Siegmeyer, Johann Gottlieb: Theorie der Tonsetzkunst. Berlin, 1822.
lodie mit angewendet werden. Da alle diese Accorde; wenn einige gleich melodisch zer- [Musik]
melodisch zergliedert. [Musik]
nicht aus der Tonart führen, so sind ihre Töne doch natürlich auch geschickt sie zu Zusam-mensetzung solcher Melodien zu gebrauchen, die mit den ersten abwechseln und wodurch ein größerer Reichthum entsteht. Wenn die wesentlichen Töne einer Tonart nunmehr angegeben sind, die als Haupt- Erfindet man eine Melodie und merkt nicht genau, in welcher Gegend der wesent- Die wesentlichen Töne einer Melodie sind die bestimmten einer Harmonie oder ei- Die Melodie wird mithin gebildet entweder aus Tönen, die einer gewissen Har- Die Wechseltöne sind für die Melodie von der höchsten Wichtigkeit, weil sie ihr die lodie mit angewendet werden. Da alle dieſe Accorde; wenn einige gleich melodiſch zer- [Musik]
melodiſch zergliedert. [Musik]
nicht aus der Tonart fuͤhren, ſo ſind ihre Toͤne doch natuͤrlich auch geſchickt ſie zu Zuſam-menſetzung ſolcher Melodien zu gebrauchen, die mit den erſten abwechſeln und wodurch ein groͤßerer Reichthum entſteht. Wenn die weſentlichen Toͤne einer Tonart nunmehr angegeben ſind, die als Haupt- Erfindet man eine Melodie und merkt nicht genau, in welcher Gegend der weſent- Die weſentlichen Toͤne einer Melodie ſind die beſtimmten einer Harmonie oder ei- Die Melodie wird mithin gebildet entweder aus Toͤnen, die einer gewiſſen Har- Die Wechſeltoͤne ſind fuͤr die Melodie von der hoͤchſten Wichtigkeit, weil ſie ihr die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0095" n="77"/> lodie mit angewendet werden. Da alle dieſe Accorde; wenn einige gleich melodiſch zer-<lb/> gliedert, die leitereignen Toͤne der Tonart, in welche ſie urſpruͤnglich gehoͤren zum<lb/> Grunde haben, z. B. der dritte Accord des vorſtehenden Beiſpiels,<lb/><figure type="notatedMusic"><p>melodiſch zergliedert.</p></figure><lb/><figure type="notatedMusic"/><lb/> nicht aus der Tonart fuͤhren, ſo ſind ihre Toͤne doch natuͤrlich auch geſchickt ſie zu Zuſam-<lb/> menſetzung ſolcher Melodien zu gebrauchen, die mit den erſten abwechſeln und wodurch<lb/> ein groͤßerer Reichthum entſteht.</p><lb/> <p>Wenn die weſentlichen Toͤne einer Tonart nunmehr angegeben ſind, die als Haupt-<lb/> toͤne der Melodie und der Begleitung (Harmonie) angenommen werden muͤſſen, ſo<lb/> iſt noch ein Umſtand beſonders einzuſchaͤrfen, der gewoͤhnlich Veranlaſſung zu Irthuͤmern<lb/> und zur Undeutlichkeit vieler Muſickſtuͤcke gegeben hat, und noch giebt. Es iſt folgender:</p><lb/> <p>Erfindet man eine Melodie und merkt nicht genau, in welcher Gegend der weſent-<lb/> lichen Toͤne eines Accordes man ſich befindet, ſo nimmt man oft, um eine Paſſage nicht<lb/> zu unterbrechen, Toͤne eines andern nahe verwandten Accords zu Huͤlfe, und ſtellt ſie<lb/> auf die guten Tacttheile in der Meinung, daß ſie als <hi rendition="#g">durchgehende</hi> Toͤne paſſiren<lb/> koͤnnen. Solche Fehler begeht man aber nicht ungeſtraft, beſonders in mehrſtimmigen<lb/> Sachen. Die ſchoͤnſte Idee verliert dadurch gleich alles Licht und Leben, und nicht ſelten<lb/> tritt die folgende darauf <hi rendition="#g">verkehrt</hi> ein. Zu ſolcher Verwirrung koͤnnen am leichteſten<lb/> die Accorde der vorher erwaͤhnten Nebenharmonien Veranlaſſung geben, weil ſie beſon-<lb/> dern Einfluß auf die harmoniſche Melodie haben. Um nun einem ſolchen Verſehen zu-<lb/> vorzukommen, bedarf es einer naͤheren Auseinanderſetzung der <hi rendition="#g">weſentlichen</hi> und <hi rendition="#g">zu-<lb/> faͤlligen</hi> Toͤne einer Melodie.</p><lb/> <p>Die weſentlichen Toͤne einer Melodie ſind die beſtimmten einer Harmonie oder ei-<lb/> Accords, ſelbſt wenn die Begleitung aus Wechſel- oder durchgehenden Toͤnen beſteht,<lb/> was haͤufig der Fall iſt.</p><lb/> <p>Die Melodie wird mithin gebildet entweder aus Toͤnen, die einer gewiſſen Har-<lb/> monie oder einem Accorde zum Grunde liegen, und aus Toͤnen, die dem Accorde nicht<lb/> zum Grunde liegen, die entweder Wechſel- oder durchgehende Toͤne ſind.</p><lb/> <p>Die Wechſeltoͤne ſind fuͤr die Melodie von der hoͤchſten Wichtigkeit, weil ſie ihr die<lb/> wahre Schoͤnheit, den hoͤchſten Schmuck ertheilen, wenn ſie mit Einſicht und Gefuͤhl<lb/> gewaͤhlt und angebracht werden. Sie betreffen, wenn ſie einen hohen Grad von Schoͤn-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [77/0095]
lodie mit angewendet werden. Da alle dieſe Accorde; wenn einige gleich melodiſch zer-
gliedert, die leitereignen Toͤne der Tonart, in welche ſie urſpruͤnglich gehoͤren zum
Grunde haben, z. B. der dritte Accord des vorſtehenden Beiſpiels,
[Abbildung melodiſch zergliedert.]
[Abbildung]
nicht aus der Tonart fuͤhren, ſo ſind ihre Toͤne doch natuͤrlich auch geſchickt ſie zu Zuſam-
menſetzung ſolcher Melodien zu gebrauchen, die mit den erſten abwechſeln und wodurch
ein groͤßerer Reichthum entſteht.
Wenn die weſentlichen Toͤne einer Tonart nunmehr angegeben ſind, die als Haupt-
toͤne der Melodie und der Begleitung (Harmonie) angenommen werden muͤſſen, ſo
iſt noch ein Umſtand beſonders einzuſchaͤrfen, der gewoͤhnlich Veranlaſſung zu Irthuͤmern
und zur Undeutlichkeit vieler Muſickſtuͤcke gegeben hat, und noch giebt. Es iſt folgender:
Erfindet man eine Melodie und merkt nicht genau, in welcher Gegend der weſent-
lichen Toͤne eines Accordes man ſich befindet, ſo nimmt man oft, um eine Paſſage nicht
zu unterbrechen, Toͤne eines andern nahe verwandten Accords zu Huͤlfe, und ſtellt ſie
auf die guten Tacttheile in der Meinung, daß ſie als durchgehende Toͤne paſſiren
koͤnnen. Solche Fehler begeht man aber nicht ungeſtraft, beſonders in mehrſtimmigen
Sachen. Die ſchoͤnſte Idee verliert dadurch gleich alles Licht und Leben, und nicht ſelten
tritt die folgende darauf verkehrt ein. Zu ſolcher Verwirrung koͤnnen am leichteſten
die Accorde der vorher erwaͤhnten Nebenharmonien Veranlaſſung geben, weil ſie beſon-
dern Einfluß auf die harmoniſche Melodie haben. Um nun einem ſolchen Verſehen zu-
vorzukommen, bedarf es einer naͤheren Auseinanderſetzung der weſentlichen und zu-
faͤlligen Toͤne einer Melodie.
Die weſentlichen Toͤne einer Melodie ſind die beſtimmten einer Harmonie oder ei-
Accords, ſelbſt wenn die Begleitung aus Wechſel- oder durchgehenden Toͤnen beſteht,
was haͤufig der Fall iſt.
Die Melodie wird mithin gebildet entweder aus Toͤnen, die einer gewiſſen Har-
monie oder einem Accorde zum Grunde liegen, und aus Toͤnen, die dem Accorde nicht
zum Grunde liegen, die entweder Wechſel- oder durchgehende Toͤne ſind.
Die Wechſeltoͤne ſind fuͤr die Melodie von der hoͤchſten Wichtigkeit, weil ſie ihr die
wahre Schoͤnheit, den hoͤchſten Schmuck ertheilen, wenn ſie mit Einſicht und Gefuͤhl
gewaͤhlt und angebracht werden. Sie betreffen, wenn ſie einen hohen Grad von Schoͤn-
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| Zitationshilfe: | Siegmeyer, Johann Gottlieb: Theorie der Tonsetzkunst. Berlin, 1822, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegmeyer_tonsetzkunst_1822/95>, abgerufen am 21.11.2024. |
