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Siegmeyer, Johann Gottlieb: Theorie der Tonsetzkunst. Berlin, 1822.

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Die letzte Gattung wird auch als ein besondres Musik Stück betrachtet und Ca-
non
genannt

3) Wird ein Satz noch einmal in der nämlichen rhythmischen Figur und in
der nämlichen Stimme, jedoch in andern Tönen wiederholt, so nennt man es
eine Versetzung.

Die Wiederholung bedarf keines Beispiels denn sie ist bekannt genug; die Versez-
zung ist schon in der Lehre des Contrapunkts ausführlich genug abgehandelt worden,
und die Nachahmung wird außer der vorhergegangenen Erklärung noch in ein paar
Beispielen anschaulich gemacht werden.

Die Einrichtung der Fuge besteht außer diesen Theilen, die ihren Charakter bestim-
men, noch aus 5 andern wesentlichen Stücken, und zwar: 1) aus den Führer (Dux) 2)
den Gefährten (Comes) 3) dem Wiederschlage 4) der Gegen-Harmonie und 5) der
Zwischen-Harmonie.

Erklärung derselben.

1) Der Führer ist in Bezug auf Erfindung, ein Satz, der allen Wiederholungen,
Nachahmungen und Versetzungen zum Grunde liegt, entweder in gleichen oder verklei-
nerten oder vergrößerten Maaßstabe oder rückenden Noten etc. je nachdem die Fuge
strenge ist.

2) Der Gefährte, ist der Nachsatz oder gleichsam die Antwort des Satzes oder
Führers, ganz den Führer ähnlich sowohl in Ansehung der Figur, der Geltung der No-
ten, der Tonart, der Pausen, als auch der Proportion des Ganges, daß heißt der Ent-
fernung der Noten, in der Tonleiter der Dominante nachgeahmt. Z. B.
Wenn der Satz oder Führer in den Intervallen der Tonari C dur enthalten ist und man
setzt die Intervalle der Tonleiter der Dominante darunter, so sieht man welche Töne
des Gefährten den Tönen des Führers antworten können als:

[Tabelle]
oder
[Tabelle]

Man sieht hieraus, daß die Secunde und Sexte, Terz und Septime, und die Quarte
und Quinte der Octave einander antworten können. Es geschieht auch, daß die Sexte
mit der Terz, und die Quinte mit der Secunde etc. beantwortet werden kann.


Die letzte Gattung wird auch als ein beſondres Muſik Stuͤck betrachtet und Ca-
non
genannt

3) Wird ein Satz noch einmal in der naͤmlichen rhythmiſchen Figur und in
der naͤmlichen Stimme, jedoch in andern Toͤnen wiederholt, ſo nennt man es
eine Verſetzung.

Die Wiederholung bedarf keines Beiſpiels denn ſie iſt bekannt genug; die Verſez-
zung iſt ſchon in der Lehre des Contrapunkts ausfuͤhrlich genug abgehandelt worden,
und die Nachahmung wird außer der vorhergegangenen Erklaͤrung noch in ein paar
Beiſpielen anſchaulich gemacht werden.

Die Einrichtung der Fuge beſteht außer dieſen Theilen, die ihren Charakter beſtim-
men, noch aus 5 andern weſentlichen Stuͤcken, und zwar: 1) aus den Fuͤhrer (Dux) 2)
den Gefaͤhrten (Comes) 3) dem Wiederſchlage 4) der Gegen-Harmonie und 5) der
Zwiſchen-Harmonie.

Erklaͤrung derſelben.

1) Der Fuͤhrer iſt in Bezug auf Erfindung, ein Satz, der allen Wiederholungen,
Nachahmungen und Verſetzungen zum Grunde liegt, entweder in gleichen oder verklei-
nerten oder vergroͤßerten Maaßſtabe oder ruͤckenden Noten ꝛc. je nachdem die Fuge
ſtrenge iſt.

2) Der Gefaͤhrte, iſt der Nachſatz oder gleichſam die Antwort des Satzes oder
Fuͤhrers, ganz den Fuͤhrer aͤhnlich ſowohl in Anſehung der Figur, der Geltung der No-
ten, der Tonart, der Pauſen, als auch der Proportion des Ganges, daß heißt der Ent-
fernung der Noten, in der Tonleiter der Dominante nachgeahmt. Z. B.
Wenn der Satz oder Fuͤhrer in den Intervallen der Tonari C dur enthalten iſt und man
ſetzt die Intervalle der Tonleiter der Dominante darunter, ſo ſieht man welche Toͤne
des Gefaͤhrten den Toͤnen des Fuͤhrers antworten koͤnnen als:

[Tabelle]
oder
[Tabelle]

Man ſieht hieraus, daß die Secunde und Sexte, Terz und Septime, und die Quarte
und Quinte der Octave einander antworten koͤnnen. Es geſchieht auch, daß die Sexte
mit der Terz, und die Quinte mit der Secunde ꝛc. beantwortet werden kann.


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[226/0244] Die letzte Gattung wird auch als ein beſondres Muſik Stuͤck betrachtet und Ca- non genannt 3) Wird ein Satz noch einmal in der naͤmlichen rhythmiſchen Figur und in der naͤmlichen Stimme, jedoch in andern Toͤnen wiederholt, ſo nennt man es eine Verſetzung. Die Wiederholung bedarf keines Beiſpiels denn ſie iſt bekannt genug; die Verſez- zung iſt ſchon in der Lehre des Contrapunkts ausfuͤhrlich genug abgehandelt worden, und die Nachahmung wird außer der vorhergegangenen Erklaͤrung noch in ein paar Beiſpielen anſchaulich gemacht werden. Die Einrichtung der Fuge beſteht außer dieſen Theilen, die ihren Charakter beſtim- men, noch aus 5 andern weſentlichen Stuͤcken, und zwar: 1) aus den Fuͤhrer (Dux) 2) den Gefaͤhrten (Comes) 3) dem Wiederſchlage 4) der Gegen-Harmonie und 5) der Zwiſchen-Harmonie. Erklaͤrung derſelben. 1) Der Fuͤhrer iſt in Bezug auf Erfindung, ein Satz, der allen Wiederholungen, Nachahmungen und Verſetzungen zum Grunde liegt, entweder in gleichen oder verklei- nerten oder vergroͤßerten Maaßſtabe oder ruͤckenden Noten ꝛc. je nachdem die Fuge ſtrenge iſt. 2) Der Gefaͤhrte, iſt der Nachſatz oder gleichſam die Antwort des Satzes oder Fuͤhrers, ganz den Fuͤhrer aͤhnlich ſowohl in Anſehung der Figur, der Geltung der No- ten, der Tonart, der Pauſen, als auch der Proportion des Ganges, daß heißt der Ent- fernung der Noten, in der Tonleiter der Dominante nachgeahmt. Z. B. Wenn der Satz oder Fuͤhrer in den Intervallen der Tonari C dur enthalten iſt und man ſetzt die Intervalle der Tonleiter der Dominante darunter, ſo ſieht man welche Toͤne des Gefaͤhrten den Toͤnen des Fuͤhrers antworten koͤnnen als: oder Man ſieht hieraus, daß die Secunde und Sexte, Terz und Septime, und die Quarte und Quinte der Octave einander antworten koͤnnen. Es geſchieht auch, daß die Sexte mit der Terz, und die Quinte mit der Secunde ꝛc. beantwortet werden kann.

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Zitationshilfe: Siegmeyer, Johann Gottlieb: Theorie der Tonsetzkunst. Berlin, 1822, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegmeyer_tonsetzkunst_1822/244>, abgerufen am 24.11.2024.