Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

das Verhalten dieses Körpers zur Wärme und dem galvanischen
Strome näher zu untersuchen, in der Hoffnung, hierdurch Anhalts-
punkte zur Erklärung der Einwirkung der Beleuchtung auf den-
selben zu gewinnen. Zunächst wiederholte ich den Hittorf'schen
Versuch mit meinen besseren Messinstrumenten für galvanische
Ströme.

Da Glas und selbst Porcellan bei höheren Temperaturen die
Elektricität leiten, so liess ich mir aus einem Stück Speckstein,
welches selbst bei Glühhitze noch völlig isolirt, einen dickwan-
digen Tiegel herstellen, welcher etwa 6 Gramm Selen aufnehmen
konnte. Durch den gutschliessenden Specksteindeckel reichte ein
Thermometer bis in die Mitte der Höhlung des Tiegels hinein.
Die circa 10 mm. dicke Tiegelwand war etwa in halber Höhe
durchbohrt und die beiden Löcher durch genau eingepasste Cylinder
aus Gaskohle, welche nach innen und aussen vorragten, ausge-
füllt. Nachdem der Tiegel mit geschmolzenem Selen angefüllt
und dann schnell erkaltet war, so dass amorphes Selen ihn an-
füllte, wurden die äusseren Enden der Gaskohlencylinder mit den
gut isolirten Zuleitungsdrähten meines sehr empfindlichen Spiegel-
galvanometers mit aperiodisch schwingendem Glockenmagnet ver-
bunden und in den Leitungskreis eine Daniell'sche Zelle einge-
schaltet, nachdem ich mich überzeugt hatte, dass selbst bei Ein-
schaltung einer Batterie von 100 Daniell'schen Zellen kein Strom
durch das amorphe Selen ging. Der so vorbereitete Tiegel wurde
nun schnell in ein grösseres Gefäss mit Paraffin, dessen Tem-
peratur 280 °C. war und während des Versuches möglichst genau
auf dieser Temperatur gehalten wurde, eingetaucht und die Tem-
peratur des Selens im Tiegel sowie die Ablenkung meines Spie-
gels fortlaufend gleichzeitig beobachtet und notirt. Bei dem be-
deutenden Leitungswiderstande des Selens, in Folge dessen der
Widerstand des zwischen den Kohlenspitzen befindlichen Selens
selbst bei höheren Temperaturen noch immer sehr gross gegen
den Widerstand des Galvanometers ist, können die Ablenkungen
des Spiegels ohne wesentlichen Fehler der Leitungsfähigkeit des
Selens proportional gesetzt werden.

Die Ergebnisse dieses Versuches sind in der Taf. I Fig. 1
zur Anschauung gebracht. Die mit A bezeichnete Curve giebt
die Temperatur des Selens, die Curve B die Stromstärke oder

das Verhalten dieses Körpers zur Wärme und dem galvanischen
Strome näher zu untersuchen, in der Hoffnung, hierdurch Anhalts-
punkte zur Erklärung der Einwirkung der Beleuchtung auf den-
selben zu gewinnen. Zunächst wiederholte ich den Hittorf’schen
Versuch mit meinen besseren Messinstrumenten für galvanische
Ströme.

Da Glas und selbst Porcellan bei höheren Temperaturen die
Elektricität leiten, so liess ich mir aus einem Stück Speckstein,
welches selbst bei Glühhitze noch völlig isolirt, einen dickwan-
digen Tiegel herstellen, welcher etwa 6 Gramm Selen aufnehmen
konnte. Durch den gutschliessenden Specksteindeckel reichte ein
Thermometer bis in die Mitte der Höhlung des Tiegels hinein.
Die circa 10 mm. dicke Tiegelwand war etwa in halber Höhe
durchbohrt und die beiden Löcher durch genau eingepasste Cylinder
aus Gaskohle, welche nach innen und aussen vorragten, ausge-
füllt. Nachdem der Tiegel mit geschmolzenem Selen angefüllt
und dann schnell erkaltet war, so dass amorphes Selen ihn an-
füllte, wurden die äusseren Enden der Gaskohlencylinder mit den
gut isolirten Zuleitungsdrähten meines sehr empfindlichen Spiegel-
galvanometers mit aperiodisch schwingendem Glockenmagnet ver-
bunden und in den Leitungskreis eine Daniell’sche Zelle einge-
schaltet, nachdem ich mich überzeugt hatte, dass selbst bei Ein-
schaltung einer Batterie von 100 Daniell’schen Zellen kein Strom
durch das amorphe Selen ging. Der so vorbereitete Tiegel wurde
nun schnell in ein grösseres Gefäss mit Paraffin, dessen Tem-
peratur 280 °C. war und während des Versuches möglichst genau
auf dieser Temperatur gehalten wurde, eingetaucht und die Tem-
peratur des Selens im Tiegel sowie die Ablenkung meines Spie-
gels fortlaufend gleichzeitig beobachtet und notirt. Bei dem be-
deutenden Leitungswiderstande des Selens, in Folge dessen der
Widerstand des zwischen den Kohlenspitzen befindlichen Selens
selbst bei höheren Temperaturen noch immer sehr gross gegen
den Widerstand des Galvanometers ist, können die Ablenkungen
des Spiegels ohne wesentlichen Fehler der Leitungsfähigkeit des
Selens proportional gesetzt werden.

Die Ergebnisse dieses Versuches sind in der Taf. I Fig. 1
zur Anschauung gebracht. Die mit A bezeichnete Curve giebt
die Temperatur des Selens, die Curve B die Stromstärke oder

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0398" n="380"/>
das Verhalten dieses Körpers zur Wärme und dem galvanischen<lb/>
Strome näher zu untersuchen, in der Hoffnung, hierdurch Anhalts-<lb/>
punkte zur Erklärung der Einwirkung der Beleuchtung auf den-<lb/>
selben zu gewinnen. Zunächst wiederholte ich den Hittorf&#x2019;schen<lb/>
Versuch mit meinen besseren Messinstrumenten für galvanische<lb/>
Ströme.</p><lb/>
        <p>Da Glas und selbst Porcellan bei höheren Temperaturen die<lb/>
Elektricität leiten, so liess ich mir aus einem Stück Speckstein,<lb/>
welches selbst bei Glühhitze noch völlig isolirt, einen dickwan-<lb/>
digen Tiegel herstellen, welcher etwa 6 Gramm Selen aufnehmen<lb/>
konnte. Durch den gutschliessenden Specksteindeckel reichte ein<lb/>
Thermometer bis in die Mitte der Höhlung des Tiegels hinein.<lb/>
Die circa 10 mm. dicke Tiegelwand war etwa in halber Höhe<lb/>
durchbohrt und die beiden Löcher durch genau eingepasste Cylinder<lb/>
aus Gaskohle, welche nach innen und aussen vorragten, ausge-<lb/>
füllt. Nachdem der Tiegel mit geschmolzenem Selen angefüllt<lb/>
und dann schnell erkaltet war, so dass amorphes Selen ihn an-<lb/>
füllte, wurden die äusseren Enden der Gaskohlencylinder mit den<lb/>
gut isolirten Zuleitungsdrähten meines sehr empfindlichen Spiegel-<lb/>
galvanometers mit aperiodisch schwingendem Glockenmagnet ver-<lb/>
bunden und in den Leitungskreis eine Daniell&#x2019;sche Zelle einge-<lb/>
schaltet, nachdem ich mich überzeugt hatte, dass selbst bei Ein-<lb/>
schaltung einer Batterie von 100 Daniell&#x2019;schen Zellen kein Strom<lb/>
durch das amorphe Selen ging. Der so vorbereitete Tiegel wurde<lb/>
nun schnell in ein grösseres Gefäss mit Paraffin, dessen Tem-<lb/>
peratur 280 °C. war und während des Versuches möglichst genau<lb/>
auf dieser Temperatur gehalten wurde, eingetaucht und die Tem-<lb/>
peratur des Selens im Tiegel sowie die Ablenkung meines Spie-<lb/>
gels fortlaufend gleichzeitig beobachtet und notirt. Bei dem be-<lb/>
deutenden Leitungswiderstande des Selens, in Folge dessen der<lb/>
Widerstand des zwischen den Kohlenspitzen befindlichen Selens<lb/>
selbst bei höheren Temperaturen noch immer sehr gross gegen<lb/>
den Widerstand des Galvanometers ist, können die Ablenkungen<lb/>
des Spiegels ohne wesentlichen Fehler der Leitungsfähigkeit des<lb/>
Selens proportional gesetzt werden.</p><lb/>
        <p>Die Ergebnisse dieses Versuches sind in der Taf. I Fig. 1<lb/>
zur Anschauung gebracht. Die mit <hi rendition="#i">A</hi> bezeichnete Curve giebt<lb/>
die Temperatur des Selens, die Curve <hi rendition="#i">B</hi> die Stromstärke oder<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[380/0398] das Verhalten dieses Körpers zur Wärme und dem galvanischen Strome näher zu untersuchen, in der Hoffnung, hierdurch Anhalts- punkte zur Erklärung der Einwirkung der Beleuchtung auf den- selben zu gewinnen. Zunächst wiederholte ich den Hittorf’schen Versuch mit meinen besseren Messinstrumenten für galvanische Ströme. Da Glas und selbst Porcellan bei höheren Temperaturen die Elektricität leiten, so liess ich mir aus einem Stück Speckstein, welches selbst bei Glühhitze noch völlig isolirt, einen dickwan- digen Tiegel herstellen, welcher etwa 6 Gramm Selen aufnehmen konnte. Durch den gutschliessenden Specksteindeckel reichte ein Thermometer bis in die Mitte der Höhlung des Tiegels hinein. Die circa 10 mm. dicke Tiegelwand war etwa in halber Höhe durchbohrt und die beiden Löcher durch genau eingepasste Cylinder aus Gaskohle, welche nach innen und aussen vorragten, ausge- füllt. Nachdem der Tiegel mit geschmolzenem Selen angefüllt und dann schnell erkaltet war, so dass amorphes Selen ihn an- füllte, wurden die äusseren Enden der Gaskohlencylinder mit den gut isolirten Zuleitungsdrähten meines sehr empfindlichen Spiegel- galvanometers mit aperiodisch schwingendem Glockenmagnet ver- bunden und in den Leitungskreis eine Daniell’sche Zelle einge- schaltet, nachdem ich mich überzeugt hatte, dass selbst bei Ein- schaltung einer Batterie von 100 Daniell’schen Zellen kein Strom durch das amorphe Selen ging. Der so vorbereitete Tiegel wurde nun schnell in ein grösseres Gefäss mit Paraffin, dessen Tem- peratur 280 °C. war und während des Versuches möglichst genau auf dieser Temperatur gehalten wurde, eingetaucht und die Tem- peratur des Selens im Tiegel sowie die Ablenkung meines Spie- gels fortlaufend gleichzeitig beobachtet und notirt. Bei dem be- deutenden Leitungswiderstande des Selens, in Folge dessen der Widerstand des zwischen den Kohlenspitzen befindlichen Selens selbst bei höheren Temperaturen noch immer sehr gross gegen den Widerstand des Galvanometers ist, können die Ablenkungen des Spiegels ohne wesentlichen Fehler der Leitungsfähigkeit des Selens proportional gesetzt werden. Die Ergebnisse dieses Versuches sind in der Taf. I Fig. 1 zur Anschauung gebracht. Die mit A bezeichnete Curve giebt die Temperatur des Selens, die Curve B die Stromstärke oder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/398
Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/398>, abgerufen am 22.11.2024.