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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Gattung: Leuciscus.

Der Frauenfisch, dessen genauere Kenntniss wir hauptsächlich Heckel 1)
zu verdanken haben, weicht von den anderen Leuciscus-Arten auffallend ab,
indem derselbe einen niedrigen Rücken besitzt und sein Körper sehr langge-
streckt und cylindrisch erscheint. Der Kopf desselben zeigt sich vorn abge-
stumpft, die Nase ist aufgetrieben und die Stirne sehr breit. Von der stum-
pfen Nase erhebt sich das Profil des Vorderendes dieses Fisches über die
Stirne hinweg bis gegen die Rückenflosse hin in einem sanften und ununter-
brochenen Bogen. Die beiden Augen sind klein. Die Schuppen fallen durch
ihre Kleinheit besonders auf; sie stehen oberhalb der Seitenlinie in zehn Längs-
reihen, während bei L. Virgo und rutilus in derselben Gegend nur sieben
Längs-Schuppenreihen gezählt werden können.

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 32.


Schlundknochen und Schlundzähne. a. Vorderseite eines hinteren unabgeschliffenen Zahnes.

Die Schlundknochen des Frauenfisches sind zwar kräftig entwickelt, be-
sitzen aber doch im Vergleich zu den Schlundknochen des Frauen-Nerfling
einen weniger gedrungenen Bau. Keiner der Schlundzähne besitzt Einker-
bungen, nur hier und da wird an der Krone des letzten und vorletzten Zahnes
ein stumpfer Haken bemerkt. Die Zähne sind sämmtlich sehr plump und wul-
stig gebildet, von denen die drei bis vier Vorderzähne eine kugel- oder eiför-
mige Krone besitzen.

Die Färbung des Frauenfisches bietet nichts auffallendes dar. Der Rücken
erscheint schwärzlichgrün, welche Farbe an den Seiten herab nach und nach
erblasst und der weissen Farbe Platz macht; die Brustflossen, die Rücken-
und Schwanzflosse sind grau gefärbt, Afterflosse und Bauchflossen mehr oder
weniger blassroth.

An Grösse übertrifft der Frauenfisch, dessen Fleisch nicht eben sehr ge-
schätzt wird, alle übrigen Cyprinoiden. Er kann eine Länge von 26 Zoll und

1) Heckel hat mit sehr richtigem Blicke (Nr. 11 g. a. a. O.) die Art-Rechte des
L. Meidingeri erkannt und die ältere Bezeichnung Leuciscus Grislagine für diesen Fisch zu-
rückgewiesen, da dieser Name mit Linne's Cyprinus Grislagine verwechselt werden könnte.
Mit der Deutung dieses letzteren Cyprinus ist jedoch Heckel, wie weiter unten bei Be-
sprechung des Squalius Leuciscus gezeigt werden wird, nicht so glücklich gewesen.
Gattung: Leuciscus.

Der Frauenfisch, dessen genauere Kenntniss wir hauptsächlich Heckel 1)
zu verdanken haben, weicht von den anderen Leuciscus-Arten auffallend ab,
indem derselbe einen niedrigen Rücken besitzt und sein Körper sehr langge-
streckt und cylindrisch erscheint. Der Kopf desselben zeigt sich vorn abge-
stumpft, die Nase ist aufgetrieben und die Stirne sehr breit. Von der stum-
pfen Nase erhebt sich das Profil des Vorderendes dieses Fisches über die
Stirne hinweg bis gegen die Rückenflosse hin in einem sanften und ununter-
brochenen Bogen. Die beiden Augen sind klein. Die Schuppen fallen durch
ihre Kleinheit besonders auf; sie stehen oberhalb der Seitenlinie in zehn Längs-
reihen, während bei L. Virgo und rutilus in derselben Gegend nur sieben
Längs-Schuppenreihen gezählt werden können.

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 32.


Schlundknochen und Schlundzähne. a. Vorderseite eines hinteren unabgeschliffenen Zahnes.

Die Schlundknochen des Frauenfisches sind zwar kräftig entwickelt, be-
sitzen aber doch im Vergleich zu den Schlundknochen des Frauen-Nerfling
einen weniger gedrungenen Bau. Keiner der Schlundzähne besitzt Einker-
bungen, nur hier und da wird an der Krone des letzten und vorletzten Zahnes
ein stumpfer Haken bemerkt. Die Zähne sind sämmtlich sehr plump und wul-
stig gebildet, von denen die drei bis vier Vorderzähne eine kugel- oder eiför-
mige Krone besitzen.

Die Färbung des Frauenfisches bietet nichts auffallendes dar. Der Rücken
erscheint schwärzlichgrün, welche Farbe an den Seiten herab nach und nach
erblasst und der weissen Farbe Platz macht; die Brustflossen, die Rücken-
und Schwanzflosse sind grau gefärbt, Afterflosse und Bauchflossen mehr oder
weniger blassroth.

An Grösse übertrifft der Frauenfisch, dessen Fleisch nicht eben sehr ge-
schätzt wird, alle übrigen Cyprinoiden. Er kann eine Länge von 26 Zoll und

1) Heckel hat mit sehr richtigem Blicke (Nr. 11 g. a. a. O.) die Art-Rechte des
L. Meidingeri erkannt und die ältere Bezeichnung Leuciscus Grislagine für diesen Fisch zu-
rückgewiesen, da dieser Name mit Linné’s Cyprinus Grislagine verwechselt werden könnte.
Mit der Deutung dieses letzteren Cyprinus ist jedoch Heckel, wie weiter unten bei Be-
sprechung des Squalius Leuciscus gezeigt werden wird, nicht so glücklich gewesen.
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[197/0210] Gattung: Leuciscus. Der Frauenfisch, dessen genauere Kenntniss wir hauptsächlich Heckel 1) zu verdanken haben, weicht von den anderen Leuciscus-Arten auffallend ab, indem derselbe einen niedrigen Rücken besitzt und sein Körper sehr langge- streckt und cylindrisch erscheint. Der Kopf desselben zeigt sich vorn abge- stumpft, die Nase ist aufgetrieben und die Stirne sehr breit. Von der stum- pfen Nase erhebt sich das Profil des Vorderendes dieses Fisches über die Stirne hinweg bis gegen die Rückenflosse hin in einem sanften und ununter- brochenen Bogen. Die beiden Augen sind klein. Die Schuppen fallen durch ihre Kleinheit besonders auf; sie stehen oberhalb der Seitenlinie in zehn Längs- reihen, während bei L. Virgo und rutilus in derselben Gegend nur sieben Längs-Schuppenreihen gezählt werden können. [Abbildung] [Abbildung Fig. 32. Schlundknochen und Schlundzähne. a. Vorderseite eines hinteren unabgeschliffenen Zahnes. ] Die Schlundknochen des Frauenfisches sind zwar kräftig entwickelt, be- sitzen aber doch im Vergleich zu den Schlundknochen des Frauen-Nerfling einen weniger gedrungenen Bau. Keiner der Schlundzähne besitzt Einker- bungen, nur hier und da wird an der Krone des letzten und vorletzten Zahnes ein stumpfer Haken bemerkt. Die Zähne sind sämmtlich sehr plump und wul- stig gebildet, von denen die drei bis vier Vorderzähne eine kugel- oder eiför- mige Krone besitzen. Die Färbung des Frauenfisches bietet nichts auffallendes dar. Der Rücken erscheint schwärzlichgrün, welche Farbe an den Seiten herab nach und nach erblasst und der weissen Farbe Platz macht; die Brustflossen, die Rücken- und Schwanzflosse sind grau gefärbt, Afterflosse und Bauchflossen mehr oder weniger blassroth. An Grösse übertrifft der Frauenfisch, dessen Fleisch nicht eben sehr ge- schätzt wird, alle übrigen Cyprinoiden. Er kann eine Länge von 26 Zoll und 1) Heckel hat mit sehr richtigem Blicke (Nr. 11 g. a. a. O.) die Art-Rechte des L. Meidingeri erkannt und die ältere Bezeichnung Leuciscus Grislagine für diesen Fisch zu- rückgewiesen, da dieser Name mit Linné’s Cyprinus Grislagine verwechselt werden könnte. Mit der Deutung dieses letzteren Cyprinus ist jedoch Heckel, wie weiter unten bei Be- sprechung des Squalius Leuciscus gezeigt werden wird, nicht so glücklich gewesen.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/210>, abgerufen am 21.11.2024.