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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

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Trotz dieser grossen Empfindlichkeit des Bell'schen Telephons
überträgt es doch die Schallwellen, von denen seine Membran
getroffen wird, nur sehr unvollständig auf die correspondirende
Membran und das derselben genäherte Ohr. Als der Schallöffnung
eines nach Bell's Angaben construirten, sehr empfindlichen Tele-
phons eine laut tickende Taschenuhr genähert wurde, konnte man
das laute Ticken derselben im andern Telephon nicht hören,
selbst dann nicht, als die Uhr das Gehäuse des Telephons un-
mittelbar berührte. Das oben erwähnte Fadentelephon übertrug
das Ticken dagegen durch einen ca. 20 m langen Faden noch
sehr deutlich. Dasselbe war noch vernehmbar, wenn die Uhr
8 cm von der Mündung des cylindrischen Hörrohrs entfernt
war. Direct war das Ticken mit ungefähr gleicher Deutlichkeit
noch auf 130 cm Entfernung hörbar, das Fadentelephon über-
trug mithin etwa 1/260 der Schallstärke. Da das elektrische Tele-
phon die leiseste Sprache noch verständlich übertrug, so muss es
das tonlose, tickende, wenn auch lautere Geräusch der schnellen
und unregelmässigen Schwingungen wegen, die es bilden, nicht
mehr übermitteln können.

Aus gleicher Ursache ist auch die eigentliche, ganz tonlose
Flüsterstimme durch das elektrische Telephon nicht mehr ver-
nehmbar, während sie durch das Fadentelephon auf 20 m Ent-
fernung noch deutlich vernehmbar ist. Ebenso übertragen elek-
trische Telephone, welche die leiseste Sprache noch deutlich
wiedergeben, den lauten, aber tonlosen Schlag zweier Eisenstücke
oder Glasstücke gar nicht oder doch kaum merkbar.

Auffallend ist es, dass das elektrische Telephon trotz dieser
geringen Fähigkeit, die aus sehr schnellen und unregelmässigen
Schwingungen bestehenden Geräusche zu übertragen, doch die
Klangfarbe der Töne und Sprachlaute so treu wiedergiebt, dass
man die Stimmen des Sprechenden fast eben so gut durch das
Telephon, als direct erkennen kann. Doch klingt die Stimme
etwas klangreicher, was dem Umstande zuzuschreiben ist, dass
die Töne besser und kräftiger reproducirt werden, als die Sprach-
geräusche. Auch der Gesang klingt durch das Telephon in der
Regel weicher und tonreicher als direct.

Um einen Anhalt dafür zu gewinnen, welchen Bruchtheil
der Schallstärke, welche die Membran des einen Telephons trifft,

Trotz dieser grossen Empfindlichkeit des Bell’schen Telephons
überträgt es doch die Schallwellen, von denen seine Membran
getroffen wird, nur sehr unvollständig auf die correspondirende
Membran und das derselben genäherte Ohr. Als der Schallöffnung
eines nach Bell’s Angaben construirten, sehr empfindlichen Tele-
phons eine laut tickende Taschenuhr genähert wurde, konnte man
das laute Ticken derselben im andern Telephon nicht hören,
selbst dann nicht, als die Uhr das Gehäuse des Telephons un-
mittelbar berührte. Das oben erwähnte Fadentelephon übertrug
das Ticken dagegen durch einen ca. 20 m langen Faden noch
sehr deutlich. Dasselbe war noch vernehmbar, wenn die Uhr
8 cm von der Mündung des cylindrischen Hörrohrs entfernt
war. Direct war das Ticken mit ungefähr gleicher Deutlichkeit
noch auf 130 cm Entfernung hörbar, das Fadentelephon über-
trug mithin etwa 1/260 der Schallstärke. Da das elektrische Tele-
phon die leiseste Sprache noch verständlich übertrug, so muss es
das tonlose, tickende, wenn auch lautere Geräusch der schnellen
und unregelmässigen Schwingungen wegen, die es bilden, nicht
mehr übermitteln können.

Aus gleicher Ursache ist auch die eigentliche, ganz tonlose
Flüsterstimme durch das elektrische Telephon nicht mehr ver-
nehmbar, während sie durch das Fadentelephon auf 20 m Ent-
fernung noch deutlich vernehmbar ist. Ebenso übertragen elek-
trische Telephone, welche die leiseste Sprache noch deutlich
wiedergeben, den lauten, aber tonlosen Schlag zweier Eisenstücke
oder Glasstücke gar nicht oder doch kaum merkbar.

Auffallend ist es, dass das elektrische Telephon trotz dieser
geringen Fähigkeit, die aus sehr schnellen und unregelmässigen
Schwingungen bestehenden Geräusche zu übertragen, doch die
Klangfarbe der Töne und Sprachlaute so treu wiedergiebt, dass
man die Stimmen des Sprechenden fast eben so gut durch das
Telephon, als direct erkennen kann. Doch klingt die Stimme
etwas klangreicher, was dem Umstande zuzuschreiben ist, dass
die Töne besser und kräftiger reproducirt werden, als die Sprach-
geräusche. Auch der Gesang klingt durch das Telephon in der
Regel weicher und tonreicher als direct.

Um einen Anhalt dafür zu gewinnen, welchen Bruchtheil
der Schallstärke, welche die Membran des einen Telephons trifft,

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[431/0453] Trotz dieser grossen Empfindlichkeit des Bell’schen Telephons überträgt es doch die Schallwellen, von denen seine Membran getroffen wird, nur sehr unvollständig auf die correspondirende Membran und das derselben genäherte Ohr. Als der Schallöffnung eines nach Bell’s Angaben construirten, sehr empfindlichen Tele- phons eine laut tickende Taschenuhr genähert wurde, konnte man das laute Ticken derselben im andern Telephon nicht hören, selbst dann nicht, als die Uhr das Gehäuse des Telephons un- mittelbar berührte. Das oben erwähnte Fadentelephon übertrug das Ticken dagegen durch einen ca. 20 m langen Faden noch sehr deutlich. Dasselbe war noch vernehmbar, wenn die Uhr 8 cm von der Mündung des cylindrischen Hörrohrs entfernt war. Direct war das Ticken mit ungefähr gleicher Deutlichkeit noch auf 130 cm Entfernung hörbar, das Fadentelephon über- trug mithin etwa 1/260 der Schallstärke. Da das elektrische Tele- phon die leiseste Sprache noch verständlich übertrug, so muss es das tonlose, tickende, wenn auch lautere Geräusch der schnellen und unregelmässigen Schwingungen wegen, die es bilden, nicht mehr übermitteln können. Aus gleicher Ursache ist auch die eigentliche, ganz tonlose Flüsterstimme durch das elektrische Telephon nicht mehr ver- nehmbar, während sie durch das Fadentelephon auf 20 m Ent- fernung noch deutlich vernehmbar ist. Ebenso übertragen elek- trische Telephone, welche die leiseste Sprache noch deutlich wiedergeben, den lauten, aber tonlosen Schlag zweier Eisenstücke oder Glasstücke gar nicht oder doch kaum merkbar. Auffallend ist es, dass das elektrische Telephon trotz dieser geringen Fähigkeit, die aus sehr schnellen und unregelmässigen Schwingungen bestehenden Geräusche zu übertragen, doch die Klangfarbe der Töne und Sprachlaute so treu wiedergiebt, dass man die Stimmen des Sprechenden fast eben so gut durch das Telephon, als direct erkennen kann. Doch klingt die Stimme etwas klangreicher, was dem Umstande zuzuschreiben ist, dass die Töne besser und kräftiger reproducirt werden, als die Sprach- geräusche. Auch der Gesang klingt durch das Telephon in der Regel weicher und tonreicher als direct. Um einen Anhalt dafür zu gewinnen, welchen Bruchtheil der Schallstärke, welche die Membran des einen Telephons trifft,

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/453>, abgerufen am 22.11.2024.