Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.Erforschung des neidische Leute übel ausgeleget werden/ daß üble Nachre-de drauf folgte? Christ. Laß es neidische und müßgünstige Leute auslegen wie sie wollen/ es ist uns nöthig zu unserm Beruff zu wissen. Ich sage es deswegen nicht/ daß ich es zur Gewißheit annehmen wil oder kan/ die gewisse Zeit des Gebährens stehet bey GOtt und nicht bey Menschen zu wissen. Weil uns aber GOtt na- türliche Dinge zu wissen giebt/ welche die Geburt in etwas zei- gen können und müssen/ wenn es nahe der Geburt ist/ so kan ich/ deiner Unterrichtung gemäß/ nunmehro billich davon reden. Ich verwerffe diese Nachricht nicht/ indem ich dadurch unterschei- den kan/ ob es Zeit zum Gebähren ist oder nicht/ wenn sich ei- ne Frau klaget. Denn wenn eine Wehe-Mutter diesen Grund nicht hat/ so ist sie eine schlechte Wehe-Mutter/ und kan großer Irrthum daraus folgen/ auch wohl der Tod vor Mutter und Kinder. XXII. Fr. Just. Ich rede von dieser Wissenschafft nicht/ wel- che so hochnöthig bey der Geburt zu wissen ist/ sondern von denen subtilen Umständen/ welche sich die letzten Mon- den zeigen. Christ. Es ist billich solches zu bedencken/ denn es giebet so wohl vor/ in und unter der Geburt großes Licht/ und zeiget freylich viel subtile Veränderung und Zufälle. Ich habe davon durch GOttes Segen und deinen Unterricht guten Grund er- langet. Es kommen auch offters solche Zufälle bey denen Fra[u]- en/ daß sie sich einbilden schwanger zu seyn/ sind auch starck gnug von Leibe/ und hoffen alle Tage der Genesung/ sind aber doch nicht schwanger/ wie es dir geschehen ist. Wenn nun solche blin- de Wehe-Mütter über sie kommen/ wie über dich/ so kan eine Frau ihr Leben oder aufs wenigste ihre Gesundheit dadurch ver- lieren. Dabey kan man sehen/ wie solche Wissenschafft nicht zu verwerffen/ welche Grund bringen kan. Ein schwanger Leib
Erforſchung des neidiſche Leute uͤbel ausgeleget werden/ daß uͤble Nachre-de drauf folgte? Chriſt. Laß es neidiſche und muͤßguͤnſtige Leute auslegen wie ſie wollen/ es iſt uns noͤthig zu unſerm Beruff zu wiſſen. Ich ſage es deswegen nicht/ daß ich es zur Gewißheit annehmen wil oder kan/ die gewiſſe Zeit des Gebaͤhrens ſtehet bey GOtt und nicht bey Menſchen zu wiſſen. Weil uns aber GOtt na- tuͤrliche Dinge zu wiſſen giebt/ welche die Geburt in etwas zei- gen koͤnnen und muͤſſen/ wenn es nahe der Geburt iſt/ ſo kan ich/ deiner Unterrichtung gemaͤß/ nunmehro billich davon reden. Ich verwerffe dieſe Nachricht nicht/ indem ich dadurch unterſchei- den kan/ ob es Zeit zum Gebaͤhren iſt oder nicht/ wenn ſich ei- ne Frau klaget. Denn wenn eine Wehe-Mutter dieſen Grund nicht hat/ ſo iſt ſie eine ſchlechte Wehe-Mutter/ und kan großer Irrthum daraus folgen/ auch wohl der Tod vor Mutter und Kinder. XXII. Fr. Juſt. Ich rede von dieſer Wiſſenſchafft nicht/ wel- che ſo hochnoͤthig bey der Geburt zu wiſſen iſt/ ſondern von denen ſubtilen Umſtaͤnden/ welche ſich die letzten Mon- den zeigen. Chriſt. Es iſt billich ſolches zu bedencken/ denn es giebet ſo wohl vor/ in und unter der Geburt großes Licht/ und zeiget freylich viel ſubtile Veraͤnderung und Zufaͤlle. Ich habe davon durch GOttes Segen und deinen Unterricht guten Grund er- langet. Es kommen auch offters ſolche Zufaͤlle bey denen Fra[u]- en/ daß ſie ſich einbilden ſchwanger zu ſeyn/ ſind auch ſtarck gnug von Leibe/ und hoffen alle Tage der Geneſung/ ſind aber doch nicht ſchwanger/ wie es dir geſchehen iſt. Wenn nun ſolche blin- de Wehe-Muͤtter uͤber ſie kommen/ wie uͤber dich/ ſo kan eine Frau ihr Leben oder aufs wenigſte ihre Geſundheit dadurch ver- lieren. Dabey kan man ſehen/ wie ſolche Wiſſenſchafft nicht zu verwerffen/ welche Grund bringen kan. Ein ſchwanger Leib
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Erforſchung des
neidiſche Leute uͤbel ausgeleget werden/ daß uͤble Nachre-
de drauf folgte?
Chriſt. Laß es neidiſche und muͤßguͤnſtige Leute auslegen
wie ſie wollen/ es iſt uns noͤthig zu unſerm Beruff zu wiſſen.
Ich ſage es deswegen nicht/ daß ich es zur Gewißheit annehmen
wil oder kan/ die gewiſſe Zeit des Gebaͤhrens ſtehet bey GOtt
und nicht bey Menſchen zu wiſſen. Weil uns aber GOtt na-
tuͤrliche Dinge zu wiſſen giebt/ welche die Geburt in etwas zei-
gen koͤnnen und muͤſſen/ wenn es nahe der Geburt iſt/ ſo kan
ich/ deiner Unterrichtung gemaͤß/ nunmehro billich davon reden.
Ich verwerffe dieſe Nachricht nicht/ indem ich dadurch unterſchei-
den kan/ ob es Zeit zum Gebaͤhren iſt oder nicht/ wenn ſich ei-
ne Frau klaget. Denn wenn eine Wehe-Mutter dieſen Grund
nicht hat/ ſo iſt ſie eine ſchlechte Wehe-Mutter/ und kan großer
Irrthum daraus folgen/ auch wohl der Tod vor Mutter und
Kinder.
XXII. Fr.
Juſt. Ich rede von dieſer Wiſſenſchafft nicht/ wel-
che ſo hochnoͤthig bey der Geburt zu wiſſen iſt/ ſondern
von denen ſubtilen Umſtaͤnden/ welche ſich die letzten Mon-
den zeigen.
Chriſt. Es iſt billich ſolches zu bedencken/ denn es giebet
ſo wohl vor/ in und unter der Geburt großes Licht/ und zeiget
freylich viel ſubtile Veraͤnderung und Zufaͤlle. Ich habe davon
durch GOttes Segen und deinen Unterricht guten Grund er-
langet. Es kommen auch offters ſolche Zufaͤlle bey denen Frau-
en/ daß ſie ſich einbilden ſchwanger zu ſeyn/ ſind auch ſtarck gnug
von Leibe/ und hoffen alle Tage der Geneſung/ ſind aber doch
nicht ſchwanger/ wie es dir geſchehen iſt. Wenn nun ſolche blin-
de Wehe-Muͤtter uͤber ſie kommen/ wie uͤber dich/ ſo kan eine
Frau ihr Leben oder aufs wenigſte ihre Geſundheit dadurch ver-
lieren. Dabey kan man ſehen/ wie ſolche Wiſſenſchafft nicht
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Zitationshilfe: | Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/351>, abgerufen am 18.12.2024. |