Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

selbe unterschied sich von den bisherigen wesentlich dadurch, daß
die electrischen Ströme nicht durch eine galvanische Batterie, son¬
dern durch Stahlmagnete erzeugt wurden. Im übrigen befolgten
sie den Vorschlag Fechner's, nur einen Leitungskreis anzuwen¬
den und das Alphabet aus Gruppen zweier Elementarzeichen,
der Nadelablenkung nach rechts und nach links, zusammenzu¬
setzen. Anstatt der leichten Magnetnadel wandten Gauß und
Weber jedoch einen stärkeren Magnetstab mit einem kleinen
Spiegel an, in welchem sie das Bild eines beleuchteten Ma߬
stabes mit enger Theilung vermittelst eines Fernrohrs beobach¬
teten. Da hiermit auch die kleinste Drehung des an einem
Seidenfaden aufgehängten Magnetstabes deutlich zu erkennen
war, so brauchte die an dem andern Orte zwischen den Polen
zweier kräftiger Magnetstäbe aufgestellte Drahtrolle, welche
mit den dortigen Enden der beiden Leitungsdrähte verbunden
war, nur ein wenig nach dem einen oder andern Magnetpol
hin- und wieder zurückbewegt zu werden, um ein deutliches Zucken
des Maßstabes im Spiegel nach rechts oder links sichtbar zu
machen.

Dieser Telegraph von Gauß und Weber verdient noch des¬
wegen besondere Beachtung, weil er zuerst wirklich ausgeführt
wurde und vom Jahre 1833 bis zum Jahre 1844 zur telegra¬
phischen Verbindung zwischen dem magnetischen Observatorium
in Göttingen und der Sternwarte diente. In diesem Jahre
schlug ein Blitz in diese erste über die Stadt Göttingen fort¬
geführte Leitung und zerstörte sie vollständig.

Angeregt durch die glänzenden Erfolge Gauß und Weber's,
beschäftigte sich Steinheil in München mit der practischen Aus¬
bildung des electrischen Telegraphen. Seine Telegraphenanlage,
welche das Academiegebäude in München mit der in dem be¬
nachbarten Orte Bogenhausen befindlichen Sternwarte verband
und zwei Zwischenstationen hatte, war im Jahre 1837 vollen¬

ſelbe unterſchied ſich von den bisherigen weſentlich dadurch, daß
die electriſchen Ströme nicht durch eine galvaniſche Batterie, ſon¬
dern durch Stahlmagnete erzeugt wurden. Im übrigen befolgten
ſie den Vorſchlag Fechner's, nur einen Leitungskreis anzuwen¬
den und das Alphabet aus Gruppen zweier Elementarzeichen,
der Nadelablenkung nach rechts und nach links, zuſammenzu¬
ſetzen. Anſtatt der leichten Magnetnadel wandten Gauß und
Weber jedoch einen ſtärkeren Magnetſtab mit einem kleinen
Spiegel an, in welchem ſie das Bild eines beleuchteten Ma߬
ſtabes mit enger Theilung vermittelſt eines Fernrohrs beobach¬
teten. Da hiermit auch die kleinſte Drehung des an einem
Seidenfaden aufgehängten Magnetſtabes deutlich zu erkennen
war, ſo brauchte die an dem andern Orte zwiſchen den Polen
zweier kräftiger Magnetſtäbe aufgeſtellte Drahtrolle, welche
mit den dortigen Enden der beiden Leitungsdrähte verbunden
war, nur ein wenig nach dem einen oder andern Magnetpol
hin- und wieder zurückbewegt zu werden, um ein deutliches Zucken
des Maßſtabes im Spiegel nach rechts oder links ſichtbar zu
machen.

Dieſer Telegraph von Gauß und Weber verdient noch des¬
wegen beſondere Beachtung, weil er zuerſt wirklich ausgeführt
wurde und vom Jahre 1833 bis zum Jahre 1844 zur telegra¬
phiſchen Verbindung zwiſchen dem magnetiſchen Obſervatorium
in Göttingen und der Sternwarte diente. In dieſem Jahre
ſchlug ein Blitz in dieſe erſte über die Stadt Göttingen fort¬
geführte Leitung und zerſtörte ſie vollſtändig.

Angeregt durch die glänzenden Erfolge Gauß und Weber's,
beſchäftigte ſich Steinheil in München mit der practiſchen Aus¬
bildung des electriſchen Telegraphen. Seine Telegraphenanlage,
welche das Academiegebäude in München mit der in dem be¬
nachbarten Orte Bogenhauſen befindlichen Sternwarte verband
und zwei Zwiſchenſtationen hatte, war im Jahre 1837 vollen¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0018" n="12"/>
&#x017F;elbe unter&#x017F;chied &#x017F;ich von den bisherigen we&#x017F;entlich dadurch, daß<lb/>
die electri&#x017F;chen Ströme nicht durch eine galvani&#x017F;che Batterie, &#x017F;on¬<lb/>
dern durch Stahlmagnete erzeugt wurden. Im übrigen befolgten<lb/>
&#x017F;ie den Vor&#x017F;chlag <hi rendition="#g">Fechner's</hi>, nur einen Leitungskreis anzuwen¬<lb/>
den und das Alphabet aus Gruppen zweier Elementarzeichen,<lb/>
der Nadelablenkung nach rechts und nach links, zu&#x017F;ammenzu¬<lb/>
&#x017F;etzen. An&#x017F;tatt der leichten Magnetnadel wandten Gauß und<lb/>
Weber jedoch einen &#x017F;tärkeren Magnet&#x017F;tab mit einem kleinen<lb/>
Spiegel an, in welchem &#x017F;ie das Bild eines beleuchteten Ma߬<lb/>
&#x017F;tabes mit enger Theilung vermittel&#x017F;t eines Fernrohrs beobach¬<lb/>
teten. Da hiermit auch die klein&#x017F;te Drehung des an einem<lb/>
Seidenfaden aufgehängten Magnet&#x017F;tabes deutlich zu erkennen<lb/>
war, &#x017F;o brauchte die an dem andern Orte zwi&#x017F;chen den Polen<lb/>
zweier kräftiger Magnet&#x017F;täbe aufge&#x017F;tellte Drahtrolle, welche<lb/>
mit den dortigen Enden der beiden Leitungsdrähte verbunden<lb/>
war, nur ein wenig nach dem einen oder andern Magnetpol<lb/>
hin- und wieder zurückbewegt zu werden, um ein deutliches Zucken<lb/>
des Maß&#x017F;tabes im Spiegel nach rechts oder links &#x017F;ichtbar zu<lb/>
machen.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er Telegraph von Gauß und Weber verdient noch des¬<lb/>
wegen be&#x017F;ondere Beachtung, weil er zuer&#x017F;t wirklich ausgeführt<lb/>
wurde und vom Jahre 1833 bis zum Jahre 1844 zur telegra¬<lb/>
phi&#x017F;chen Verbindung zwi&#x017F;chen dem magneti&#x017F;chen Ob&#x017F;ervatorium<lb/>
in Göttingen und der Sternwarte diente. In die&#x017F;em Jahre<lb/>
&#x017F;chlug ein Blitz in die&#x017F;e er&#x017F;te über die Stadt Göttingen fort¬<lb/>
geführte Leitung und zer&#x017F;törte &#x017F;ie voll&#x017F;tändig.</p><lb/>
        <p>Angeregt durch die glänzenden Erfolge Gauß und Weber's,<lb/>
be&#x017F;chäftigte &#x017F;ich <hi rendition="#g">Steinheil</hi> in München mit der practi&#x017F;chen Aus¬<lb/>
bildung des electri&#x017F;chen Telegraphen. Seine Telegraphenanlage,<lb/>
welche das Academiegebäude in München mit der in dem be¬<lb/>
nachbarten Orte Bogenhau&#x017F;en befindlichen Sternwarte verband<lb/>
und zwei Zwi&#x017F;chen&#x017F;tationen hatte, war im Jahre 1837 vollen¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0018] ſelbe unterſchied ſich von den bisherigen weſentlich dadurch, daß die electriſchen Ströme nicht durch eine galvaniſche Batterie, ſon¬ dern durch Stahlmagnete erzeugt wurden. Im übrigen befolgten ſie den Vorſchlag Fechner's, nur einen Leitungskreis anzuwen¬ den und das Alphabet aus Gruppen zweier Elementarzeichen, der Nadelablenkung nach rechts und nach links, zuſammenzu¬ ſetzen. Anſtatt der leichten Magnetnadel wandten Gauß und Weber jedoch einen ſtärkeren Magnetſtab mit einem kleinen Spiegel an, in welchem ſie das Bild eines beleuchteten Ma߬ ſtabes mit enger Theilung vermittelſt eines Fernrohrs beobach¬ teten. Da hiermit auch die kleinſte Drehung des an einem Seidenfaden aufgehängten Magnetſtabes deutlich zu erkennen war, ſo brauchte die an dem andern Orte zwiſchen den Polen zweier kräftiger Magnetſtäbe aufgeſtellte Drahtrolle, welche mit den dortigen Enden der beiden Leitungsdrähte verbunden war, nur ein wenig nach dem einen oder andern Magnetpol hin- und wieder zurückbewegt zu werden, um ein deutliches Zucken des Maßſtabes im Spiegel nach rechts oder links ſichtbar zu machen. Dieſer Telegraph von Gauß und Weber verdient noch des¬ wegen beſondere Beachtung, weil er zuerſt wirklich ausgeführt wurde und vom Jahre 1833 bis zum Jahre 1844 zur telegra¬ phiſchen Verbindung zwiſchen dem magnetiſchen Obſervatorium in Göttingen und der Sternwarte diente. In dieſem Jahre ſchlug ein Blitz in dieſe erſte über die Stadt Göttingen fort¬ geführte Leitung und zerſtörte ſie vollſtändig. Angeregt durch die glänzenden Erfolge Gauß und Weber's, beſchäftigte ſich Steinheil in München mit der practiſchen Aus¬ bildung des electriſchen Telegraphen. Seine Telegraphenanlage, welche das Academiegebäude in München mit der in dem be¬ nachbarten Orte Bogenhauſen befindlichen Sternwarte verband und zwei Zwiſchenſtationen hatte, war im Jahre 1837 vollen¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/18
Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/18>, abgerufen am 03.12.2024.