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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

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Reibungscoefficienten durch den Strom rührt daher offenbar von
elektrolytisch erzeugten Gasen her, welche sich auf der Metall-
platte ablagern. Auffallend bleibt dabei aber die fast momentan
zu nennende Schnelligkeit, mit welcher die Wirkung auch bei
sehr schwachen Strömen eintritt.

Edison befestigt nun die gegen das feuchte Papier gedrückte
Metallplatte an einem Schallbrette und zieht das über eine Walze
geführte feuchte Papier durch continuirliche Drehung dieser Walze
unter dem Metallstücke durch. Wenn nun das Metallstück und
die metallene Walze in den Leitungskreis eingeschaltet sind, so
bewirken die Stromänderungen, welche durch das stärker oder
schwächer gepresste Graphitpulver hervorgerufen werden, äqui-
valente Veränderungen des Reibungscoefficienten zwischen dem
am Schallbrette befestigten Metallstücke und dem Papiere, wo-
durch jenes in entsprechende Schwingungen versetzt wird, die
sich dem Schallbrette und durch dieses der Luft mittheilen.

Das Edison'sche Telephon ist sehr bemerkenswerth durch
die Neuheit der Hülfsmittel, welche bei demselben zur Verwendung
kommen, ist aber offenbar noch nicht zur praktischen Brauch-
barkeit durchgearbeitet. Das Bell'sche Telephon dagegen hat in
seiner merkwürdig einfachen Form in kurzer Zeit, namentlich in
Deutschland, eine grosse Verbreitung gefunden, und es liegt bereits
ein grosses Erfahrungsmaterial zur Beurtheilung seiner Brauch-
barkeit vor. Seine Mängel bestehen namentlich in der grossen
Schwäche der reproducirten Sprachlaute, die für ein deutliches
Verständniss ein Andrücken der Schallöffnung an's Ohr und
andrerseits ein unmittelbares Hineinsprechen in dieselbe erforder-
lich machen. Dabei ist eine stille Umgebung nothwendig, damit
das Ohr nicht durch fremde Geräusche abgestumpft und gestört
wird. Ein noch schwerer wiegendes Hinderniss seiner praktischen
Verwendung besteht aber darin, dass es auch vollständiger
elektrischer Ruhe bedarf. Da es ausserordentlich schwache Ströme
sind, welche durch die schwingende Eisenmembran erzeugt werden,
und die andrerseits die Eisenmembran des anderen Instrumentes
in ähnliche Schwingungen versetzen, so genügen auch sehr
schwache fremde Ströme, um die letzteren zu stören und ver-
wirrende Geräusche anderen Ursprungs dem Ohre zuzuführen.

Um mir Anhaltspunkte für die Beurtheilung der Stärke der

Reibungscoefficienten durch den Strom rührt daher offenbar von
elektrolytisch erzeugten Gasen her, welche sich auf der Metall-
platte ablagern. Auffallend bleibt dabei aber die fast momentan
zu nennende Schnelligkeit, mit welcher die Wirkung auch bei
sehr schwachen Strömen eintritt.

Edison befestigt nun die gegen das feuchte Papier gedrückte
Metallplatte an einem Schallbrette und zieht das über eine Walze
geführte feuchte Papier durch continuirliche Drehung dieser Walze
unter dem Metallstücke durch. Wenn nun das Metallstück und
die metallene Walze in den Leitungskreis eingeschaltet sind, so
bewirken die Stromänderungen, welche durch das stärker oder
schwächer gepresste Graphitpulver hervorgerufen werden, äqui-
valente Veränderungen des Reibungscoefficienten zwischen dem
am Schallbrette befestigten Metallstücke und dem Papiere, wo-
durch jenes in entsprechende Schwingungen versetzt wird, die
sich dem Schallbrette und durch dieses der Luft mittheilen.

Das Edison’sche Telephon ist sehr bemerkenswerth durch
die Neuheit der Hülfsmittel, welche bei demselben zur Verwendung
kommen, ist aber offenbar noch nicht zur praktischen Brauch-
barkeit durchgearbeitet. Das Bell’sche Telephon dagegen hat in
seiner merkwürdig einfachen Form in kurzer Zeit, namentlich in
Deutschland, eine grosse Verbreitung gefunden, und es liegt bereits
ein grosses Erfahrungsmaterial zur Beurtheilung seiner Brauch-
barkeit vor. Seine Mängel bestehen namentlich in der grossen
Schwäche der reproducirten Sprachlaute, die für ein deutliches
Verständniss ein Andrücken der Schallöffnung an’s Ohr und
andrerseits ein unmittelbares Hineinsprechen in dieselbe erforder-
lich machen. Dabei ist eine stille Umgebung nothwendig, damit
das Ohr nicht durch fremde Geräusche abgestumpft und gestört
wird. Ein noch schwerer wiegendes Hinderniss seiner praktischen
Verwendung besteht aber darin, dass es auch vollständiger
elektrischer Ruhe bedarf. Da es ausserordentlich schwache Ströme
sind, welche durch die schwingende Eisenmembran erzeugt werden,
und die andrerseits die Eisenmembran des anderen Instrumentes
in ähnliche Schwingungen versetzen, so genügen auch sehr
schwache fremde Ströme, um die letzteren zu stören und ver-
wirrende Geräusche anderen Ursprungs dem Ohre zuzuführen.

Um mir Anhaltspunkte für die Beurtheilung der Stärke der

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[428/0450] Reibungscoefficienten durch den Strom rührt daher offenbar von elektrolytisch erzeugten Gasen her, welche sich auf der Metall- platte ablagern. Auffallend bleibt dabei aber die fast momentan zu nennende Schnelligkeit, mit welcher die Wirkung auch bei sehr schwachen Strömen eintritt. Edison befestigt nun die gegen das feuchte Papier gedrückte Metallplatte an einem Schallbrette und zieht das über eine Walze geführte feuchte Papier durch continuirliche Drehung dieser Walze unter dem Metallstücke durch. Wenn nun das Metallstück und die metallene Walze in den Leitungskreis eingeschaltet sind, so bewirken die Stromänderungen, welche durch das stärker oder schwächer gepresste Graphitpulver hervorgerufen werden, äqui- valente Veränderungen des Reibungscoefficienten zwischen dem am Schallbrette befestigten Metallstücke und dem Papiere, wo- durch jenes in entsprechende Schwingungen versetzt wird, die sich dem Schallbrette und durch dieses der Luft mittheilen. Das Edison’sche Telephon ist sehr bemerkenswerth durch die Neuheit der Hülfsmittel, welche bei demselben zur Verwendung kommen, ist aber offenbar noch nicht zur praktischen Brauch- barkeit durchgearbeitet. Das Bell’sche Telephon dagegen hat in seiner merkwürdig einfachen Form in kurzer Zeit, namentlich in Deutschland, eine grosse Verbreitung gefunden, und es liegt bereits ein grosses Erfahrungsmaterial zur Beurtheilung seiner Brauch- barkeit vor. Seine Mängel bestehen namentlich in der grossen Schwäche der reproducirten Sprachlaute, die für ein deutliches Verständniss ein Andrücken der Schallöffnung an’s Ohr und andrerseits ein unmittelbares Hineinsprechen in dieselbe erforder- lich machen. Dabei ist eine stille Umgebung nothwendig, damit das Ohr nicht durch fremde Geräusche abgestumpft und gestört wird. Ein noch schwerer wiegendes Hinderniss seiner praktischen Verwendung besteht aber darin, dass es auch vollständiger elektrischer Ruhe bedarf. Da es ausserordentlich schwache Ströme sind, welche durch die schwingende Eisenmembran erzeugt werden, und die andrerseits die Eisenmembran des anderen Instrumentes in ähnliche Schwingungen versetzen, so genügen auch sehr schwache fremde Ströme, um die letzteren zu stören und ver- wirrende Geräusche anderen Ursprungs dem Ohre zuzuführen. Um mir Anhaltspunkte für die Beurtheilung der Stärke der

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/450>, abgerufen am 22.11.2024.