grösste Zahl der Drähte der beiden älteren Linien sich trotz der hier obwaltenden ungünstigen Verhältnisse bisher ganz voll- ständig unverändert erhalten hat. Es ist bei den meisten auch nicht das geringste Zeichen einer eintretenden Veränderung wahr- zunehmen. Doch die Versuche reichen noch ein Jahr weiter hinauf. Die auf der Anhaltischen Bahn gelegte Probeleitung besteht aus nicht vulcanisirter Guttapercha. Einer dieser Drähte ist mit guter wasserfreier Guttapercha bekleidet und 11/2 Fuss tief gelegt, der andere mit unvollständig entwässerter, theils schlechter Masse und nur circa 3/4 Fuss tief im Sandboden ein- gelegt. Der ganze ersterwähnte Draht hat sich so vollständig gut erhalten, dass es unmöglich ist, die Guttapercha von ganz frisch verarbeiteter zu unterscheiden. Der zweite zeigt nur da, wo schlechte Masse verwendet ist, eine eingetretene Verharzung. Der Harzüberzug, welcher diesen Drähten beim Einlegen noch ausser der Guttapercha gegeben wurde, hat sich theils abgelöst, theils zersetzt, während die Oberfläche der Guttapercha selbst ganz rein und durchaus unverändert geblieben ist. An den Drähten der neueren Staats- und Eisenbahntelegraphen ist überall keine Spur einer Veränderung der Guttapercha zu entdecken ge- wesen.
Es lässt sich hieraus wohl mit Sicherheit folgern, dass die Guttapercha, wenn unverfälscht und nicht vor oder bei der Fabrication verdorben, sich in hinlänglicher Tiefe des Erd- bodens ganz unverändert erhält und daher zu unterirdischen Leitungen vollständig geeignet ist.
2. Ist die Technik der Drahtfabrication und die Kenntniss des Materials so weit vorgeschritten, dass jetzt nur Drähte zur Verwendung kommen, welche nicht die Ursache bal- digen Verderbens in sich tragen?
Bereits die an den neueren Telegraphenlinien gemachten Er- fahrungen bejahen diese Frage. Die im Frühjahr 1849 ange- legten Linien von Berlin nach Hamburg und Stettin, von Breslau nach Oderberg und von Cöln nach Aachen so wie auch die an- gelegten Eisenbahn-Telegraphenlinien mit unterirdischer Leitung sind in fast unausgesetzt gutem Betriebe geblieben. Noch nie seit ihrer Anlage sind diese Linien einer eigentlichen Revision unterworfen. Einzelne Unterbrechungen des Dienstes waren durch
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grösste Zahl der Drähte der beiden älteren Linien sich trotz der hier obwaltenden ungünstigen Verhältnisse bisher ganz voll- ständig unverändert erhalten hat. Es ist bei den meisten auch nicht das geringste Zeichen einer eintretenden Veränderung wahr- zunehmen. Doch die Versuche reichen noch ein Jahr weiter hinauf. Die auf der Anhaltischen Bahn gelegte Probeleitung besteht aus nicht vulcanisirter Guttapercha. Einer dieser Drähte ist mit guter wasserfreier Guttapercha bekleidet und 1½ Fuss tief gelegt, der andere mit unvollständig entwässerter, theils schlechter Masse und nur circa ¾ Fuss tief im Sandboden ein- gelegt. Der ganze ersterwähnte Draht hat sich so vollständig gut erhalten, dass es unmöglich ist, die Guttapercha von ganz frisch verarbeiteter zu unterscheiden. Der zweite zeigt nur da, wo schlechte Masse verwendet ist, eine eingetretene Verharzung. Der Harzüberzug, welcher diesen Drähten beim Einlegen noch ausser der Guttapercha gegeben wurde, hat sich theils abgelöst, theils zersetzt, während die Oberfläche der Guttapercha selbst ganz rein und durchaus unverändert geblieben ist. An den Drähten der neueren Staats- und Eisenbahntelegraphen ist überall keine Spur einer Veränderung der Guttapercha zu entdecken ge- wesen.
Es lässt sich hieraus wohl mit Sicherheit folgern, dass die Guttapercha, wenn unverfälscht und nicht vor oder bei der Fabrication verdorben, sich in hinlänglicher Tiefe des Erd- bodens ganz unverändert erhält und daher zu unterirdischen Leitungen vollständig geeignet ist.
2. Ist die Technik der Drahtfabrication und die Kenntniss des Materials so weit vorgeschritten, dass jetzt nur Drähte zur Verwendung kommen, welche nicht die Ursache bal- digen Verderbens in sich tragen?
Bereits die an den neueren Telegraphenlinien gemachten Er- fahrungen bejahen diese Frage. Die im Frühjahr 1849 ange- legten Linien von Berlin nach Hamburg und Stettin, von Breslau nach Oderberg und von Cöln nach Aachen so wie auch die an- gelegten Eisenbahn-Telegraphenlinien mit unterirdischer Leitung sind in fast unausgesetzt gutem Betriebe geblieben. Noch nie seit ihrer Anlage sind diese Linien einer eigentlichen Revision unterworfen. Einzelne Unterbrechungen des Dienstes waren durch
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grösste Zahl der Drähte der beiden älteren Linien sich trotz
der hier obwaltenden ungünstigen Verhältnisse bisher ganz voll-
ständig unverändert erhalten hat. Es ist bei den meisten auch
nicht das geringste Zeichen einer eintretenden Veränderung wahr-
zunehmen. Doch die Versuche reichen noch ein Jahr weiter
hinauf. Die auf der Anhaltischen Bahn gelegte Probeleitung
besteht aus nicht vulcanisirter Guttapercha. Einer dieser Drähte
ist mit guter wasserfreier Guttapercha bekleidet und 1½ Fuss
tief gelegt, der andere mit unvollständig entwässerter, theils
schlechter Masse und nur circa ¾ Fuss tief im Sandboden ein-
gelegt. Der ganze ersterwähnte Draht hat sich so vollständig
gut erhalten, dass es unmöglich ist, die Guttapercha von ganz
frisch verarbeiteter zu unterscheiden. Der zweite zeigt nur da,
wo schlechte Masse verwendet ist, eine eingetretene Verharzung.
Der Harzüberzug, welcher diesen Drähten beim Einlegen noch
ausser der Guttapercha gegeben wurde, hat sich theils abgelöst,
theils zersetzt, während die Oberfläche der Guttapercha selbst
ganz rein und durchaus unverändert geblieben ist. An den
Drähten der neueren Staats- und Eisenbahntelegraphen ist überall
keine Spur einer Veränderung der Guttapercha zu entdecken ge-
wesen.
Es lässt sich hieraus wohl mit Sicherheit folgern, dass die
Guttapercha, wenn unverfälscht und nicht vor oder bei der
Fabrication verdorben, sich in hinlänglicher Tiefe des Erd-
bodens ganz unverändert erhält und daher zu unterirdischen
Leitungen vollständig geeignet ist.
2. Ist die Technik der Drahtfabrication und die Kenntniss
des Materials so weit vorgeschritten, dass jetzt nur Drähte
zur Verwendung kommen, welche nicht die Ursache bal-
digen Verderbens in sich tragen?
Bereits die an den neueren Telegraphenlinien gemachten Er-
fahrungen bejahen diese Frage. Die im Frühjahr 1849 ange-
legten Linien von Berlin nach Hamburg und Stettin, von Breslau
nach Oderberg und von Cöln nach Aachen so wie auch die an-
gelegten Eisenbahn-Telegraphenlinien mit unterirdischer Leitung
sind in fast unausgesetzt gutem Betriebe geblieben. Noch nie
seit ihrer Anlage sind diese Linien einer eigentlichen Revision
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/117>, abgerufen am 21.11.2024.
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