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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Gattung: Anguilla.

Artcharakter: Unterkieferlänger als die Oberkinnlade; Rücken-
flosse weit hinter dem Kopfe beginnend; Afterflosse um
eine Kopfeslänge hinter dem Anfang der Rückenflosse be-
ginnend; Körper bis zum After cylindrisch, von diesem ab
bis zur Schwanzspitze seitlich zusammengedrückt.

Der Aal nimmt in seinen verschiedenen Alters- und Lebenszuständen
mancherlei Formen und Farben an, welche zur Aufstellung von mehreren
Aalarten Veranlassung gegeben haben. Eine grosse Verschiedenheit bietet die
Länge und Form der Schnauze des Aales, worauf Risso 1) und Yarrell 2) die
drei Species Anguilla acutirostris, latirostris und mediorostris gründeten.
Ekström 3) gab der Vermuthung Raum, dass sich zwei Aalarten unterschei-
den lassen, die er als spitznasigen und plattnasigen Aal (Muraena oxyrrhina
und platyrrhina) bezeichnete. Es verstehen sich gewöhnlich die Fischer sehr
gut darauf, diese verschiedenen Aalformen herauszufinden. Nach Cuvier's
Angaben scheinen es hierin die Fischer in Frankreich am weitesten gebracht
zu haben, indem sie sogar vier verschiedene Aalarten unterscheiden 4). Ich
muss aus weiter unten anzuführenden Gründen die Art-Berechtigung dieser
verschiedenen Aalformen durchaus in Zweifel ziehen.

Das bis zu den kleinen Augen gespaltene Maul ist bei allen diesen Aalfor-
men von fleischigen Lippen bedeckt; die Bürstenzähne halten nicht bloss die
Zwischenkiefer und den Unterkiefer, sondern auch den Vomer besetzt. Die
hinteren Nasenlöcher stehen dicht vor den Augen, die vorderen Nasenlöcher
sind von diesen weit entfernt dicht über den Oberlippen als zwei kurze Röh-
ren angebracht. Der etwas verkümmerte Kiemendeckel-Apparat wird von
der allgemeinen Hautbedeckung vollständig eingehüllt, so dass die einzelnen
Deckelstücke ebenso wenig wie bei Cobitis unterschieden werden können. Die
beiden engen Kiemenspalten sind weit nach hinten gerückt und stehen dicht
unter der Basis der ebenfalls sehr weit nach hinten gerückten abgerundeten
Brustflossen. Die in der sehr schleimigen Haut schräge eingebetteten dünnen
Schuppen des Aals haben eine längliche Gestalt und sind abwechselnd unter
einem rechten Winkel gegeneinander gelagert, wodurch diese Beschuppung
viele Zickzacklinien darstellt. Die Seitenlinie ist deutlich zu erkennen und

1) S. dessen Histoire naturelle des principales productions de l'Europe meridionale.
Tom. III. 1826. pag. 198.
2) S. dessen Britisch Fishes. Vol. II. 1841. pag. 381. 396 und pag. 399.
3) S. dessen Fische in den Scheeren von Mörkö. pag. 142.
4) In Cuvier's Regne animal, Tome II, 1829. pag. 349. werden für diese vier Aalfor-
men die folgenden Namen aufgeführt: Anguille verniaux, long bec, plat bec & pimperneaux.
Gattung: Anguilla.

Artcharakter: Unterkieferlänger als die Oberkinnlade; Rücken-
flosse weit hinter dem Kopfe beginnend; Afterflosse um
eine Kopfeslänge hinter dem Anfang der Rückenflosse be-
ginnend; Körper bis zum After cylindrisch, von diesem ab
bis zur Schwanzspitze seitlich zusammengedrückt.

Der Aal nimmt in seinen verschiedenen Alters- und Lebenszuständen
mancherlei Formen und Farben an, welche zur Aufstellung von mehreren
Aalarten Veranlassung gegeben haben. Eine grosse Verschiedenheit bietet die
Länge und Form der Schnauze des Aales, worauf Risso 1) und Yarrell 2) die
drei Species Anguilla acutirostris, latirostris und mediorostris gründeten.
Ekström 3) gab der Vermuthung Raum, dass sich zwei Aalarten unterschei-
den lassen, die er als spitznasigen und plattnasigen Aal (Muraena oxyrrhina
und platyrrhina) bezeichnete. Es verstehen sich gewöhnlich die Fischer sehr
gut darauf, diese verschiedenen Aalformen herauszufinden. Nach Cuvier’s
Angaben scheinen es hierin die Fischer in Frankreich am weitesten gebracht
zu haben, indem sie sogar vier verschiedene Aalarten unterscheiden 4). Ich
muss aus weiter unten anzuführenden Gründen die Art-Berechtigung dieser
verschiedenen Aalformen durchaus in Zweifel ziehen.

Das bis zu den kleinen Augen gespaltene Maul ist bei allen diesen Aalfor-
men von fleischigen Lippen bedeckt; die Bürstenzähne halten nicht bloss die
Zwischenkiefer und den Unterkiefer, sondern auch den Vomer besetzt. Die
hinteren Nasenlöcher stehen dicht vor den Augen, die vorderen Nasenlöcher
sind von diesen weit entfernt dicht über den Oberlippen als zwei kurze Röh-
ren angebracht. Der etwas verkümmerte Kiemendeckel-Apparat wird von
der allgemeinen Hautbedeckung vollständig eingehüllt, so dass die einzelnen
Deckelstücke ebenso wenig wie bei Cobitis unterschieden werden können. Die
beiden engen Kiemenspalten sind weit nach hinten gerückt und stehen dicht
unter der Basis der ebenfalls sehr weit nach hinten gerückten abgerundeten
Brustflossen. Die in der sehr schleimigen Haut schräge eingebetteten dünnen
Schuppen des Aals haben eine längliche Gestalt und sind abwechselnd unter
einem rechten Winkel gegeneinander gelagert, wodurch diese Beschuppung
viele Zickzacklinien darstellt. Die Seitenlinie ist deutlich zu erkennen und

1) S. dessen Histoire naturelle des principales productions de l’Europe méridionale.
Tom. III. 1826. pag. 198.
2) S. dessen Britisch Fishes. Vol. II. 1841. pag. 381. 396 und pag. 399.
3) S. dessen Fische in den Scheeren von Mörkö. pag. 142.
4) In Cuvier’s Règne animal, Tome II, 1829. pag. 349. werden für diese vier Aalfor-
men die folgenden Namen aufgeführt: Anguille verniaux, long bec, plat bec & pimperneaux.
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[343/0356] Gattung: Anguilla. Artcharakter: Unterkieferlänger als die Oberkinnlade; Rücken- flosse weit hinter dem Kopfe beginnend; Afterflosse um eine Kopfeslänge hinter dem Anfang der Rückenflosse be- ginnend; Körper bis zum After cylindrisch, von diesem ab bis zur Schwanzspitze seitlich zusammengedrückt. Der Aal nimmt in seinen verschiedenen Alters- und Lebenszuständen mancherlei Formen und Farben an, welche zur Aufstellung von mehreren Aalarten Veranlassung gegeben haben. Eine grosse Verschiedenheit bietet die Länge und Form der Schnauze des Aales, worauf Risso 1) und Yarrell 2) die drei Species Anguilla acutirostris, latirostris und mediorostris gründeten. Ekström 3) gab der Vermuthung Raum, dass sich zwei Aalarten unterschei- den lassen, die er als spitznasigen und plattnasigen Aal (Muraena oxyrrhina und platyrrhina) bezeichnete. Es verstehen sich gewöhnlich die Fischer sehr gut darauf, diese verschiedenen Aalformen herauszufinden. Nach Cuvier’s Angaben scheinen es hierin die Fischer in Frankreich am weitesten gebracht zu haben, indem sie sogar vier verschiedene Aalarten unterscheiden 4). Ich muss aus weiter unten anzuführenden Gründen die Art-Berechtigung dieser verschiedenen Aalformen durchaus in Zweifel ziehen. Das bis zu den kleinen Augen gespaltene Maul ist bei allen diesen Aalfor- men von fleischigen Lippen bedeckt; die Bürstenzähne halten nicht bloss die Zwischenkiefer und den Unterkiefer, sondern auch den Vomer besetzt. Die hinteren Nasenlöcher stehen dicht vor den Augen, die vorderen Nasenlöcher sind von diesen weit entfernt dicht über den Oberlippen als zwei kurze Röh- ren angebracht. Der etwas verkümmerte Kiemendeckel-Apparat wird von der allgemeinen Hautbedeckung vollständig eingehüllt, so dass die einzelnen Deckelstücke ebenso wenig wie bei Cobitis unterschieden werden können. Die beiden engen Kiemenspalten sind weit nach hinten gerückt und stehen dicht unter der Basis der ebenfalls sehr weit nach hinten gerückten abgerundeten Brustflossen. Die in der sehr schleimigen Haut schräge eingebetteten dünnen Schuppen des Aals haben eine längliche Gestalt und sind abwechselnd unter einem rechten Winkel gegeneinander gelagert, wodurch diese Beschuppung viele Zickzacklinien darstellt. Die Seitenlinie ist deutlich zu erkennen und 1) S. dessen Histoire naturelle des principales productions de l’Europe méridionale. Tom. III. 1826. pag. 198. 2) S. dessen Britisch Fishes. Vol. II. 1841. pag. 381. 396 und pag. 399. 3) S. dessen Fische in den Scheeren von Mörkö. pag. 142. 4) In Cuvier’s Règne animal, Tome II, 1829. pag. 349. werden für diese vier Aalfor- men die folgenden Namen aufgeführt: Anguille verniaux, long bec, plat bec & pimperneaux.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/356>, abgerufen am 25.11.2024.