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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Gattung: Cobitis.
aufgenommen wurden, als bis dahin die Darmrespirations-Bewegungen der
Bissgurre nur sehr unvollkommen aufgefasst worden waren. Von den älteren
Ichthyologen ward einfach gemeldet, dass dieser Fisch, wenn man ihn be-
rühre, einen pfeifenden Ton von sich gebe 1). Bloch 2) erzählt, dass er öfters
Luftblasen aus dem After des Schlammpitzger habe hervortreten sehen. Schnei-
der
3) widersprach dieser Angabe und wollte nur gesehen haben, dass dieser
Fisch aus der Mundöffnung Luftblasen mit Geräusch ausspeie. Durch die von
Erman vorgenommene chemische Prüfung der Luft, welche durch den Darm-
canal der Cobitis fossilis hindurchgegangen, stellte sich heraus, dass diese Luft
dieselben Veränderungen erlitten, welche mit ihr vorgeht, wenn sie mit wirk-
lichen Respirationsorganen in Berührung gekommen. Nachdem auch G. Bi-
schoff
4) dieselben Untersuchungen wiederholt und dieselben Resultate erhal-
ten hatte, wurden erst in neuster Zeit diese Untersuchungen auf meine Veran-
lassung von Dr. Baumert 5) wieder aufgenommen, um mit Anwendung der
durch Bunsen's Scharfsinn verbesserten eudiometrischen Methoden noch ge-
nauere Resultate zu gewinnen, als sie Erman und Bischoff vor 30 Jahren zu er-
reichen im Stande waren. Erman hatte seine Beobachtungen 6) nur mit Cobitis
fossilis
vorgenommen, vermuthete aber, dass es sich mit Cobitis barbatula und
taenia ganz ähnlich verhalte. Nach meinen Beobachtungen können die beiden
letzteren Cobitis-Arten wirklich in derselben Weise, wie Cobitis fossilis, ihren
Verdauungscanal als Respirationsorgan benutzen. Aus den Beobachtungen,
welche ich schon im Jahre 1827 hierüber an Cobitis taenia angestellt habe
und welche in Baumert's Schrift 7) abgedruckt worden sind, will ich nur her-
vorheben, dass diese Fische in frischem an Sauerstoff reichem Wasser sich
nur selten der Darmrespiration bedienen, und dass sie dieselbe statt der Kie-
menrespiration nur dann eintreten lassen, wenn es dem Wasser, das sie um-
giebt, aus irgend einem Grunde an Sauerstoff gebricht. Ich habe draussen im
Freien an den verschiedenen Cobitis-Arten niemals eine Darmrespiration wahr-
nehmen können, welche so leicht zu beobachten ist, wenn man diese Fische
in der Gefangenschaft aufbewahrt. Es ist daher zu vermuthen, dass sich die
Cobitis-Arten an ihren natürlichen Aufenthaltsorten nur dann der Darmrespi-
ration bedienen, wenn sich in ihrer Umgebung das Wasser verloren hat und
sie genöthigt werden, sich in Schlamm und Moder zu vergraben.



1) Vergl. Joh. Müller: über die Fische, welche Töne von sich geben, in dessen Archiv
für Anatomie. 1857. pag. 261 u. 267.
2) S. dessen Naturgeschichte der Fische Deutschl. Bd. I. pag. 219.
3) S. dessen Ausgabe von Artedi's Synonymia piscium. 1789. pag. 5.
4) Vergl. dessen Untersuchung der Luft, welche die Fischart Cobitis fossilis von sich
giebt, in Schweigger's neuem Journal für Chemie und Physik. Bd. 22. 1818. pag. 78.
5) S. dessen chemische Untersuchungen über die Respiration des Schlammpeitzgers
(Cobitis fossilis). Heidelberg. 1852.
6) A. a. O. pag. 140.
7) A. a. O. pag. 71.

Gattung: Cobitis.
aufgenommen wurden, als bis dahin die Darmrespirations-Bewegungen der
Bissgurre nur sehr unvollkommen aufgefasst worden waren. Von den älteren
Ichthyologen ward einfach gemeldet, dass dieser Fisch, wenn man ihn be-
rühre, einen pfeifenden Ton von sich gebe 1). Bloch 2) erzählt, dass er öfters
Luftblasen aus dem After des Schlammpitzger habe hervortreten sehen. Schnei-
der
3) widersprach dieser Angabe und wollte nur gesehen haben, dass dieser
Fisch aus der Mundöffnung Luftblasen mit Geräusch ausspeie. Durch die von
Erman vorgenommene chemische Prüfung der Luft, welche durch den Darm-
canal der Cobitis fossilis hindurchgegangen, stellte sich heraus, dass diese Luft
dieselben Veränderungen erlitten, welche mit ihr vorgeht, wenn sie mit wirk-
lichen Respirationsorganen in Berührung gekommen. Nachdem auch G. Bi-
schoff
4) dieselben Untersuchungen wiederholt und dieselben Resultate erhal-
ten hatte, wurden erst in neuster Zeit diese Untersuchungen auf meine Veran-
lassung von Dr. Baumert 5) wieder aufgenommen, um mit Anwendung der
durch Bunsen’s Scharfsinn verbesserten eudiometrischen Methoden noch ge-
nauere Resultate zu gewinnen, als sie Erman und Bischoff vor 30 Jahren zu er-
reichen im Stande waren. Erman hatte seine Beobachtungen 6) nur mit Cobitis
fossilis
vorgenommen, vermuthete aber, dass es sich mit Cobitis barbatula und
taenia ganz ähnlich verhalte. Nach meinen Beobachtungen können die beiden
letzteren Cobitis-Arten wirklich in derselben Weise, wie Cobitis fossilis, ihren
Verdauungscanal als Respirationsorgan benutzen. Aus den Beobachtungen,
welche ich schon im Jahre 1827 hierüber an Cobitis taenia angestellt habe
und welche in Baumert’s Schrift 7) abgedruckt worden sind, will ich nur her-
vorheben, dass diese Fische in frischem an Sauerstoff reichem Wasser sich
nur selten der Darmrespiration bedienen, und dass sie dieselbe statt der Kie-
menrespiration nur dann eintreten lassen, wenn es dem Wasser, das sie um-
giebt, aus irgend einem Grunde an Sauerstoff gebricht. Ich habe draussen im
Freien an den verschiedenen Cobitis-Arten niemals eine Darmrespiration wahr-
nehmen können, welche so leicht zu beobachten ist, wenn man diese Fische
in der Gefangenschaft aufbewahrt. Es ist daher zu vermuthen, dass sich die
Cobitis-Arten an ihren natürlichen Aufenthaltsorten nur dann der Darmrespi-
ration bedienen, wenn sich in ihrer Umgebung das Wasser verloren hat und
sie genöthigt werden, sich in Schlamm und Moder zu vergraben.



1) Vergl. Joh. Müller: über die Fische, welche Töne von sich geben, in dessen Archiv
für Anatomie. 1857. pag. 261 u. 267.
2) S. dessen Naturgeschichte der Fische Deutschl. Bd. I. pag. 219.
3) S. dessen Ausgabe von Artedi’s Synonymia piscium. 1789. pag. 5.
4) Vergl. dessen Untersuchung der Luft, welche die Fischart Cobitis fossilis von sich
giebt, in Schweigger’s neuem Journal für Chemie und Physik. Bd. 22. 1818. pag. 78.
5) S. dessen chemische Untersuchungen über die Respiration des Schlammpeitzgers
(Cobitis fossilis). Heidelberg. 1852.
6) A. a. O. pag. 140.
7) A. a. O. pag. 71.
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[341/0354] Gattung: Cobitis. aufgenommen wurden, als bis dahin die Darmrespirations-Bewegungen der Bissgurre nur sehr unvollkommen aufgefasst worden waren. Von den älteren Ichthyologen ward einfach gemeldet, dass dieser Fisch, wenn man ihn be- rühre, einen pfeifenden Ton von sich gebe 1). Bloch 2) erzählt, dass er öfters Luftblasen aus dem After des Schlammpitzger habe hervortreten sehen. Schnei- der 3) widersprach dieser Angabe und wollte nur gesehen haben, dass dieser Fisch aus der Mundöffnung Luftblasen mit Geräusch ausspeie. Durch die von Erman vorgenommene chemische Prüfung der Luft, welche durch den Darm- canal der Cobitis fossilis hindurchgegangen, stellte sich heraus, dass diese Luft dieselben Veränderungen erlitten, welche mit ihr vorgeht, wenn sie mit wirk- lichen Respirationsorganen in Berührung gekommen. Nachdem auch G. Bi- schoff 4) dieselben Untersuchungen wiederholt und dieselben Resultate erhal- ten hatte, wurden erst in neuster Zeit diese Untersuchungen auf meine Veran- lassung von Dr. Baumert 5) wieder aufgenommen, um mit Anwendung der durch Bunsen’s Scharfsinn verbesserten eudiometrischen Methoden noch ge- nauere Resultate zu gewinnen, als sie Erman und Bischoff vor 30 Jahren zu er- reichen im Stande waren. Erman hatte seine Beobachtungen 6) nur mit Cobitis fossilis vorgenommen, vermuthete aber, dass es sich mit Cobitis barbatula und taenia ganz ähnlich verhalte. Nach meinen Beobachtungen können die beiden letzteren Cobitis-Arten wirklich in derselben Weise, wie Cobitis fossilis, ihren Verdauungscanal als Respirationsorgan benutzen. Aus den Beobachtungen, welche ich schon im Jahre 1827 hierüber an Cobitis taenia angestellt habe und welche in Baumert’s Schrift 7) abgedruckt worden sind, will ich nur her- vorheben, dass diese Fische in frischem an Sauerstoff reichem Wasser sich nur selten der Darmrespiration bedienen, und dass sie dieselbe statt der Kie- menrespiration nur dann eintreten lassen, wenn es dem Wasser, das sie um- giebt, aus irgend einem Grunde an Sauerstoff gebricht. Ich habe draussen im Freien an den verschiedenen Cobitis-Arten niemals eine Darmrespiration wahr- nehmen können, welche so leicht zu beobachten ist, wenn man diese Fische in der Gefangenschaft aufbewahrt. Es ist daher zu vermuthen, dass sich die Cobitis-Arten an ihren natürlichen Aufenthaltsorten nur dann der Darmrespi- ration bedienen, wenn sich in ihrer Umgebung das Wasser verloren hat und sie genöthigt werden, sich in Schlamm und Moder zu vergraben. 1) Vergl. Joh. Müller: über die Fische, welche Töne von sich geben, in dessen Archiv für Anatomie. 1857. pag. 261 u. 267. 2) S. dessen Naturgeschichte der Fische Deutschl. Bd. I. pag. 219. 3) S. dessen Ausgabe von Artedi’s Synonymia piscium. 1789. pag. 5. 4) Vergl. dessen Untersuchung der Luft, welche die Fischart Cobitis fossilis von sich giebt, in Schweigger’s neuem Journal für Chemie und Physik. Bd. 22. 1818. pag. 78. 5) S. dessen chemische Untersuchungen über die Respiration des Schlammpeitzgers (Cobitis fossilis). Heidelberg. 1852. 6) A. a. O. pag. 140. 7) A. a. O. pag. 71.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/354>, abgerufen am 24.11.2024.