Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796.aus Sibirien. Mitternacht wechselte ich in der Station Paschkowa,die von dem ehemaligen Woewoden Paschkof ihren Na- men behalten hat, Pferde, und erreichte Morgens früh die am Baikalsee gelegne Station Listwenischnoe. -- Hier wo die Angara, als der einzige Ausfluß aus dem See, hervorkömmt, öfnet sich das ihn umgebende Gebirge wie mit einer ungeheuren großen Pforte, und man erblickt auf einmal den vier bis fünf Meilen breiten See, mit denen ihn an der Südlichen und Südwestli- chen Seite umgebenden, theils mit ewigem Schnee be- deckten Granitgebirgen, welche bey hellem Wetter einen majestätischen Anblick gewähren. Die Angara soll auf jede Werste einen Faden Fall haben, so daß also die Stadt Jrkuzk an die sechzig Faden niedriger, als der Baikal, liegen würde. Der Baikalsee, den die Russen auch Swäto Baikal,
aus Sibirien. Mitternacht wechſelte ich in der Station Paſchkowa,die von dem ehemaligen Woewoden Paſchkof ihren Na- men behalten hat, Pferde, und erreichte Morgens fruͤh die am Baikalſee gelegne Station Liſtweniſchnoe. — Hier wo die Angara, als der einzige Ausfluß aus dem See, hervorkoͤmmt, oͤfnet ſich das ihn umgebende Gebirge wie mit einer ungeheuren großen Pforte, und man erblickt auf einmal den vier bis fuͤnf Meilen breiten See, mit denen ihn an der Suͤdlichen und Suͤdweſtli- chen Seite umgebenden, theils mit ewigem Schnee be- deckten Granitgebirgen, welche bey hellem Wetter einen majeſtaͤtiſchen Anblick gewaͤhren. Die Angara ſoll auf jede Werſte einen Faden Fall haben, ſo daß alſo die Stadt Jrkuzk an die ſechzig Faden niedriger, als der Baikal, liegen wuͤrde. Der Baikalſee, den die Ruſſen auch Swaͤto Baikal,
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aus Sibirien.
Mitternacht wechſelte ich in der Station Paſchkowa,
die von dem ehemaligen Woewoden Paſchkof ihren Na-
men behalten hat, Pferde, und erreichte Morgens fruͤh
die am Baikalſee gelegne Station Liſtweniſchnoe.
— Hier wo die Angara, als der einzige Ausfluß aus
dem See, hervorkoͤmmt, oͤfnet ſich das ihn umgebende
Gebirge wie mit einer ungeheuren großen Pforte, und
man erblickt auf einmal den vier bis fuͤnf Meilen breiten
See, mit denen ihn an der Suͤdlichen und Suͤdweſtli-
chen Seite umgebenden, theils mit ewigem Schnee be-
deckten Granitgebirgen, welche bey hellem Wetter einen
majeſtaͤtiſchen Anblick gewaͤhren. Die Angara ſoll auf
jede Werſte einen Faden Fall haben, ſo daß alſo die
Stadt Jrkuzk an die ſechzig Faden niedriger, als der
Baikal, liegen wuͤrde.
Der Baikalſee, den die Ruſſen auch Swaͤto
More (das heilige Meer) nennen, heiſt auf Mongoliſch
Baiguͤll, welches die Chineſer in Pe-chai verderbt
haben. Seine Laͤnge, welche nach einigen Sagen jaͤhr-
lich zunehmen ſoll, wird auf 800, und die groͤßte Breite
zwiſchen 80 und 90 Werſte geſchaͤzt. Es ſollen in
denſelben 177 große und kleine Gewaͤſſer ihren Ausfluß
haben. Es iſt aͤußerſt wahrſcheinlich, daß das tiefe
Bette deſſelben, durch ein Erdbeben und Einſturz des
Gebirges entſtanden iſt; aber zu welcher Zeit dieſes ge-
ſchehen ſey, daruͤber ſind auch nicht einmal Traditionen
uͤbrig. Vielleicht ſtammen von einer gleichzeitigen Ueber-
ſchwemmung auch wohl die großen Baumſtaͤmme, Kno-
chen und ungeheuren Buͤffelkoͤpfe her, die man um den
Baikal,
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