dieses begrifflich Geforderten, der Übergang der Geldfunktion an ein reines Zeichengeld, ihre völlige Lösung von jedem, die Geldquantität einschränkenden Substanzwert ist technisch unthunlich -- während doch der Fortschritt der Entwicklung so erfolgt, als ob sie an diesem Punkte münden sollte. Das ist so wenig ein Widerspruch, dass viel- mehr eine unübersehbare Anzahl von Entwicklungen nach demselben Schema vor sich gehen: sie nähern sich einem bestimmten Zielpunkte, werden durch denselben unzweideutig in ihrer Richtung bestimmt -- würden aber bei wirklicher Erreichung desselben grade die Qualitäten einbüssen, die sie durch das Streben zu ihm erhalten haben. Eine eminent geldwirtschaftliche Erscheinung mag das zunächst beleuchten, die zugleich an individuellen Verhältnissen eine Analogie für die Folgen unbegrenzter Geldvermehrung beibringt. Das Streben des Einzelnen, immer mehr Geld zu verdienen, ist von der grössten sozial-ökonomischen Bedeutung. Indem der Börsenkaufmann möglichst grosse Gewinne zu machen sucht, schafft er die Lebhaftigkeit des Verkehrs, die gegen- seitige Deckung von Angebot und Nachfrage, die Einbeziehung aller sonst sterilen Werte in den ökonomischen Kreislauf. Allein die Realisierung sehr hoher Börsengewinne ist in der Regel nur bei un- mässigem Schwanken der Kurse und Überwiegen des rein spekulativen Elementes zu erzielen. Durch dieses aber wird Produktion und Konsumtion der Waren, auf denen doch das soziale Interesse letzter Instanz beruht, teils hypertrophisch angeregt, teils vernachlässigt, jedenfalls aus der- jenigen Entwicklung herausgedrängt, die den eigenen inneren Be- dingungen und den realen Bedürfnissen entspricht. Hier ist es also das ganz spezifische Wesen des Geldes, auf dem sich die Divergenz des individuellen vom sozialen Interesse aufbaut, nachdem beide bis zu einem bestimmten Punkte zusammengegangen sind. Nur indem sich der Wert der Dinge von den Dingen selbst gelöst und eine Eigen- existenz an einem besonderen Substrat gewonnen hat, kann dieses Interessen, Bewegungen und Normen an sich ausbilden, die sich ge- legentlich denen der damit symbolisierten Objekte ganz entgegen- gesetzt verhalten. Das privatwirtschaftliche Bestreben, das sich an das Geld knüpft, kann das sozialwirtschaftliche, schliesslich an die zu produzierenden und zu konsumierenden Güter gebundene, so lange fördern, wie es sozusagen bloss Bestreben bleibt -- während die schliess- liche Erreichtheit seines Zwecks die des sozialen unterbinden kann. -- Am häufigsten und entschiedensten wird sich dieser Typus an Fällen verwirklichen, wo Impulse des Gefühls ein absolutes Ziel erstreben, ohne sich darüber klar zu sein, dass sich alle erhoffte Befriedigung nur an die relative Annäherung an dieses knüpft, um bei restloser
dieses begrifflich Geforderten, der Übergang der Geldfunktion an ein reines Zeichengeld, ihre völlige Lösung von jedem, die Geldquantität einschränkenden Substanzwert ist technisch unthunlich — während doch der Fortschritt der Entwicklung so erfolgt, als ob sie an diesem Punkte münden sollte. Das ist so wenig ein Widerspruch, daſs viel- mehr eine unübersehbare Anzahl von Entwicklungen nach demselben Schema vor sich gehen: sie nähern sich einem bestimmten Zielpunkte, werden durch denselben unzweideutig in ihrer Richtung bestimmt — würden aber bei wirklicher Erreichung desselben grade die Qualitäten einbüſsen, die sie durch das Streben zu ihm erhalten haben. Eine eminent geldwirtschaftliche Erscheinung mag das zunächst beleuchten, die zugleich an individuellen Verhältnissen eine Analogie für die Folgen unbegrenzter Geldvermehrung beibringt. Das Streben des Einzelnen, immer mehr Geld zu verdienen, ist von der gröſsten sozial-ökonomischen Bedeutung. Indem der Börsenkaufmann möglichst groſse Gewinne zu machen sucht, schafft er die Lebhaftigkeit des Verkehrs, die gegen- seitige Deckung von Angebot und Nachfrage, die Einbeziehung aller sonst sterilen Werte in den ökonomischen Kreislauf. Allein die Realisierung sehr hoher Börsengewinne ist in der Regel nur bei un- mäſsigem Schwanken der Kurse und Überwiegen des rein spekulativen Elementes zu erzielen. Durch dieses aber wird Produktion und Konsumtion der Waren, auf denen doch das soziale Interesse letzter Instanz beruht, teils hypertrophisch angeregt, teils vernachlässigt, jedenfalls aus der- jenigen Entwicklung herausgedrängt, die den eigenen inneren Be- dingungen und den realen Bedürfnissen entspricht. Hier ist es also das ganz spezifische Wesen des Geldes, auf dem sich die Divergenz des individuellen vom sozialen Interesse aufbaut, nachdem beide bis zu einem bestimmten Punkte zusammengegangen sind. Nur indem sich der Wert der Dinge von den Dingen selbst gelöst und eine Eigen- existenz an einem besonderen Substrat gewonnen hat, kann dieses Interessen, Bewegungen und Normen an sich ausbilden, die sich ge- legentlich denen der damit symbolisierten Objekte ganz entgegen- gesetzt verhalten. Das privatwirtschaftliche Bestreben, das sich an das Geld knüpft, kann das sozialwirtschaftliche, schlieſslich an die zu produzierenden und zu konsumierenden Güter gebundene, so lange fördern, wie es sozusagen bloſs Bestreben bleibt — während die schlieſs- liche Erreichtheit seines Zwecks die des sozialen unterbinden kann. — Am häufigsten und entschiedensten wird sich dieser Typus an Fällen verwirklichen, wo Impulse des Gefühls ein absolutes Ziel erstreben, ohne sich darüber klar zu sein, daſs sich alle erhoffte Befriedigung nur an die relative Annäherung an dieses knüpft, um bei restloser
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dieses begrifflich Geforderten, der Übergang der Geldfunktion an ein
reines Zeichengeld, ihre völlige Lösung von jedem, die Geldquantität
einschränkenden Substanzwert ist technisch unthunlich — während doch
der Fortschritt der Entwicklung so erfolgt, als ob sie an diesem
Punkte münden sollte. Das ist so wenig ein Widerspruch, daſs viel-
mehr eine unübersehbare Anzahl von Entwicklungen nach demselben
Schema vor sich gehen: sie nähern sich einem bestimmten Zielpunkte,
werden durch denselben unzweideutig in ihrer Richtung bestimmt —
würden aber bei wirklicher Erreichung desselben grade die Qualitäten
einbüſsen, die sie durch das Streben zu ihm erhalten haben. Eine
eminent geldwirtschaftliche Erscheinung mag das zunächst beleuchten,
die zugleich an individuellen Verhältnissen eine Analogie für die Folgen
unbegrenzter Geldvermehrung beibringt. Das Streben des Einzelnen,
immer mehr Geld zu verdienen, ist von der gröſsten sozial-ökonomischen
Bedeutung. Indem der Börsenkaufmann möglichst groſse Gewinne zu
machen sucht, schafft er die Lebhaftigkeit des Verkehrs, die gegen-
seitige Deckung von Angebot und Nachfrage, die Einbeziehung aller
sonst sterilen Werte in den ökonomischen Kreislauf. Allein die
Realisierung sehr hoher Börsengewinne ist in der Regel nur bei un-
mäſsigem Schwanken der Kurse und Überwiegen des rein spekulativen
Elementes zu erzielen. Durch dieses aber wird Produktion und Konsumtion
der Waren, auf denen doch das soziale Interesse letzter Instanz beruht,
teils hypertrophisch angeregt, teils vernachlässigt, jedenfalls aus der-
jenigen Entwicklung herausgedrängt, die den eigenen inneren Be-
dingungen und den realen Bedürfnissen entspricht. Hier ist es also
das ganz spezifische Wesen des Geldes, auf dem sich die Divergenz
des individuellen vom sozialen Interesse aufbaut, nachdem beide bis
zu einem bestimmten Punkte zusammengegangen sind. Nur indem sich
der Wert der Dinge von den Dingen selbst gelöst und eine Eigen-
existenz an einem besonderen Substrat gewonnen hat, kann dieses
Interessen, Bewegungen und Normen an sich ausbilden, die sich ge-
legentlich denen der damit symbolisierten Objekte ganz entgegen-
gesetzt verhalten. Das privatwirtschaftliche Bestreben, das sich an
das Geld knüpft, kann das sozialwirtschaftliche, schlieſslich an die zu
produzierenden und zu konsumierenden Güter gebundene, so lange
fördern, wie es sozusagen bloſs Bestreben bleibt — während die schlieſs-
liche Erreichtheit seines Zwecks die des sozialen unterbinden kann. —
Am häufigsten und entschiedensten wird sich dieser Typus an Fällen
verwirklichen, wo Impulse des Gefühls ein absolutes Ziel erstreben,
ohne sich darüber klar zu sein, daſs sich alle erhoffte Befriedigung
nur an die relative Annäherung an dieses knüpft, um bei restloser
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/156>, abgerufen am 21.11.2024.
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