein gangen/ hat aber darinnen nichts/ als Menſchen-Gebein ge- funden/ worüber er beſtürtzet worden/ im Heraus- eylen einen plötzlichen Fall/ dadurch aber ihme alſo Wehe gethan/ daß er am dritten Tag her- nach/ geſtorben iſt. Prætorius Stumpf und Harsdörffer. 9. Jn vorigen Seculo, lebete in der Stadt Schweinitz ein Mann Namens Johann Beer. Als dieſer ſeiner Gewohnheit nach/ im Jahr 1570. an deme gemeldter Stadt nahe ge- legenen/ alſo genandten Zotten-Berge umher ſpatzierete/ ward er an einem Ort des Gebürgs/ einer zu vor niemals bemerckten Oeffnung ge- war; H h iij

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Zitationshilfe: Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seyfried_medulla_1679/613>, abgerufen am 22.11.2024.