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Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

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Von den unrechten Stellungen der Kinder.
Just. Es geschähe dem Kinde grössere Gewalt/ wenn ich
es durch meine Hand ziehen solte. Denn ich schlinge die Füsse des-
wegen an/ sie beysammen zu behalten/ und auch wegen der Wen-
dung. Solte ich die Füsse/ wie du meinest/ mit meiner Hand
unter sich ziehen/ so thäte ich dem Kinde größere Gewalt/ als
bey dem Anschlingen und gemächlichem Ziehen mit der Schnure.
Denn wenn das Kind noch lebet/ so lieget es nicht so feste zusam-
men gedrungen/ als wenn es todt ist. So darf man auch so starck
nicht ziehen/ daß ihm Gewalt geschähe/ wie bey den todten Kin-
dern/ denen schadet das starcke Anziehen nichts/ und der Frau-
en kan dadurch geholffen werden. Also ist beydes zu verantwor-
ten. Weil nun dieses gemächliche Ziehen meine lincke Hand haus-
sen vor dem Leibe thun kan/ wie du siehest in dem Kupffer No: IV.
so kan meine rechte Hand des Kindes Arm desto leichter wieder zu-
rücke bringen/ und dem Kinde desto besser in die Höhe helffen/
wie zu sehen in dem Kupffer No. V. So darff sich das Kind auch
nicht so sehr zusammen pressen lassen/ als wenn ich alleine die
Füsse durch meine Hand unter sich zöge; denn mit beyden Hän-
den kan ich in keinen Leib kommen/ wie könte ich denn mit einer
Hand das Kind mit den Füssen ziehen/ und den Arm des Kin-
des von meinem Arm zurücke und einbringen/ wie du siehest/
daß es hier gleichwohl seyn kan/ bey der Schnure/ da Platz hie-
zu ist; Wenn du nun des Kindes Füsse heraus hast/ wie das
Kupffer No. 5. weiset/ so mache die Schnure loß/ wie schon ge-
meldet/ wo das Kind noch lebet/ und zeuch die Füsse in etwas/
wenn die Wehen sind/ so starck als die Wehen treiben/ aber bey
leibe nicht stärcker/ dabey wirst du weder Mutter noch Kind über-
eylen. Du kanst der Natur/ wo du es recht in acht nimmst/
wol zu Hülffe kommen; Aber du kanst sie auch übereylen/ und
des Ziehens zu viel thun. Hast du nun das Händlein noch nicht
recht in die Höhe zurück über das Schooßbein/ so halte die Füs-
se mit der lincken Hand etwas wieder/ daß du die rechte Hand
was
F
Von den unrechten Stellungen der Kinder.
Juſt. Es geſchaͤhe dem Kinde groͤſſere Gewalt/ wenn ich
es durch meine Hand ziehen ſolte. Denn ich ſchlinge die Fuͤſſe des-
wegen an/ ſie beyſammen zu behalten/ und auch wegen der Wen-
dung. Solte ich die Fuͤſſe/ wie du meineſt/ mit meiner Hand
unter ſich ziehen/ ſo thaͤte ich dem Kinde groͤßere Gewalt/ als
bey dem Anſchlingen und gemaͤchlichem Ziehen mit der Schnure.
Denn wenn das Kind noch lebet/ ſo lieget es nicht ſo feſte zuſam-
men gedrungen/ als wenn es todt iſt. So darf man auch ſo ſtarck
nicht ziehen/ daß ihm Gewalt geſchaͤhe/ wie bey den todten Kin-
dern/ denen ſchadet das ſtarcke Anziehen nichts/ und der Frau-
en kan dadurch geholffen werden. Alſo iſt beydes zu verantwor-
ten. Weil nun dieſes gemaͤchliche Ziehen meine lincke Hand hauſ-
ſen vor dem Leibe thun kan/ wie du ſieheſt in dem Kupffer No: IV.
ſo kan meine rechte Hand des Kindes Arm deſto leichter wieder zu-
ruͤcke bringen/ und dem Kinde deſto beſſer in die Hoͤhe helffen/
wie zu ſehen in dem Kupffer No. V. So darff ſich das Kind auch
nicht ſo ſehr zuſammen preſſen laſſen/ als wenn ich alleine die
Fuͤſſe durch meine Hand unter ſich zoͤge; denn mit beyden Haͤn-
den kan ich in keinen Leib kommen/ wie koͤnte ich denn mit einer
Hand das Kind mit den Fuͤſſen ziehen/ und den Arm des Kin-
des von meinem Arm zuruͤcke und einbringen/ wie du ſieheſt/
daß es hier gleichwohl ſeyn kan/ bey der Schnure/ da Platz hie-
zu iſt; Wenn du nun des Kindes Fuͤſſe heraus haſt/ wie das
Kupffer No. 5. weiſet/ ſo mache die Schnure loß/ wie ſchon ge-
meldet/ wo das Kind noch lebet/ und zeuch die Fuͤſſe in etwas/
wenn die Wehen ſind/ ſo ſtarck als die Wehen treiben/ aber bey
leibe nicht ſtaͤrcker/ dabey wirſt du weder Mutter noch Kind uͤber-
eylen. Du kanſt der Natur/ wo du es recht in acht nimmſt/
wol zu Huͤlffe kommen; Aber du kanſt ſie auch uͤbereylen/ und
des Ziehens zu viel thun. Haſt du nun das Haͤndlein noch nicht
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ſe mit der lincken Hand etwas wieder/ daß du die rechte Hand
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[41/0154] Von den unrechten Stellungen der Kinder. Juſt. Es geſchaͤhe dem Kinde groͤſſere Gewalt/ wenn ich es durch meine Hand ziehen ſolte. Denn ich ſchlinge die Fuͤſſe des- wegen an/ ſie beyſammen zu behalten/ und auch wegen der Wen- dung. Solte ich die Fuͤſſe/ wie du meineſt/ mit meiner Hand unter ſich ziehen/ ſo thaͤte ich dem Kinde groͤßere Gewalt/ als bey dem Anſchlingen und gemaͤchlichem Ziehen mit der Schnure. Denn wenn das Kind noch lebet/ ſo lieget es nicht ſo feſte zuſam- men gedrungen/ als wenn es todt iſt. So darf man auch ſo ſtarck nicht ziehen/ daß ihm Gewalt geſchaͤhe/ wie bey den todten Kin- dern/ denen ſchadet das ſtarcke Anziehen nichts/ und der Frau- en kan dadurch geholffen werden. Alſo iſt beydes zu verantwor- ten. Weil nun dieſes gemaͤchliche Ziehen meine lincke Hand hauſ- ſen vor dem Leibe thun kan/ wie du ſieheſt in dem Kupffer No: IV. ſo kan meine rechte Hand des Kindes Arm deſto leichter wieder zu- ruͤcke bringen/ und dem Kinde deſto beſſer in die Hoͤhe helffen/ wie zu ſehen in dem Kupffer No. V. So darff ſich das Kind auch nicht ſo ſehr zuſammen preſſen laſſen/ als wenn ich alleine die Fuͤſſe durch meine Hand unter ſich zoͤge; denn mit beyden Haͤn- den kan ich in keinen Leib kommen/ wie koͤnte ich denn mit einer Hand das Kind mit den Fuͤſſen ziehen/ und den Arm des Kin- des von meinem Arm zuruͤcke und einbringen/ wie du ſieheſt/ daß es hier gleichwohl ſeyn kan/ bey der Schnure/ da Platz hie- zu iſt; Wenn du nun des Kindes Fuͤſſe heraus haſt/ wie das Kupffer No. 5. weiſet/ ſo mache die Schnure loß/ wie ſchon ge- meldet/ wo das Kind noch lebet/ und zeuch die Fuͤſſe in etwas/ wenn die Wehen ſind/ ſo ſtarck als die Wehen treiben/ aber bey leibe nicht ſtaͤrcker/ dabey wirſt du weder Mutter noch Kind uͤber- eylen. Du kanſt der Natur/ wo du es recht in acht nimmſt/ wol zu Huͤlffe kommen; Aber du kanſt ſie auch uͤbereylen/ und des Ziehens zu viel thun. Haſt du nun das Haͤndlein noch nicht recht in die Hoͤhe zuruͤck uͤber das Schooßbein/ ſo halte die Fuͤſ- ſe mit der lincken Hand etwas wieder/ daß du die rechte Hand was F

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Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/154>, abgerufen am 21.11.2024.