unvollkommene Entwässerung vor der Vulcanisirung, theils aber auch die Verwendung vorher verdorbener oder verfälschter Gutta- percha die Ursache derselben. Ueber den Einfluss der Tiefe des Einlegens der Drähte lagen noch keine maassgebende Re- sultate vor; man wusste wohl, dass die Guttapercha sich nur bei Abschluss der atmosphärischen Luft vollständig unverändert er- hält, unter Luftzutritt dagegen nach und nach in einen spröden, im erwärmten Zustande klebrigen Körper verwandelt wird; man kannte aber die Tiefe nicht, bis zu welcher ein Luftwechsel im Erdboden stattfindet, und suchte zu sehr die Kosten der Anlage durch möglichste Verminderung der Tiefe des Einlegens der Drähte zu verringern. Die anfänglich gewählte Tiefe von 11/2 Fuss war jedenfalls zu gering, da diese Tiefe, wie die Erfahrung lehrt, durch die Arbeiten auf dem Planum der Eisenbahnen oft erreicht und der Draht in Folge dessen leicht beschädigt wird. Man ging zwar bald zu der Tiefe von 2 Fuss über, jedoch wurde diese Tiefe häufig nicht erreicht, und es kommen, namentlich auf der Aachener Linie, häufig Strecken vor, wo der Draht kaum 1 Fuss tief unter dem Boden liegt. Diese Leitung wurde theil- weise im Winter bei strengem Froste, und namentlich die Strecken zwischen Potsdam und Brandenburg und zwischen Minden und Köln in grösster Eile angelegt, wodurch sich das Abweichen von der gegebenen Vorschrift erklärt. Das Einlegen der Drähte in die Gräben fand bei den älteren Leitungen nicht ohne häufige Beschädigung des Ueberzuges statt. Die Verpackung der Drähte war noch mangelhaft und sie wurden daher häufig auf dem Trans- port zum Arbeitsplatze beschädigt, die Arbeiter hatten noch keine Uebung und hinlängliche Vorsicht in der Behandlung der- selben gewonnen, die schlechte Jahreszeit erschwerte die Arbeit und Beaufsichtigung, und in Folge der damals herrschenden poli- tischen Aufregung kamen häufig absichtliche Beschädigungen vor.
Es war unter diesen Umständen erklärlich, dass der an- fängliche Dienst der ersten Linien nicht sehr regelmässig und sicher war. Die Isolation der Linien war zwar kurz nach dem Einlegen in der Regel befriedigend, verschlechterte sich aber nach und nach, wenn der Regen den Boden bis zum Draht durchnässt hatte. Die beim Legen mit dem Aufsuchen der vor- handenen Fehler und der Reparatur der Drähte vertraut gewor-
unvollkommene Entwässerung vor der Vulcanisirung, theils aber auch die Verwendung vorher verdorbener oder verfälschter Gutta- percha die Ursache derselben. Ueber den Einfluss der Tiefe des Einlegens der Drähte lagen noch keine maassgebende Re- sultate vor; man wusste wohl, dass die Guttapercha sich nur bei Abschluss der atmosphärischen Luft vollständig unverändert er- hält, unter Luftzutritt dagegen nach und nach in einen spröden, im erwärmten Zustande klebrigen Körper verwandelt wird; man kannte aber die Tiefe nicht, bis zu welcher ein Luftwechsel im Erdboden stattfindet, und suchte zu sehr die Kosten der Anlage durch möglichste Verminderung der Tiefe des Einlegens der Drähte zu verringern. Die anfänglich gewählte Tiefe von 1½ Fuss war jedenfalls zu gering, da diese Tiefe, wie die Erfahrung lehrt, durch die Arbeiten auf dem Planum der Eisenbahnen oft erreicht und der Draht in Folge dessen leicht beschädigt wird. Man ging zwar bald zu der Tiefe von 2 Fuss über, jedoch wurde diese Tiefe häufig nicht erreicht, und es kommen, namentlich auf der Aachener Linie, häufig Strecken vor, wo der Draht kaum 1 Fuss tief unter dem Boden liegt. Diese Leitung wurde theil- weise im Winter bei strengem Froste, und namentlich die Strecken zwischen Potsdam und Brandenburg und zwischen Minden und Köln in grösster Eile angelegt, wodurch sich das Abweichen von der gegebenen Vorschrift erklärt. Das Einlegen der Drähte in die Gräben fand bei den älteren Leitungen nicht ohne häufige Beschädigung des Ueberzuges statt. Die Verpackung der Drähte war noch mangelhaft und sie wurden daher häufig auf dem Trans- port zum Arbeitsplatze beschädigt, die Arbeiter hatten noch keine Uebung und hinlängliche Vorsicht in der Behandlung der- selben gewonnen, die schlechte Jahreszeit erschwerte die Arbeit und Beaufsichtigung, und in Folge der damals herrschenden poli- tischen Aufregung kamen häufig absichtliche Beschädigungen vor.
Es war unter diesen Umständen erklärlich, dass der an- fängliche Dienst der ersten Linien nicht sehr regelmässig und sicher war. Die Isolation der Linien war zwar kurz nach dem Einlegen in der Regel befriedigend, verschlechterte sich aber nach und nach, wenn der Regen den Boden bis zum Draht durchnässt hatte. Die beim Legen mit dem Aufsuchen der vor- handenen Fehler und der Reparatur der Drähte vertraut gewor-
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[93/0111]
unvollkommene Entwässerung vor der Vulcanisirung, theils aber
auch die Verwendung vorher verdorbener oder verfälschter Gutta-
percha die Ursache derselben. Ueber den Einfluss der Tiefe
des Einlegens der Drähte lagen noch keine maassgebende Re-
sultate vor; man wusste wohl, dass die Guttapercha sich nur bei
Abschluss der atmosphärischen Luft vollständig unverändert er-
hält, unter Luftzutritt dagegen nach und nach in einen spröden,
im erwärmten Zustande klebrigen Körper verwandelt wird; man
kannte aber die Tiefe nicht, bis zu welcher ein Luftwechsel im
Erdboden stattfindet, und suchte zu sehr die Kosten der Anlage
durch möglichste Verminderung der Tiefe des Einlegens der
Drähte zu verringern. Die anfänglich gewählte Tiefe von 1½ Fuss
war jedenfalls zu gering, da diese Tiefe, wie die Erfahrung lehrt,
durch die Arbeiten auf dem Planum der Eisenbahnen oft erreicht
und der Draht in Folge dessen leicht beschädigt wird. Man
ging zwar bald zu der Tiefe von 2 Fuss über, jedoch wurde
diese Tiefe häufig nicht erreicht, und es kommen, namentlich auf
der Aachener Linie, häufig Strecken vor, wo der Draht kaum
1 Fuss tief unter dem Boden liegt. Diese Leitung wurde theil-
weise im Winter bei strengem Froste, und namentlich die Strecken
zwischen Potsdam und Brandenburg und zwischen Minden und
Köln in grösster Eile angelegt, wodurch sich das Abweichen
von der gegebenen Vorschrift erklärt. Das Einlegen der Drähte
in die Gräben fand bei den älteren Leitungen nicht ohne häufige
Beschädigung des Ueberzuges statt. Die Verpackung der Drähte
war noch mangelhaft und sie wurden daher häufig auf dem Trans-
port zum Arbeitsplatze beschädigt, die Arbeiter hatten noch
keine Uebung und hinlängliche Vorsicht in der Behandlung der-
selben gewonnen, die schlechte Jahreszeit erschwerte die Arbeit
und Beaufsichtigung, und in Folge der damals herrschenden poli-
tischen Aufregung kamen häufig absichtliche Beschädigungen vor.
Es war unter diesen Umständen erklärlich, dass der an-
fängliche Dienst der ersten Linien nicht sehr regelmässig und
sicher war. Die Isolation der Linien war zwar kurz nach dem
Einlegen in der Regel befriedigend, verschlechterte sich aber
nach und nach, wenn der Regen den Boden bis zum Draht
durchnässt hatte. Die beim Legen mit dem Aufsuchen der vor-
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/111>, abgerufen am 21.11.2024.
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