ziehung giebt die Arbeit und die aus ihr gezogenen Folgerungen aber grossen Bedenken Raum, da eines der angenommenen Grund- principien, welches wesentlichen Einfluss auf die gewonnenen Re- sultate hat, unrichtig ist. Es fehlt der Arbeit auch sehr an klarer Erkenntniss der wesentlichen Momente und übersichtlicher Entwickelung der gegebenen Resultate.
Die Kräfte, welche auf das fallende Kabel einwirken, sind die Schwere und die ihr entgegenwirkenden Reibungskräfte. Unter letzteren sind zu unterscheiden die Gleitreibung, welche dem Hinabgleiten des Kabels in seiner eigenen Richtung ent- gegenwirkt und die Reibung mit Verdrängung von Wassermasse, welche beim Falle des Kabels in senkrechter Richtung auf seine eigene auftritt. Die letztere ist proportional dem Quadrate der Fallgeschwindigkeit, die erstere proportional der Geschwindigkeit selbst. Longridge und Brooks haben beide Kräfte als propor- tional dem Quadrate der Geschwindigkeit angenommen und ge- langen desshalb namentlich bei der Bestimmung der Grösse der Bremskraft, welche auf dem Schiffe angebracht werden muss, zu unrichtigen Resultaten. Bei der früher von mir aufgestellten Gleichung
[Formel 1]
habe ich zwar auch die Fallgeschwindigkeit senkrecht zur Kabelrichtung als proportional der Geschwindig- keit angenommen, es wird sich aber später zeigen, dass dies für diejenigen Werthe des Winkels a, welche beim Kabellegen ge- wöhnlich vorkommen, beinahe streng richtig ist. Meine An- nahme, dass das Kabel bei gleichmässiger Schiffsgeschwindig- keit eine gerade Linie bildet, ist von der Wirkungsweise der Reibungskräfte unabhängig. Das Kabel legt sich stets in eine Gerade von solcher Neigung, dass die Componente der Schwere in der Richtung des Kabels durch die Gleitreibung, die auf diese senkrechte Componente durch die Reibung mit Massen- verdrängung äquilibirt wird. Es ist dann Bewegungsgleichge- wicht und daher gleichförmige Bewegung vorhanden.
Es bezeichne im Folgenden:
a den Winkel zwischen der Horizontalen und der Richtung des Kabels,
ph den Winkel zwischen der Richtung des Kabels und der Rich- tung, in welcher jedes Kabelstück wirklich zu Boden sinkt,
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ziehung giebt die Arbeit und die aus ihr gezogenen Folgerungen aber grossen Bedenken Raum, da eines der angenommenen Grund- principien, welches wesentlichen Einfluss auf die gewonnenen Re- sultate hat, unrichtig ist. Es fehlt der Arbeit auch sehr an klarer Erkenntniss der wesentlichen Momente und übersichtlicher Entwickelung der gegebenen Resultate.
Die Kräfte, welche auf das fallende Kabel einwirken, sind die Schwere und die ihr entgegenwirkenden Reibungskräfte. Unter letzteren sind zu unterscheiden die Gleitreibung, welche dem Hinabgleiten des Kabels in seiner eigenen Richtung ent- gegenwirkt und die Reibung mit Verdrängung von Wassermasse, welche beim Falle des Kabels in senkrechter Richtung auf seine eigene auftritt. Die letztere ist proportional dem Quadrate der Fallgeschwindigkeit, die erstere proportional der Geschwindigkeit selbst. Longridge und Brooks haben beide Kräfte als propor- tional dem Quadrate der Geschwindigkeit angenommen und ge- langen desshalb namentlich bei der Bestimmung der Grösse der Bremskraft, welche auf dem Schiffe angebracht werden muss, zu unrichtigen Resultaten. Bei der früher von mir aufgestellten Gleichung
[Formel 1]
habe ich zwar auch die Fallgeschwindigkeit senkrecht zur Kabelrichtung als proportional der Geschwindig- keit angenommen, es wird sich aber später zeigen, dass dies für diejenigen Werthe des Winkels α, welche beim Kabellegen ge- wöhnlich vorkommen, beinahe streng richtig ist. Meine An- nahme, dass das Kabel bei gleichmässiger Schiffsgeschwindig- keit eine gerade Linie bildet, ist von der Wirkungsweise der Reibungskräfte unabhängig. Das Kabel legt sich stets in eine Gerade von solcher Neigung, dass die Componente der Schwere in der Richtung des Kabels durch die Gleitreibung, die auf diese senkrechte Componente durch die Reibung mit Massen- verdrängung äquilibirt wird. Es ist dann Bewegungsgleichge- wicht und daher gleichförmige Bewegung vorhanden.
Es bezeichne im Folgenden:
α den Winkel zwischen der Horizontalen und der Richtung des Kabels,
φ den Winkel zwischen der Richtung des Kabels und der Rich- tung, in welcher jedes Kabelstück wirklich zu Boden sinkt,
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ziehung giebt die Arbeit und die aus ihr gezogenen Folgerungen
aber grossen Bedenken Raum, da eines der angenommenen Grund-
principien, welches wesentlichen Einfluss auf die gewonnenen Re-
sultate hat, unrichtig ist. Es fehlt der Arbeit auch sehr an
klarer Erkenntniss der wesentlichen Momente und übersichtlicher
Entwickelung der gegebenen Resultate.
Die Kräfte, welche auf das fallende Kabel einwirken, sind
die Schwere und die ihr entgegenwirkenden Reibungskräfte.
Unter letzteren sind zu unterscheiden die Gleitreibung, welche
dem Hinabgleiten des Kabels in seiner eigenen Richtung ent-
gegenwirkt und die Reibung mit Verdrängung von Wassermasse,
welche beim Falle des Kabels in senkrechter Richtung auf seine
eigene auftritt. Die letztere ist proportional dem Quadrate der
Fallgeschwindigkeit, die erstere proportional der Geschwindigkeit
selbst. Longridge und Brooks haben beide Kräfte als propor-
tional dem Quadrate der Geschwindigkeit angenommen und ge-
langen desshalb namentlich bei der Bestimmung der Grösse der
Bremskraft, welche auf dem Schiffe angebracht werden muss, zu
unrichtigen Resultaten. Bei der früher von mir aufgestellten
Gleichung [FORMEL] habe ich zwar auch die Fallgeschwindigkeit
senkrecht zur Kabelrichtung als proportional der Geschwindig-
keit angenommen, es wird sich aber später zeigen, dass dies für
diejenigen Werthe des Winkels α, welche beim Kabellegen ge-
wöhnlich vorkommen, beinahe streng richtig ist. Meine An-
nahme, dass das Kabel bei gleichmässiger Schiffsgeschwindig-
keit eine gerade Linie bildet, ist von der Wirkungsweise der
Reibungskräfte unabhängig. Das Kabel legt sich stets in eine
Gerade von solcher Neigung, dass die Componente der Schwere
in der Richtung des Kabels durch die Gleitreibung, die auf
diese senkrechte Componente durch die Reibung mit Massen-
verdrängung äquilibirt wird. Es ist dann Bewegungsgleichge-
wicht und daher gleichförmige Bewegung vorhanden.
Es bezeichne im Folgenden:
α den Winkel zwischen der Horizontalen und der Richtung
des Kabels,
φ den Winkel zwischen der Richtung des Kabels und der Rich-
tung, in welcher jedes Kabelstück wirklich zu Boden sinkt,
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/355>, abgerufen am 22.11.2024.
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