Linie. Welch ein unentbehrliches Verkehrsmittel die Telegraphie bereits geworden ist, zeigt sich am besten, wenn durch heftige Stürme oder durch ein anderes ausserordentliches Ereigniss ein- mal eine dauernde Störung des Telegraphenbetriebes irgendwo eintritt. Es wird dies als eine kaum erträgliche Calamität em- pfunden, und unzählige Interessen leiden darunter schwer. Aber dennoch bürgt der bisherige Entwicklungsgang dafür, dass wir erst im Beginne der telegraphischen Aera stehen. Ist doch erst in der allerneuesten Zeit das Telephon erfunden worden, welches dem Telegraphen, der bis dahin schon anzeigte, schrieb, druckte und zeichnete, auch noch die Fähigkeit gegeben hat, die mensch- liche Sprache direct zu übertragen! Doch nicht auf die Mitthei- lung von Nachrichten allein beschränkt sich die Telegraphie im weiteren Sinne. Die durch den elektrischen Strom gegebene Möglichkeit, ohne merklichen Zeitverlust an entfernten Orten eine mechanische Wirkung auszuüben, hat ihm eine grosse Zahl anderweitiger Dienstleistungen auferlegt. Der Eisenbahntele- graph regelt den Gang der Züge, elektrische Signaleinrichtungen aller Art sichern diese und das Publicum gegen Gefahren. Die Blockirungsapparate vergrössern die Leistungsfähigkeit der Bah- nen, die Stationsblockapparate geleiten die Züge gefahrlos durch das Wirrsal von Geleisen und Weichen der Bahnhöfe, indem sie Entgleisungen oder Zusammenstösse, die durch Irrthümer oder Fahrlässigkeit hervorgerufen werden könnten, verhüten. Die elektrische Klingel verdrängt mehr und mehr die unbequeme und unsichere mechanische sowohl in den Wohnhäusern, als in Fabriken und Bergwerken. Der Feuertelegraph meldet das be- ginnende, noch leicht zu löschende Feuer, und telegraphisch wird ein versuchter Einbruch selbstthätig angezeigt. Der Militärtele- graph leitet die Bewegung und die Verpflegung des Heeres, der Vorpostentelegraph bringt sogar dessen äusserste Fühlhörner, die Vorposten, in steten directen Verkehr mit der Führung. Der elektrische Distanzmesser verkündet den Batterieen die Entfernung und Stellung des feindlichen Schiffes und zeigt den Augenblick an, in welchem der Verderben bringende Tor- pedo elektrisch zu zünden ist. Der elektrische Strom misst die Geschwindigkeit des Geschosses in der Luft und die Zunahme seiner Geschwindigkeit in jedem Theile des Geschützrohres.
Linie. Welch ein unentbehrliches Verkehrsmittel die Telegraphie bereits geworden ist, zeigt sich am besten, wenn durch heftige Stürme oder durch ein anderes ausserordentliches Ereigniss ein- mal eine dauernde Störung des Telegraphenbetriebes irgendwo eintritt. Es wird dies als eine kaum erträgliche Calamität em- pfunden, und unzählige Interessen leiden darunter schwer. Aber dennoch bürgt der bisherige Entwicklungsgang dafür, dass wir erst im Beginne der telegraphischen Aera stehen. Ist doch erst in der allerneuesten Zeit das Telephon erfunden worden, welches dem Telegraphen, der bis dahin schon anzeigte, schrieb, druckte und zeichnete, auch noch die Fähigkeit gegeben hat, die mensch- liche Sprache direct zu übertragen! Doch nicht auf die Mitthei- lung von Nachrichten allein beschränkt sich die Telegraphie im weiteren Sinne. Die durch den elektrischen Strom gegebene Möglichkeit, ohne merklichen Zeitverlust an entfernten Orten eine mechanische Wirkung auszuüben, hat ihm eine grosse Zahl anderweitiger Dienstleistungen auferlegt. Der Eisenbahntele- graph regelt den Gang der Züge, elektrische Signaleinrichtungen aller Art sichern diese und das Publicum gegen Gefahren. Die Blockirungsapparate vergrössern die Leistungsfähigkeit der Bah- nen, die Stationsblockapparate geleiten die Züge gefahrlos durch das Wirrsal von Geleisen und Weichen der Bahnhöfe, indem sie Entgleisungen oder Zusammenstösse, die durch Irrthümer oder Fahrlässigkeit hervorgerufen werden könnten, verhüten. Die elektrische Klingel verdrängt mehr und mehr die unbequeme und unsichere mechanische sowohl in den Wohnhäusern, als in Fabriken und Bergwerken. Der Feuertelegraph meldet das be- ginnende, noch leicht zu löschende Feuer, und telegraphisch wird ein versuchter Einbruch selbstthätig angezeigt. Der Militärtele- graph leitet die Bewegung und die Verpflegung des Heeres, der Vorpostentelegraph bringt sogar dessen äusserste Fühlhörner, die Vorposten, in steten directen Verkehr mit der Führung. Der elektrische Distanzmesser verkündet den Batterieen die Entfernung und Stellung des feindlichen Schiffes und zeigt den Augenblick an, in welchem der Verderben bringende Tor- pedo elektrisch zu zünden ist. Der elektrische Strom misst die Geschwindigkeit des Geschosses in der Luft und die Zunahme seiner Geschwindigkeit in jedem Theile des Geschützrohres.
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Linie. Welch ein unentbehrliches Verkehrsmittel die Telegraphie
bereits geworden ist, zeigt sich am besten, wenn durch heftige
Stürme oder durch ein anderes ausserordentliches Ereigniss ein-
mal eine dauernde Störung des Telegraphenbetriebes irgendwo
eintritt. Es wird dies als eine kaum erträgliche Calamität em-
pfunden, und unzählige Interessen leiden darunter schwer. Aber
dennoch bürgt der bisherige Entwicklungsgang dafür, dass wir
erst im Beginne der telegraphischen Aera stehen. Ist doch erst
in der allerneuesten Zeit das Telephon erfunden worden, welches
dem Telegraphen, der bis dahin schon anzeigte, schrieb, druckte
und zeichnete, auch noch die Fähigkeit gegeben hat, die mensch-
liche Sprache direct zu übertragen! Doch nicht auf die Mitthei-
lung von Nachrichten allein beschränkt sich die Telegraphie im
weiteren Sinne. Die durch den elektrischen Strom gegebene
Möglichkeit, ohne merklichen Zeitverlust an entfernten Orten
eine mechanische Wirkung auszuüben, hat ihm eine grosse Zahl
anderweitiger Dienstleistungen auferlegt. Der Eisenbahntele-
graph regelt den Gang der Züge, elektrische Signaleinrichtungen
aller Art sichern diese und das Publicum gegen Gefahren. Die
Blockirungsapparate vergrössern die Leistungsfähigkeit der Bah-
nen, die Stationsblockapparate geleiten die Züge gefahrlos durch
das Wirrsal von Geleisen und Weichen der Bahnhöfe, indem sie
Entgleisungen oder Zusammenstösse, die durch Irrthümer oder
Fahrlässigkeit hervorgerufen werden könnten, verhüten. Die
elektrische Klingel verdrängt mehr und mehr die unbequeme
und unsichere mechanische sowohl in den Wohnhäusern, als in
Fabriken und Bergwerken. Der Feuertelegraph meldet das be-
ginnende, noch leicht zu löschende Feuer, und telegraphisch wird
ein versuchter Einbruch selbstthätig angezeigt. Der Militärtele-
graph leitet die Bewegung und die Verpflegung des Heeres, der
Vorpostentelegraph bringt sogar dessen äusserste Fühlhörner,
die Vorposten, in steten directen Verkehr mit der Führung.
Der elektrische Distanzmesser verkündet den Batterieen die
Entfernung und Stellung des feindlichen Schiffes und zeigt
den Augenblick an, in welchem der Verderben bringende Tor-
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/494>, abgerufen am 22.11.2024.
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