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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

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Antrittsrede des Herrn Siemens und Ant-
wort des Herrn du Bois-Reymond, Secretars
der physik.-mathem. Klasse.

(Gelesen in der öffentlichen Sitzung der Königl. Akademie der Wissensch. zu Berlin am 2. Juli.)

1874.



Durch meine Aufnahme unter die Zahl ihrer Mitglieder hat
die Akademie mir eine Ehre erwiesen, welche ich nicht erstrebt
habe und die ich auch nicht zu erwarten berechtigt war. Zu
diesen, durch die hohen wissenschaftlichen Leistungen früherer
wie gegenwärtiger Inhaber ehrwürdigen Sitzen wurden bisher
nur Gelehrte berufen, welchen die Wissenschaft Lebensberuf war
und welche derselben ihre ganzen geistigen Kräfte erfolgreich ge-
widmet hatten. Es sprachen auch gewichtige Gründe für die
Aufrechterhaltung dieser Sitte. Die deutsche Wissenschaft ver-
dankt die allgemeine Huldigung, welche die Welt ihr darbringt,
dem wohlbegründeten Ruf der Gediegenheit ihrer Leistungen, der
Tiefe ihrer Forschungen, wesentlich dem strengen Gebote der
gründlichen und planmässigen Vorbildung für den wissenschaft-
lichen Beruf. Diese flösst dem Jünglinge die Liebe zur Wissen-
schaft ein und stärkt ihn bei der Durchführung des Entschlusses,
ihr fortan sein Leben zu weihen. Sie ist es, die der deutschen
Wissenschaft die Reinheit des wissenschaftlichen Strebens be-
wahrt hat, welche ihre höchste Zierde bildet. Der deutsche Ge-
lehrte fragt nicht, ob das Problem, dessen Lösung er unter-
nehmen, ob die Untersuchung, der er sich hingeben will, ihm
selbst oder Anderen unmittelbaren Nutzen bringen wird; es ist
die reine selbstlose Liebe zur Wissenschaft, welche ihm seine
Aufgaben vorzeichnet, es ist der Wissensdrang, welcher ihn an-

Antrittsrede des Herrn Siemens und Ant-
wort des Herrn du Bois-Reymond, Secretars
der physik.-mathem. Klasse.

(Gelesen in der öffentlichen Sitzung der Königl. Akademie der Wissensch. zu Berlin am 2. Juli.)

1874.



Durch meine Aufnahme unter die Zahl ihrer Mitglieder hat
die Akademie mir eine Ehre erwiesen, welche ich nicht erstrebt
habe und die ich auch nicht zu erwarten berechtigt war. Zu
diesen, durch die hohen wissenschaftlichen Leistungen früherer
wie gegenwärtiger Inhaber ehrwürdigen Sitzen wurden bisher
nur Gelehrte berufen, welchen die Wissenschaft Lebensberuf war
und welche derselben ihre ganzen geistigen Kräfte erfolgreich ge-
widmet hatten. Es sprachen auch gewichtige Gründe für die
Aufrechterhaltung dieser Sitte. Die deutsche Wissenschaft ver-
dankt die allgemeine Huldigung, welche die Welt ihr darbringt,
dem wohlbegründeten Ruf der Gediegenheit ihrer Leistungen, der
Tiefe ihrer Forschungen, wesentlich dem strengen Gebote der
gründlichen und planmässigen Vorbildung für den wissenschaft-
lichen Beruf. Diese flösst dem Jünglinge die Liebe zur Wissen-
schaft ein und stärkt ihn bei der Durchführung des Entschlusses,
ihr fortan sein Leben zu weihen. Sie ist es, die der deutschen
Wissenschaft die Reinheit des wissenschaftlichen Strebens be-
wahrt hat, welche ihre höchste Zierde bildet. Der deutsche Ge-
lehrte fragt nicht, ob das Problem, dessen Lösung er unter-
nehmen, ob die Untersuchung, der er sich hingeben will, ihm
selbst oder Anderen unmittelbaren Nutzen bringen wird; es ist
die reine selbstlose Liebe zur Wissenschaft, welche ihm seine
Aufgaben vorzeichnet, es ist der Wissensdrang, welcher ihn an-

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[[325]/0343] Antrittsrede des Herrn Siemens und Ant- wort des Herrn du Bois-Reymond, Secretars der physik.-mathem. Klasse. (Gelesen in der öffentlichen Sitzung der Königl. Akademie der Wissensch. zu Berlin am 2. Juli.) 1874. Durch meine Aufnahme unter die Zahl ihrer Mitglieder hat die Akademie mir eine Ehre erwiesen, welche ich nicht erstrebt habe und die ich auch nicht zu erwarten berechtigt war. Zu diesen, durch die hohen wissenschaftlichen Leistungen früherer wie gegenwärtiger Inhaber ehrwürdigen Sitzen wurden bisher nur Gelehrte berufen, welchen die Wissenschaft Lebensberuf war und welche derselben ihre ganzen geistigen Kräfte erfolgreich ge- widmet hatten. Es sprachen auch gewichtige Gründe für die Aufrechterhaltung dieser Sitte. Die deutsche Wissenschaft ver- dankt die allgemeine Huldigung, welche die Welt ihr darbringt, dem wohlbegründeten Ruf der Gediegenheit ihrer Leistungen, der Tiefe ihrer Forschungen, wesentlich dem strengen Gebote der gründlichen und planmässigen Vorbildung für den wissenschaft- lichen Beruf. Diese flösst dem Jünglinge die Liebe zur Wissen- schaft ein und stärkt ihn bei der Durchführung des Entschlusses, ihr fortan sein Leben zu weihen. Sie ist es, die der deutschen Wissenschaft die Reinheit des wissenschaftlichen Strebens be- wahrt hat, welche ihre höchste Zierde bildet. Der deutsche Ge- lehrte fragt nicht, ob das Problem, dessen Lösung er unter- nehmen, ob die Untersuchung, der er sich hingeben will, ihm selbst oder Anderen unmittelbaren Nutzen bringen wird; es ist die reine selbstlose Liebe zur Wissenschaft, welche ihm seine Aufgaben vorzeichnet, es ist der Wissensdrang, welcher ihn an-

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. [325]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/343>, abgerufen am 27.11.2024.