Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ernst, George: Das Training des Trabers. Wien, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

sondern man soll sie abwechselnd fest ver-
halten, dann aber langsam und fast unmerk-
lich wieder nachlassen und auf diese Art
verhüten, dass das Gefühl in den Kinn-
laden ganz erstirbt. Selten wird ein Pferd
von Natur aus stark in die Hand gehen;
es gibt solche von besonders feurigem Tem-
perament und welche daher, besonders wenn
sie in Gesellschaft mit anderen Pferden
gehen, hart in die Zügel drängen, aber ge-
wöhnlich ist dies doch nur eine Folge der
schlechten Zügelführung, der sie beim Ein-
fahren ausgesetzt waren.

Ein Pferd darf sich durch Geschirr und
Zäumung nicht im mindesten beengt und ge-
hindert fühlen, wenn es seine beste Leistung zu
Wege bringen soll. Wird es irgendwie ge-
drückt oder genirt, so geht es unter genau
so ungünstigen Bedingungen zum Start, als
wäre es krank oder steif. Man sieht manch-
mal Pferde aus dem Stalle auf die Renn-
bahn bringen, welche einerseits einen fest-
angezogenen Aufsatzzügel haben, um ihren
Kopf hoch zu halten und andererseits wieder
einen eben so fest angezogenen Martingal,
um den Kopf herunterzuziehen. Ein so ge-
schirrtes Pferd hat nicht den mindesten
Spielraum für seine Bewegung und geht

sondern man soll sie abwechselnd fest ver-
halten, dann aber langsam und fast unmerk-
lich wieder nachlassen und auf diese Art
verhüten, dass das Gefühl in den Kinn-
laden ganz erstirbt. Selten wird ein Pferd
von Natur aus stark in die Hand gehen;
es gibt solche von besonders feurigem Tem-
perament und welche daher, besonders wenn
sie in Gesellschaft mit anderen Pferden
gehen, hart in die Zügel drängen, aber ge-
wöhnlich ist dies doch nur eine Folge der
schlechten Zügelführung, der sie beim Ein-
fahren ausgesetzt waren.

Ein Pferd darf sich durch Geschirr und
Zäumung nicht im mindesten beengt und ge-
hindert fühlen, wenn es seine beste Leistung zu
Wege bringen soll. Wird es irgendwie ge-
drückt oder genirt, so geht es unter genau
so ungünstigen Bedingungen zum Start, als
wäre es krank oder steif. Man sieht manch-
mal Pferde aus dem Stalle auf die Renn-
bahn bringen, welche einerseits einen fest-
angezogenen Aufsatzzügel haben, um ihren
Kopf hoch zu halten und andererseits wieder
einen eben so fest angezogenen Martingal,
um den Kopf herunterzuziehen. Ein so ge-
schirrtes Pferd hat nicht den mindesten
Spielraum für seine Bewegung und geht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0159" n="143"/>
sondern man soll sie abwechselnd fest ver-<lb/>
halten, dann aber langsam und fast unmerk-<lb/>
lich wieder nachlassen und auf diese Art<lb/>
verhüten, dass das Gefühl in den Kinn-<lb/>
laden ganz erstirbt. Selten wird ein Pferd<lb/>
von Natur aus stark in die Hand gehen;<lb/>
es gibt solche von besonders feurigem Tem-<lb/>
perament und welche daher, besonders wenn<lb/>
sie in Gesellschaft mit anderen Pferden<lb/>
gehen, hart in die Zügel drängen, aber ge-<lb/>
wöhnlich ist dies doch nur eine Folge der<lb/>
schlechten Zügelführung, der sie beim Ein-<lb/>
fahren ausgesetzt waren.</p><lb/>
        <p>Ein Pferd darf sich durch Geschirr und<lb/>
Zäumung nicht im mindesten beengt und ge-<lb/>
hindert fühlen, wenn es seine beste Leistung zu<lb/>
Wege bringen soll. Wird es irgendwie ge-<lb/>
drückt oder genirt, so geht es unter genau<lb/>
so ungünstigen Bedingungen zum Start, als<lb/>
wäre es krank oder steif. Man sieht manch-<lb/>
mal Pferde aus dem Stalle auf die Renn-<lb/>
bahn bringen, welche einerseits einen fest-<lb/>
angezogenen Aufsatzzügel haben, um ihren<lb/>
Kopf hoch zu halten und andererseits wieder<lb/>
einen eben so fest angezogenen Martingal,<lb/>
um den Kopf herunterzuziehen. Ein so ge-<lb/>
schirrtes Pferd hat nicht den mindesten<lb/>
Spielraum für seine Bewegung und geht<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0159] sondern man soll sie abwechselnd fest ver- halten, dann aber langsam und fast unmerk- lich wieder nachlassen und auf diese Art verhüten, dass das Gefühl in den Kinn- laden ganz erstirbt. Selten wird ein Pferd von Natur aus stark in die Hand gehen; es gibt solche von besonders feurigem Tem- perament und welche daher, besonders wenn sie in Gesellschaft mit anderen Pferden gehen, hart in die Zügel drängen, aber ge- wöhnlich ist dies doch nur eine Folge der schlechten Zügelführung, der sie beim Ein- fahren ausgesetzt waren. Ein Pferd darf sich durch Geschirr und Zäumung nicht im mindesten beengt und ge- hindert fühlen, wenn es seine beste Leistung zu Wege bringen soll. Wird es irgendwie ge- drückt oder genirt, so geht es unter genau so ungünstigen Bedingungen zum Start, als wäre es krank oder steif. Man sieht manch- mal Pferde aus dem Stalle auf die Renn- bahn bringen, welche einerseits einen fest- angezogenen Aufsatzzügel haben, um ihren Kopf hoch zu halten und andererseits wieder einen eben so fest angezogenen Martingal, um den Kopf herunterzuziehen. Ein so ge- schirrtes Pferd hat nicht den mindesten Spielraum für seine Bewegung und geht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silberer_traber_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silberer_traber_1883/159
Zitationshilfe: Ernst, George: Das Training des Trabers. Wien, 1883, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silberer_traber_1883/159>, abgerufen am 22.12.2024.