isolirten Zuleitungsdrähten verbunden wurden. Ebenso wurden die beiden frei gebliebenen Enden der Thermosäule mit Kupfer- drähten verbunden, welche zu einem empfindlichen Spiegelgalva- nometer führten. Der ganze Apparat, mit Inbegriff der äusseren Löthstellen, wurde sorgfältig vor jeder Temperaturänderung ge- schützt. Es genügte dann schon eine kurze Folge von Ladungen und Entladungen mittelst eines Volta-Inductors von etwa 1 Zoll Schlagweite um die Scale meines Galvanometers aus dem Ge- sichtsfelde zu treiben, und zwar im Sinne der Erwärmung der zwischen den Belegungen liegenden Löthstellen. Diese Ablenkung geht nach Aufhören der Ladungsfolge sehr langsam auf Null zurück. Erst nach mehreren Stunden verschwindet sie gänzlich. Sie ist unabhängig von der Richtung des Ladungsstromes und anscheinend proportional der Zahl der Ladungen und der Schlag- weite, bis zu welcher die Ladungstafel geladen wurde. Die Be- wegung der Scale beginnt sofort nach der ersten Ladung und schreitet dann regelmässig vor. Berührt man dagegen eine der Belegungen mit dem Finger, so bleibt die Scale noch 2 bis 3 Secunden unbewegt stehen bevor sie ihre Bewegung beginnt, die gewöhnlich erst ausserhalb des Gesichtsfeldes endet.
Die beobachtete Erwärmung kann weder durch Leitung der Glasmasse noch durch die Compression derselben durch die Anziehung der Belegungen, noch endlich durch das Eindringen der Elektricität in die den Belegungen zunächst liegende Glas- masse entstehen. Der erste Einwand wird durch die Anordnung des Apparates und die beschriebenen Versuche direct beseitigt. Die Erwärmung durch Compression würde durch die auf sie fol- gende gleich starke Abkühlung durch Expansion ausgeglichen werden, könnte also keine dauernde Erwärmung hervorbringen, selbst wenn die äusserst geringe Anziehung dazu ausreichte. Ebenso wenig kann die Ursache der Erwärmung im Eindringen der Elektricität in die den Belegungen zunächst liegende Glas- masse gesucht werden, da die Ablenkung dann nicht sofort, sondern erst nach Verlauf etlicher Secunden beginnen könnte. Nimmt man dagegen mit Hrn. Faraday an, dass die Ladung und Entladung auf einem moleculären Bewegungsvorgang in dem die Belegungen trennenden Isolator beruhe, so hat die Thatsache der Erwärmung dieses Isolators nichts Auffallendes mehr.
isolirten Zuleitungsdrähten verbunden wurden. Ebenso wurden die beiden frei gebliebenen Enden der Thermosäule mit Kupfer- drähten verbunden, welche zu einem empfindlichen Spiegelgalva- nometer führten. Der ganze Apparat, mit Inbegriff der äusseren Löthstellen, wurde sorgfältig vor jeder Temperaturänderung ge- schützt. Es genügte dann schon eine kurze Folge von Ladungen und Entladungen mittelst eines Volta-Inductors von etwa 1 Zoll Schlagweite um die Scale meines Galvanometers aus dem Ge- sichtsfelde zu treiben, und zwar im Sinne der Erwärmung der zwischen den Belegungen liegenden Löthstellen. Diese Ablenkung geht nach Aufhören der Ladungsfolge sehr langsam auf Null zurück. Erst nach mehreren Stunden verschwindet sie gänzlich. Sie ist unabhängig von der Richtung des Ladungsstromes und anscheinend proportional der Zahl der Ladungen und der Schlag- weite, bis zu welcher die Ladungstafel geladen wurde. Die Be- wegung der Scale beginnt sofort nach der ersten Ladung und schreitet dann regelmässig vor. Berührt man dagegen eine der Belegungen mit dem Finger, so bleibt die Scale noch 2 bis 3 Secunden unbewegt stehen bevor sie ihre Bewegung beginnt, die gewöhnlich erst ausserhalb des Gesichtsfeldes endet.
Die beobachtete Erwärmung kann weder durch Leitung der Glasmasse noch durch die Compression derselben durch die Anziehung der Belegungen, noch endlich durch das Eindringen der Elektricität in die den Belegungen zunächst liegende Glas- masse entstehen. Der erste Einwand wird durch die Anordnung des Apparates und die beschriebenen Versuche direct beseitigt. Die Erwärmung durch Compression würde durch die auf sie fol- gende gleich starke Abkühlung durch Expansion ausgeglichen werden, könnte also keine dauernde Erwärmung hervorbringen, selbst wenn die äusserst geringe Anziehung dazu ausreichte. Ebenso wenig kann die Ursache der Erwärmung im Eindringen der Elektricität in die den Belegungen zunächst liegende Glas- masse gesucht werden, da die Ablenkung dann nicht sofort, sondern erst nach Verlauf etlicher Secunden beginnen könnte. Nimmt man dagegen mit Hrn. Faraday an, dass die Ladung und Entladung auf einem moleculären Bewegungsvorgang in dem die Belegungen trennenden Isolator beruhe, so hat die Thatsache der Erwärmung dieses Isolators nichts Auffallendes mehr.
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isolirten Zuleitungsdrähten verbunden wurden. Ebenso wurden
die beiden frei gebliebenen Enden der Thermosäule mit Kupfer-
drähten verbunden, welche zu einem empfindlichen Spiegelgalva-
nometer führten. Der ganze Apparat, mit Inbegriff der äusseren
Löthstellen, wurde sorgfältig vor jeder Temperaturänderung ge-
schützt. Es genügte dann schon eine kurze Folge von Ladungen
und Entladungen mittelst eines Volta-Inductors von etwa 1 Zoll
Schlagweite um die Scale meines Galvanometers aus dem Ge-
sichtsfelde zu treiben, und zwar im Sinne der Erwärmung der
zwischen den Belegungen liegenden Löthstellen. Diese Ablenkung
geht nach Aufhören der Ladungsfolge sehr langsam auf Null
zurück. Erst nach mehreren Stunden verschwindet sie gänzlich.
Sie ist unabhängig von der Richtung des Ladungsstromes und
anscheinend proportional der Zahl der Ladungen und der Schlag-
weite, bis zu welcher die Ladungstafel geladen wurde. Die Be-
wegung der Scale beginnt sofort nach der ersten Ladung und
schreitet dann regelmässig vor. Berührt man dagegen eine
der Belegungen mit dem Finger, so bleibt die Scale noch 2 bis
3 Secunden unbewegt stehen bevor sie ihre Bewegung beginnt,
die gewöhnlich erst ausserhalb des Gesichtsfeldes endet.
Die beobachtete Erwärmung kann weder durch Leitung der
Glasmasse noch durch die Compression derselben durch die
Anziehung der Belegungen, noch endlich durch das Eindringen
der Elektricität in die den Belegungen zunächst liegende Glas-
masse entstehen. Der erste Einwand wird durch die Anordnung
des Apparates und die beschriebenen Versuche direct beseitigt.
Die Erwärmung durch Compression würde durch die auf sie fol-
gende gleich starke Abkühlung durch Expansion ausgeglichen
werden, könnte also keine dauernde Erwärmung hervorbringen,
selbst wenn die äusserst geringe Anziehung dazu ausreichte.
Ebenso wenig kann die Ursache der Erwärmung im Eindringen
der Elektricität in die den Belegungen zunächst liegende Glas-
masse gesucht werden, da die Ablenkung dann nicht sofort,
sondern erst nach Verlauf etlicher Secunden beginnen könnte.
Nimmt man dagegen mit Hrn. Faraday an, dass die Ladung
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/284>, abgerufen am 22.11.2024.
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