Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

Gattung: Coregonus.
erreichen, dagegen wird derselbe nie in so grosser Anzahl als der Coreg.
Wartmanni
gefangen, was die Fischer um so weniger zu bedauern haben,
als die Bodenrenke in Güte und Zartheit des Fleisches der gemeinen Renke
bei weitem nachsteht und deshalb auch minder geschätzt wird.

Die Laichzeit des Coreg. Fera tritt gegen Ende des November ein 1). Um
diese Zeit nähert sich die Bodenrenke, welche sich gewöhnlich in sehr grosser
Tiefe aufhält, den flacheren Uferstellen, um auf steinigem oder kiesigen
Boden den Laich abzusetzen. Aus diesem Grunde hat diese Renke die Na-
men "Bodenrenke" oder "Sandfelchen" erhalten. Auch Jurine giebt an, dass
der Coreg. Fera an seichten Stellen laicht, mag sich aber darin geirrt haben,
dass er seine Laichzeit in den Monat Februar versetzt 2).

Die während der Fortpflanzungsperiode auf den Schuppen der Leibes-
seiten sich erhebenden Epithelium-Verdichtungen verhalten sich bei den
Bodenrenken ganz ebenso wie bei den gemeinen Renken. Bei der Verglei-
chung der colorirten Abbildungen in der schon mehrmals erwähnten und für
Nenning's Bodensee-Fische bestimmt gewesenen Iconographie war ich sehr
überrascht, an dem Sandfelchen jenen Hautausschlag durch sieben weisse
Längsstreifen angedeutet zu finden.

Indem der Coreg. Fera mit Senknetzen zuweilen aus sehr grosser Tiefe
herausgefischt wird, zeigt sich an einem solchen Individuum eine Erschei-
nung, welche in Oestreich die Veranlassung gegeben hat, diesen Fisch mit dem
passenden Namen "Kröpfling" zu bezeichnen. Bei dem Heraufziehen der sehr
tief gefangenen Bodenrenken dehnt sich nämlich die in ihrer Schwimmblase
eingeschlossene Luft, welche in der Tiefe des Wassers unter einem sehr star-
ken Druck comprimirt war, ungemein aus, wodurch die Bauchhöhle dieser
Fische, besonders der geräumigere und nachgiebigere Vordertheil derselben
sich kropfartig erweitert. Auf diese Erscheinung, die ich an Bodenrenken
des Schliersee deutlich wahrgenommen habe, mag sich auch jener Unter-
schied gründen, den bereits Mangolt (a. a. O. pag. 27) zwischen Blaufelchen
und Sandfelchen hervorhebt, indem er sagt: "dann so der Sandfelch geschla-
gen wird, so schwebt er empor, wenn aber der Blaufelch geschlagen wird;
so fällt er zu Boden".

Nicht bloss Mangolt hatte den Bodenrenken oder Sandfelchen als beson-
deren Salmoneer des Bodensees erwähnt, sondern auch von Rondelet 3) wurde
bereits derselbe Fisch unter dem Namen "Ferra" oder "Farra" als besonderer

1) Nach den Aussagen der am Bodensee von mir befragten Fischer soll die Bodenrenke
immer 14 Tage früher als die gemeine Renke laichen. Schon Mangolt (a. a. O. pag. 27)
machte hierüber ganz dieselbe Mittheilung.
2) S. dessen: Hist. d. poissons du lac Leman a. a. O. pag. 193.
3) Vergl. dessen: Aquatil. histor. pars altera. pag. 164. cap. 18. (Die Abbildung dazu
befindet sich auf pag. 156).

Gattung: Coregonus.
erreichen, dagegen wird derselbe nie in so grosser Anzahl als der Coreg.
Wartmanni
gefangen, was die Fischer um so weniger zu bedauern haben,
als die Bodenrenke in Güte und Zartheit des Fleisches der gemeinen Renke
bei weitem nachsteht und deshalb auch minder geschätzt wird.

Die Laichzeit des Coreg. Fera tritt gegen Ende des November ein 1). Um
diese Zeit nähert sich die Bodenrenke, welche sich gewöhnlich in sehr grosser
Tiefe aufhält, den flacheren Uferstellen, um auf steinigem oder kiesigen
Boden den Laich abzusetzen. Aus diesem Grunde hat diese Renke die Na-
men »Bodenrenke« oder »Sandfelchen« erhalten. Auch Jurine giebt an, dass
der Coreg. Fera an seichten Stellen laicht, mag sich aber darin geirrt haben,
dass er seine Laichzeit in den Monat Februar versetzt 2).

Die während der Fortpflanzungsperiode auf den Schuppen der Leibes-
seiten sich erhebenden Epithelium-Verdichtungen verhalten sich bei den
Bodenrenken ganz ebenso wie bei den gemeinen Renken. Bei der Verglei-
chung der colorirten Abbildungen in der schon mehrmals erwähnten und für
Nenning’s Bodensee-Fische bestimmt gewesenen Iconographie war ich sehr
überrascht, an dem Sandfelchen jenen Hautausschlag durch sieben weisse
Längsstreifen angedeutet zu finden.

Indem der Coreg. Fera mit Senknetzen zuweilen aus sehr grosser Tiefe
herausgefischt wird, zeigt sich an einem solchen Individuum eine Erschei-
nung, welche in Oestreich die Veranlassung gegeben hat, diesen Fisch mit dem
passenden Namen »Kröpfling« zu bezeichnen. Bei dem Heraufziehen der sehr
tief gefangenen Bodenrenken dehnt sich nämlich die in ihrer Schwimmblase
eingeschlossene Luft, welche in der Tiefe des Wassers unter einem sehr star-
ken Druck comprimirt war, ungemein aus, wodurch die Bauchhöhle dieser
Fische, besonders der geräumigere und nachgiebigere Vordertheil derselben
sich kropfartig erweitert. Auf diese Erscheinung, die ich an Bodenrenken
des Schliersee deutlich wahrgenommen habe, mag sich auch jener Unter-
schied gründen, den bereits Mangolt (a. a. O. pag. 27) zwischen Blaufelchen
und Sandfelchen hervorhebt, indem er sagt: »dann so der Sandfelch geschla-
gen wird, so schwebt er empor, wenn aber der Blaufelch geschlagen wird;
so fällt er zu Boden«.

Nicht bloss Mangolt hatte den Bodenrenken oder Sandfelchen als beson-
deren Salmoneer des Bodensees erwähnt, sondern auch von Rondelet 3) wurde
bereits derselbe Fisch unter dem Namen »Ferra« oder »Farra« als besonderer

1) Nach den Aussagen der am Bodensee von mir befragten Fischer soll die Bodenrenke
immer 14 Tage früher als die gemeine Renke laichen. Schon Mangolt (a. a. O. pag. 27)
machte hierüber ganz dieselbe Mittheilung.
2) S. dessen: Hist. d. poissons du lac Léman a. a. O. pag. 193.
3) Vergl. dessen: Aquatil. histor. pars altera. pag. 164. cap. 18. (Die Abbildung dazu
befindet sich auf pag. 156).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0266" n="253"/><fw place="top" type="header">Gattung: Coregonus.</fw><lb/>
erreichen, dagegen wird derselbe nie in so grosser Anzahl als der <hi rendition="#i">Coreg.<lb/>
Wartmanni</hi> gefangen, was die Fischer um so weniger zu bedauern haben,<lb/>
als die Bodenrenke in Güte und Zartheit des Fleisches der gemeinen Renke<lb/>
bei weitem nachsteht und deshalb auch minder geschätzt wird.</p><lb/>
                <p>Die Laichzeit des <hi rendition="#i">Coreg. Fera</hi> tritt gegen Ende des November ein <note place="foot" n="1)">Nach den Aussagen der am Bodensee von mir befragten Fischer soll die Bodenrenke<lb/>
immer 14 Tage früher als die gemeine Renke laichen. Schon <hi rendition="#k">Mangolt</hi> (a. a. O. pag. 27)<lb/>
machte hierüber ganz dieselbe Mittheilung.</note>. Um<lb/>
diese Zeit nähert sich die Bodenrenke, welche sich gewöhnlich in sehr grosser<lb/>
Tiefe aufhält, den flacheren Uferstellen, um auf steinigem oder kiesigen<lb/>
Boden den Laich abzusetzen. Aus diesem Grunde hat diese Renke die Na-<lb/>
men »Bodenrenke« oder »Sandfelchen« erhalten. Auch <hi rendition="#k">Jurine</hi> giebt an, dass<lb/>
der <hi rendition="#i">Coreg. Fera</hi> an seichten Stellen laicht, mag sich aber darin geirrt haben,<lb/>
dass er seine Laichzeit in den Monat Februar versetzt <note place="foot" n="2)">S. dessen: Hist. d. poissons du lac Léman a. a. O. pag. 193.</note>.</p><lb/>
                <p>Die während der Fortpflanzungsperiode auf den Schuppen der Leibes-<lb/>
seiten sich erhebenden Epithelium-Verdichtungen verhalten sich bei den<lb/>
Bodenrenken ganz ebenso wie bei den gemeinen Renken. Bei der Verglei-<lb/>
chung der colorirten Abbildungen in der schon mehrmals erwähnten und für<lb/><hi rendition="#k">Nenning</hi>&#x2019;s Bodensee-Fische bestimmt gewesenen Iconographie war ich sehr<lb/>
überrascht, an dem Sandfelchen jenen Hautausschlag durch sieben weisse<lb/>
Längsstreifen angedeutet zu finden.</p><lb/>
                <p>Indem der <hi rendition="#i">Coreg. Fera</hi> mit Senknetzen zuweilen aus sehr grosser Tiefe<lb/>
herausgefischt wird, zeigt sich an einem solchen Individuum eine Erschei-<lb/>
nung, welche in Oestreich die Veranlassung gegeben hat, diesen Fisch mit dem<lb/>
passenden Namen »Kröpfling« zu bezeichnen. Bei dem Heraufziehen der sehr<lb/>
tief gefangenen Bodenrenken dehnt sich nämlich die in ihrer Schwimmblase<lb/>
eingeschlossene Luft, welche in der Tiefe des Wassers unter einem sehr star-<lb/>
ken Druck comprimirt war, ungemein aus, wodurch die Bauchhöhle dieser<lb/>
Fische, besonders der geräumigere und nachgiebigere Vordertheil derselben<lb/>
sich kropfartig erweitert. Auf diese Erscheinung, die ich an Bodenrenken<lb/>
des Schliersee deutlich wahrgenommen habe, mag sich auch jener Unter-<lb/>
schied gründen, den bereits <hi rendition="#k">Mangolt</hi> (a. a. O. pag. 27) zwischen Blaufelchen<lb/>
und Sandfelchen hervorhebt, indem er sagt: »dann so der Sandfelch geschla-<lb/>
gen wird, so schwebt er empor, wenn aber der Blaufelch geschlagen wird;<lb/><hi rendition="#g">so</hi> fällt er zu Boden«.</p><lb/>
                <p>Nicht bloss <hi rendition="#k">Mangolt</hi> hatte den Bodenrenken oder Sandfelchen als beson-<lb/>
deren <hi rendition="#i">Salmoneer</hi> des Bodensees erwähnt, sondern auch von <hi rendition="#k">Rondelet</hi> <note place="foot" n="3)">Vergl. dessen: Aquatil. histor. pars altera. pag. 164. cap. 18. (Die Abbildung dazu<lb/>
befindet sich auf pag. 156).</note> wurde<lb/>
bereits derselbe Fisch unter dem Namen »Ferra« oder »Farra« als besonderer<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0266] Gattung: Coregonus. erreichen, dagegen wird derselbe nie in so grosser Anzahl als der Coreg. Wartmanni gefangen, was die Fischer um so weniger zu bedauern haben, als die Bodenrenke in Güte und Zartheit des Fleisches der gemeinen Renke bei weitem nachsteht und deshalb auch minder geschätzt wird. Die Laichzeit des Coreg. Fera tritt gegen Ende des November ein 1). Um diese Zeit nähert sich die Bodenrenke, welche sich gewöhnlich in sehr grosser Tiefe aufhält, den flacheren Uferstellen, um auf steinigem oder kiesigen Boden den Laich abzusetzen. Aus diesem Grunde hat diese Renke die Na- men »Bodenrenke« oder »Sandfelchen« erhalten. Auch Jurine giebt an, dass der Coreg. Fera an seichten Stellen laicht, mag sich aber darin geirrt haben, dass er seine Laichzeit in den Monat Februar versetzt 2). Die während der Fortpflanzungsperiode auf den Schuppen der Leibes- seiten sich erhebenden Epithelium-Verdichtungen verhalten sich bei den Bodenrenken ganz ebenso wie bei den gemeinen Renken. Bei der Verglei- chung der colorirten Abbildungen in der schon mehrmals erwähnten und für Nenning’s Bodensee-Fische bestimmt gewesenen Iconographie war ich sehr überrascht, an dem Sandfelchen jenen Hautausschlag durch sieben weisse Längsstreifen angedeutet zu finden. Indem der Coreg. Fera mit Senknetzen zuweilen aus sehr grosser Tiefe herausgefischt wird, zeigt sich an einem solchen Individuum eine Erschei- nung, welche in Oestreich die Veranlassung gegeben hat, diesen Fisch mit dem passenden Namen »Kröpfling« zu bezeichnen. Bei dem Heraufziehen der sehr tief gefangenen Bodenrenken dehnt sich nämlich die in ihrer Schwimmblase eingeschlossene Luft, welche in der Tiefe des Wassers unter einem sehr star- ken Druck comprimirt war, ungemein aus, wodurch die Bauchhöhle dieser Fische, besonders der geräumigere und nachgiebigere Vordertheil derselben sich kropfartig erweitert. Auf diese Erscheinung, die ich an Bodenrenken des Schliersee deutlich wahrgenommen habe, mag sich auch jener Unter- schied gründen, den bereits Mangolt (a. a. O. pag. 27) zwischen Blaufelchen und Sandfelchen hervorhebt, indem er sagt: »dann so der Sandfelch geschla- gen wird, so schwebt er empor, wenn aber der Blaufelch geschlagen wird; so fällt er zu Boden«. Nicht bloss Mangolt hatte den Bodenrenken oder Sandfelchen als beson- deren Salmoneer des Bodensees erwähnt, sondern auch von Rondelet 3) wurde bereits derselbe Fisch unter dem Namen »Ferra« oder »Farra« als besonderer 1) Nach den Aussagen der am Bodensee von mir befragten Fischer soll die Bodenrenke immer 14 Tage früher als die gemeine Renke laichen. Schon Mangolt (a. a. O. pag. 27) machte hierüber ganz dieselbe Mittheilung. 2) S. dessen: Hist. d. poissons du lac Léman a. a. O. pag. 193. 3) Vergl. dessen: Aquatil. histor. pars altera. pag. 164. cap. 18. (Die Abbildung dazu befindet sich auf pag. 156).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/266
Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/266>, abgerufen am 24.11.2024.