Dagenham in Essex stammenden Abramiden auszusprechen, welchen Yarrell1) gleichfalls als einen mit eilf oberen Längs-Schuppenreihen ausgestatteten Cypr. Buggenhagii beschrieben und abgebildet hat.
Einmal auf die Möglichkeit einer Bastardbildung aufmerksam geworden, konnte ich nicht umhin, noch zwei andere 12 und 13 Zoll lange, 3 und 31/4 Zoll hohe Cyprinoiden, die ich aus dem Starenberger See erhalten hatte, als Ba- starde zu verdächtigen, indem beide mit 15 weichen, zertheilten Afterflossen- Strahlen versehen sind und eine Zahnformel, nämlich 6--5 nebst Zahnbil- dung wie Abramidopsis Leuckartii besitzen, aber ausserdem von diesem Abra- miden durch folgende Organisations-Verhältnisse auffallend verschieden er- scheinen. Ihr fast unterständiges Maul wird von einer sehr angeschwollenen Schnauze überwölbt, die Beschuppung verhält sich wie bei Bliccopsis, das heisst, die Schuppen stehen oberhalb der Seitenlinie in acht und unterhalb derselben in vier Längsreihen. Die Rückennath fehlt bei beiden Individuen, bei dem einen Individuum zeigen sich die Schuppen auf dem Vorderrücken sehr klein und unvollständig entwickelt und zugleich sehr unregelmässig ge- ordnet. Zwischen Bauchflossen und After ist eine von Schuppen bedeckte stumpfe Kante vorhanden. Die Rückenflosse erscheint weniger steil abge- stutzt und weniger hoch als bei den eigentlichen Abramiden, daher dieselbe zurückgelegt mit ihrem vordern Winkel den hinteren Winkel nicht überragt. Die Schlundknochen besitzen einen sehr derben Knochenbau und halten in ihrer Form die Mitte zwischen Abramidopsis und Bliccopsis. Der sehr nie- drige und zugleich sehr langgestreckte Leib trägt mit am meisten bei, diesen Fischen eine von Abramidopsis und Bliccopsis so sehr abweichende Form zu verleihen, die vielleicht durch eine Bastardirung des Abramis melanops ent- standen sein könnte.
Wenn ich diejenigen Cyprinoiden näher bezeichnen soll, welche zu den als Abramidopsis und Bliccopsis beschriebenen Bastardbildungen mit- gewirkt haben mögen, so glaube ich die Vermuthung aussprechen zu müssen, dass auf der einen Seite Abramis Brama oder Blicca Björkna und auf der anderen Seite Scardinius erythrophthalmus oder Leuciscus rutilus zu be- schuldigen sein werden, an diesen Kreuzungen Antheil genommen zu haben. Dem Einfluss der zuletzt genannten beiden Cyprinoiden hat die für Abramis und Blicca charakteristische Vorderrücken-Furche und hintere Bauch-Furche weichen müssen; durch denselben Einfluss musste die denselben Abramiden eigenthümliche vielstrahlige Afterflosse einen Theil ihrer Strahlen einbüssen, und durch denselben Einfluss musste ferner an diesen Abramiden die Rüc- kenflosse ihre steile Spitze verlieren und die untere Schwanzflossen-Spitze sich verkürzen. Auch die Zahl der Längs-Schuppenreihen wird sich unter dem Einflusse von Scardinius oder Leuciscus an den genannten Abramiden
1) S. dessen: History of british fishes. Vol. I. 1841. pag. 391.
Gattung: Bliccopsis.
Dagenham in Essex stammenden Abramiden auszusprechen, welchen Yarrell1) gleichfalls als einen mit eilf oberen Längs-Schuppenreihen ausgestatteten Cypr. Buggenhagii beschrieben und abgebildet hat.
Einmal auf die Möglichkeit einer Bastardbildung aufmerksam geworden, konnte ich nicht umhin, noch zwei andere 12 und 13 Zoll lange, 3 und 3¼ Zoll hohe Cyprinoiden, die ich aus dem Starenberger See erhalten hatte, als Ba- starde zu verdächtigen, indem beide mit 15 weichen, zertheilten Afterflossen- Strahlen versehen sind und eine Zahnformel, nämlich 6—5 nebst Zahnbil- dung wie Abramidopsis Leuckartii besitzen, aber ausserdem von diesem Abra- miden durch folgende Organisations-Verhältnisse auffallend verschieden er- scheinen. Ihr fast unterständiges Maul wird von einer sehr angeschwollenen Schnauze überwölbt, die Beschuppung verhält sich wie bei Bliccopsis, das heisst, die Schuppen stehen oberhalb der Seitenlinie in acht und unterhalb derselben in vier Längsreihen. Die Rückennath fehlt bei beiden Individuen, bei dem einen Individuum zeigen sich die Schuppen auf dem Vorderrücken sehr klein und unvollständig entwickelt und zugleich sehr unregelmässig ge- ordnet. Zwischen Bauchflossen und After ist eine von Schuppen bedeckte stumpfe Kante vorhanden. Die Rückenflosse erscheint weniger steil abge- stutzt und weniger hoch als bei den eigentlichen Abramiden, daher dieselbe zurückgelegt mit ihrem vordern Winkel den hinteren Winkel nicht überragt. Die Schlundknochen besitzen einen sehr derben Knochenbau und halten in ihrer Form die Mitte zwischen Abramidopsis und Bliccopsis. Der sehr nie- drige und zugleich sehr langgestreckte Leib trägt mit am meisten bei, diesen Fischen eine von Abramidopsis und Bliccopsis so sehr abweichende Form zu verleihen, die vielleicht durch eine Bastardirung des Abramis melanops ent- standen sein könnte.
Wenn ich diejenigen Cyprinoiden näher bezeichnen soll, welche zu den als Abramidopsis und Bliccopsis beschriebenen Bastardbildungen mit- gewirkt haben mögen, so glaube ich die Vermuthung aussprechen zu müssen, dass auf der einen Seite Abramis Brama oder Blicca Björkna und auf der anderen Seite Scardinius erythrophthalmus oder Leuciscus rutilus zu be- schuldigen sein werden, an diesen Kreuzungen Antheil genommen zu haben. Dem Einfluss der zuletzt genannten beiden Cyprinoiden hat die für Abramis und Blicca charakteristische Vorderrücken-Furche und hintere Bauch-Furche weichen müssen; durch denselben Einfluss musste die denselben Abramiden eigenthümliche vielstrahlige Afterflosse einen Theil ihrer Strahlen einbüssen, und durch denselben Einfluss musste ferner an diesen Abramiden die Rüc- kenflosse ihre steile Spitze verlieren und die untere Schwanzflossen-Spitze sich verkürzen. Auch die Zahl der Längs-Schuppenreihen wird sich unter dem Einflusse von Scardinius oder Leuciscus an den genannten Abramiden
1) S. dessen: History of british fishes. Vol. I. 1841. pag. 391.
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[151/0164]
Gattung: Bliccopsis.
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gleichfalls als einen mit eilf oberen Längs-Schuppenreihen ausgestatteten
Cypr. Buggenhagii beschrieben und abgebildet hat.
Einmal auf die Möglichkeit einer Bastardbildung aufmerksam geworden,
konnte ich nicht umhin, noch zwei andere 12 und 13 Zoll lange, 3 und 3¼ Zoll
hohe Cyprinoiden, die ich aus dem Starenberger See erhalten hatte, als Ba-
starde zu verdächtigen, indem beide mit 15 weichen, zertheilten Afterflossen-
Strahlen versehen sind und eine Zahnformel, nämlich 6—5 nebst Zahnbil-
dung wie Abramidopsis Leuckartii besitzen, aber ausserdem von diesem Abra-
miden durch folgende Organisations-Verhältnisse auffallend verschieden er-
scheinen. Ihr fast unterständiges Maul wird von einer sehr angeschwollenen
Schnauze überwölbt, die Beschuppung verhält sich wie bei Bliccopsis, das
heisst, die Schuppen stehen oberhalb der Seitenlinie in acht und unterhalb
derselben in vier Längsreihen. Die Rückennath fehlt bei beiden Individuen,
bei dem einen Individuum zeigen sich die Schuppen auf dem Vorderrücken
sehr klein und unvollständig entwickelt und zugleich sehr unregelmässig ge-
ordnet. Zwischen Bauchflossen und After ist eine von Schuppen bedeckte
stumpfe Kante vorhanden. Die Rückenflosse erscheint weniger steil abge-
stutzt und weniger hoch als bei den eigentlichen Abramiden, daher dieselbe
zurückgelegt mit ihrem vordern Winkel den hinteren Winkel nicht überragt.
Die Schlundknochen besitzen einen sehr derben Knochenbau und halten
in ihrer Form die Mitte zwischen Abramidopsis und Bliccopsis. Der sehr nie-
drige und zugleich sehr langgestreckte Leib trägt mit am meisten bei, diesen
Fischen eine von Abramidopsis und Bliccopsis so sehr abweichende Form zu
verleihen, die vielleicht durch eine Bastardirung des Abramis melanops ent-
standen sein könnte.
Wenn ich diejenigen Cyprinoiden näher bezeichnen soll, welche zu
den als Abramidopsis und Bliccopsis beschriebenen Bastardbildungen mit-
gewirkt haben mögen, so glaube ich die Vermuthung aussprechen zu
müssen, dass auf der einen Seite Abramis Brama oder Blicca Björkna und auf
der anderen Seite Scardinius erythrophthalmus oder Leuciscus rutilus zu be-
schuldigen sein werden, an diesen Kreuzungen Antheil genommen zu haben.
Dem Einfluss der zuletzt genannten beiden Cyprinoiden hat die für Abramis
und Blicca charakteristische Vorderrücken-Furche und hintere Bauch-Furche
weichen müssen; durch denselben Einfluss musste die denselben Abramiden
eigenthümliche vielstrahlige Afterflosse einen Theil ihrer Strahlen einbüssen,
und durch denselben Einfluss musste ferner an diesen Abramiden die Rüc-
kenflosse ihre steile Spitze verlieren und die untere Schwanzflossen-Spitze
sich verkürzen. Auch die Zahl der Längs-Schuppenreihen wird sich unter
dem Einflusse von Scardinius oder Leuciscus an den genannten Abramiden
1) S. dessen: History of british fishes. Vol. I. 1841. pag. 391.
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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/164>, abgerufen am 16.02.2025.
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