Bei vierstimmigen Sätzen hat man sich schon mehr in Acht zu nehmen um keine fehlerhaften Fortschreitungen zu machen, und entgeht man diesem Fehler, so verfällt man in einem andern, nämlich: man ist entweder genöthigt eine Stimme zu verdoppeln, die auf manchen Intervallen nicht verdoppelt werden darf z. B. die Terz u. s. w. oder der Gang des Stücks wird steif und unbeholfen.
II.Die Gegenbewegung.
Die Gegenbewegung ist die natürlichste in der Musik und die sicherste, weil es in der Natur der dissonirenden Intervalle einer Tonart oder den Intervallen der Dominan- ten Harmonie liegt, daß einige sich nur abwärts andre aufwärts auflösen. Zu den ersten gehören: die Sekunde, die Quarte, die Sexte (die auch als selbstständig betrachtet wer- den kann, und oft nicht aufgelößt zu werden braucht,) zu den andern gehört blos die Septime. Beobachtet man diese Regeln ganz genau, so entstehen die schönsten harmo- nischen Verbindungen. Wer sich von der Wahrheit dieser Ermahnung überzeugen will, studire nur die Werke Mozarts, und er wird mit Erstaunen den Zauber bewundern, den seine Harmonien durch strenge Beobachtung dieser Naturgesetze erhalten haben. Die
[Musik]
Zweiſtimmig
[Musik]
[Musik]
Dreiftimmig.
[Musik]
Bei vierſtimmigen Saͤtzen hat man ſich ſchon mehr in Acht zu nehmen um keine fehlerhaften Fortſchreitungen zu machen, und entgeht man dieſem Fehler, ſo verfaͤllt man in einem andern, naͤmlich: man iſt entweder genoͤthigt eine Stimme zu verdoppeln, die auf manchen Intervallen nicht verdoppelt werden darf z. B. die Terz u. ſ. w. oder der Gang des Stuͤcks wird ſteif und unbeholfen.
II.Die Gegenbewegung.
Die Gegenbewegung iſt die natuͤrlichſte in der Muſik und die ſicherſte, weil es in der Natur der diſſonirenden Intervalle einer Tonart oder den Intervallen der Dominan- ten Harmonie liegt, daß einige ſich nur abwaͤrts andre aufwaͤrts aufloͤſen. Zu den erſten gehoͤren: die Sekunde, die Quarte, die Sexte (die auch als ſelbſtſtaͤndig betrachtet wer- den kann, und oft nicht aufgeloͤßt zu werden braucht,) zu den andern gehoͤrt blos die Septime. Beobachtet man dieſe Regeln ganz genau, ſo entſtehen die ſchoͤnſten harmo- niſchen Verbindungen. Wer ſich von der Wahrheit dieſer Ermahnung uͤberzeugen will, ſtudire nur die Werke Mozarts, und er wird mit Erſtaunen den Zauber bewundern, den ſeine Harmonien durch ſtrenge Beobachtung dieſer Naturgeſetze erhalten haben. Die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0052"n="36"/><figuretype="notatedMusic"><p><hirendition="#g">Zweiſtimmig</hi></p></figure><lb/><figuretype="notatedMusic"/><lb/><figuretype="notatedMusic"><p><hirendition="#g">Dreiftimmig</hi>.</p></figure><lb/><figuretype="notatedMusic"/><lb/><p>Bei vierſtimmigen Saͤtzen hat man ſich ſchon mehr in Acht zu nehmen um keine<lb/>
fehlerhaften Fortſchreitungen zu machen, und entgeht man dieſem Fehler, ſo verfaͤllt man<lb/>
in einem andern, naͤmlich: man iſt entweder genoͤthigt eine Stimme zu verdoppeln, die<lb/>
auf manchen Intervallen nicht verdoppelt werden darf z. B. die Terz u. ſ. w. oder der<lb/>
Gang des Stuͤcks wird ſteif und unbeholfen.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#aq">II.</hi><hirendition="#g">Die Gegenbewegung</hi>.</head><lb/><p>Die Gegenbewegung iſt die natuͤrlichſte in der Muſik und die ſicherſte, weil es in<lb/>
der Natur der diſſonirenden Intervalle einer Tonart oder den Intervallen der Dominan-<lb/>
ten Harmonie liegt, daß einige ſich nur abwaͤrts andre aufwaͤrts aufloͤſen. Zu den erſten<lb/>
gehoͤren: die Sekunde, die Quarte, die Sexte (die auch als ſelbſtſtaͤndig betrachtet wer-<lb/>
den kann, und oft nicht aufgeloͤßt zu werden braucht,) zu den andern gehoͤrt blos die<lb/>
Septime. Beobachtet man dieſe Regeln ganz genau, ſo entſtehen die ſchoͤnſten harmo-<lb/>
niſchen Verbindungen. Wer ſich von der Wahrheit dieſer Ermahnung uͤberzeugen will,<lb/>ſtudire nur die Werke Mozarts, und er wird mit Erſtaunen den Zauber bewundern, den<lb/>ſeine Harmonien durch ſtrenge Beobachtung dieſer Naturgeſetze erhalten haben. Die<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[36/0052]
[Abbildung Zweiſtimmig ]
[Abbildung]
[Abbildung Dreiftimmig. ]
[Abbildung]
Bei vierſtimmigen Saͤtzen hat man ſich ſchon mehr in Acht zu nehmen um keine
fehlerhaften Fortſchreitungen zu machen, und entgeht man dieſem Fehler, ſo verfaͤllt man
in einem andern, naͤmlich: man iſt entweder genoͤthigt eine Stimme zu verdoppeln, die
auf manchen Intervallen nicht verdoppelt werden darf z. B. die Terz u. ſ. w. oder der
Gang des Stuͤcks wird ſteif und unbeholfen.
II. Die Gegenbewegung.
Die Gegenbewegung iſt die natuͤrlichſte in der Muſik und die ſicherſte, weil es in
der Natur der diſſonirenden Intervalle einer Tonart oder den Intervallen der Dominan-
ten Harmonie liegt, daß einige ſich nur abwaͤrts andre aufwaͤrts aufloͤſen. Zu den erſten
gehoͤren: die Sekunde, die Quarte, die Sexte (die auch als ſelbſtſtaͤndig betrachtet wer-
den kann, und oft nicht aufgeloͤßt zu werden braucht,) zu den andern gehoͤrt blos die
Septime. Beobachtet man dieſe Regeln ganz genau, ſo entſtehen die ſchoͤnſten harmo-
niſchen Verbindungen. Wer ſich von der Wahrheit dieſer Ermahnung uͤberzeugen will,
ſtudire nur die Werke Mozarts, und er wird mit Erſtaunen den Zauber bewundern, den
ſeine Harmonien durch ſtrenge Beobachtung dieſer Naturgeſetze erhalten haben. Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Siegmeyer, Johann Gottlieb: Theorie der Tonsetzkunst. Berlin, 1822, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegmeyer_tonsetzkunst_1822/52>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.