an, wie dann, wenn ich anstatt der Glasplatte kleine Glasstücke von gleicher Dicke zwischen die Scheiben legte. Diese Verstär- kung der Ladung trat in gleichem Grade bei Anwendung starker und schwacher Ketten auf, war also unabhängig von der wirk- samen elektrischen Kraft1) der Batterie.
Da die Tiefe des etwaigen Eindringens der Elektricität in der durch die Wippe gegebenen Zeit jedenfalls von der Grösse der wirksamen Kraft abhängig sein müsste, so liess sich hieraus schon der Schluss ziehen, dass in ihr nicht der Grund der beobachteten Vergrösserung der Ladung zu suchen sei. Noch unzweifelhafter tritt dies bei folgendem Versuche hervor.
Ich liess mir eine Leydener Flasche aus zwei in einander gesetzten Glascylindern anfertigen. Der innere war 0,57 m hoch und hatte 0,18 cm inneren Durchmesser. Der äussere war ebenso hoch und hatte 0,20 mm äusseren Durchmesser. Der concen- trische Zwischenraum zwischen beiden Cylindern war etwa 15 mm dick. Die Glasstärke jedes Cylinders durchschnittlich 2,45 mm. Die Cylinder wurden mit Colophoniumkitt auf einem Brette befestigt, und der Boden im Innern 1" hoch mit ge- schmolzenem Kitt übergossen. Die innere und äussere Fläche des Doppelcylinders wurden mit Stanniol bis auf 1/2 dm vom oberen und unteren Rande belegt, und die frei gebliebenen Ränder auf gewohnte Weise mit isolirendem Lack überzogen. Es wurde nun die Ladung der Flasche unter sonst gleichen Verhältnissen gemessen, wenn der Raum zwischen den Cylindern mit Luft, und wenn er ganz oder theilweise mit einem anderen isolirenden Material angefüllt war. Fände nun auch ein Eindringen der Elektricität in das Glas statt, durch welches die Ladung merk- lich vergrössert würde, so könnte doch dies Eindringen unmög- lich den in der Mitte des dicken und schon bei einfacher Glas- stärke isolirenden Glases befindlichen Isolator erreichen. Dem-
1) Ich habe vorgezogen, statt "elektromotorische Kraft" den Ausdruck "elektrische Kraft" zu gebrauchen, da es sich bei den vorliegenden Ver- suchen nur um die elektroskopische oder Spannkraft der Elektricität des Batteriepols handelt, nicht wie bei rein galvanischen Erscheinungen um das Resultat dieser Kraft, d. i. den elektrischen Strom. Der Ausdruck Dichtigkeit der Elektricität hat eine wesentlich verschiedene Bedeutung und kann hier nicht benutzt werden.
an, wie dann, wenn ich anstatt der Glasplatte kleine Glasstücke von gleicher Dicke zwischen die Scheiben legte. Diese Verstär- kung der Ladung trat in gleichem Grade bei Anwendung starker und schwacher Ketten auf, war also unabhängig von der wirk- samen elektrischen Kraft1) der Batterie.
Da die Tiefe des etwaigen Eindringens der Elektricität in der durch die Wippe gegebenen Zeit jedenfalls von der Grösse der wirksamen Kraft abhängig sein müsste, so liess sich hieraus schon der Schluss ziehen, dass in ihr nicht der Grund der beobachteten Vergrösserung der Ladung zu suchen sei. Noch unzweifelhafter tritt dies bei folgendem Versuche hervor.
Ich liess mir eine Leydener Flasche aus zwei in einander gesetzten Glascylindern anfertigen. Der innere war 0,57 m hoch und hatte 0,18 cm inneren Durchmesser. Der äussere war ebenso hoch und hatte 0,20 mm äusseren Durchmesser. Der concen- trische Zwischenraum zwischen beiden Cylindern war etwa 15 mm dick. Die Glasstärke jedes Cylinders durchschnittlich 2,45 mm. Die Cylinder wurden mit Colophoniumkitt auf einem Brette befestigt, und der Boden im Innern 1″ hoch mit ge- schmolzenem Kitt übergossen. Die innere und äussere Fläche des Doppelcylinders wurden mit Stanniol bis auf ½ dm vom oberen und unteren Rande belegt, und die frei gebliebenen Ränder auf gewohnte Weise mit isolirendem Lack überzogen. Es wurde nun die Ladung der Flasche unter sonst gleichen Verhältnissen gemessen, wenn der Raum zwischen den Cylindern mit Luft, und wenn er ganz oder theilweise mit einem anderen isolirenden Material angefüllt war. Fände nun auch ein Eindringen der Elektricität in das Glas statt, durch welches die Ladung merk- lich vergrössert würde, so könnte doch dies Eindringen unmög- lich den in der Mitte des dicken und schon bei einfacher Glas- stärke isolirenden Glases befindlichen Isolator erreichen. Dem-
1) Ich habe vorgezogen, statt „elektromotorische Kraft“ den Ausdruck „elektrische Kraft“ zu gebrauchen, da es sich bei den vorliegenden Ver- suchen nur um die elektroskopische oder Spannkraft der Elektricität des Batteriepols handelt, nicht wie bei rein galvanischen Erscheinungen um das Resultat dieser Kraft, d. i. den elektrischen Strom. Der Ausdruck Dichtigkeit der Elektricität hat eine wesentlich verschiedene Bedeutung und kann hier nicht benutzt werden.
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an, wie dann, wenn ich anstatt der Glasplatte kleine Glasstücke
von gleicher Dicke zwischen die Scheiben legte. Diese Verstär-
kung der Ladung trat in gleichem Grade bei Anwendung starker
und schwacher Ketten auf, war also unabhängig von der wirk-
samen elektrischen Kraft 1) der Batterie.
Da die Tiefe des etwaigen Eindringens der Elektricität in
der durch die Wippe gegebenen Zeit jedenfalls von der Grösse
der wirksamen Kraft abhängig sein müsste, so liess sich hieraus
schon der Schluss ziehen, dass in ihr nicht der Grund der
beobachteten Vergrösserung der Ladung zu suchen sei. Noch
unzweifelhafter tritt dies bei folgendem Versuche hervor.
Ich liess mir eine Leydener Flasche aus zwei in einander
gesetzten Glascylindern anfertigen. Der innere war 0,57 m hoch
und hatte 0,18 cm inneren Durchmesser. Der äussere war ebenso
hoch und hatte 0,20 mm äusseren Durchmesser. Der concen-
trische Zwischenraum zwischen beiden Cylindern war etwa
15 mm dick. Die Glasstärke jedes Cylinders durchschnittlich
2,45 mm. Die Cylinder wurden mit Colophoniumkitt auf einem
Brette befestigt, und der Boden im Innern 1″ hoch mit ge-
schmolzenem Kitt übergossen. Die innere und äussere Fläche
des Doppelcylinders wurden mit Stanniol bis auf ½ dm vom
oberen und unteren Rande belegt, und die frei gebliebenen
Ränder auf gewohnte Weise mit isolirendem Lack überzogen.
Es wurde nun die Ladung der Flasche unter sonst gleichen
Verhältnissen gemessen, wenn der Raum zwischen den Cylindern
mit Luft, und wenn er ganz oder theilweise mit einem anderen
isolirenden Material angefüllt war. Fände nun auch ein Eindringen
der Elektricität in das Glas statt, durch welches die Ladung merk-
lich vergrössert würde, so könnte doch dies Eindringen unmög-
lich den in der Mitte des dicken und schon bei einfacher Glas-
stärke isolirenden Glases befindlichen Isolator erreichen. Dem-
1) Ich habe vorgezogen, statt „elektromotorische Kraft“ den Ausdruck
„elektrische Kraft“ zu gebrauchen, da es sich bei den vorliegenden Ver-
suchen nur um die elektroskopische oder Spannkraft der Elektricität des
Batteriepols handelt, nicht wie bei rein galvanischen Erscheinungen um
das Resultat dieser Kraft, d. i. den elektrischen Strom. Der Ausdruck
Dichtigkeit der Elektricität hat eine wesentlich verschiedene Bedeutung
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/187>, abgerufen am 25.11.2024.
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