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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900.

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So kann es seine Bedeutsamkeit weder als Spiegelung einer Subjek-
tivität noch in dem Reflex suchen, den es als Ausdruck der schaffen-
den Seele in diese zurückwirft, sondern kann sie ausschliesslich als
objektive Leistung, in seiner Wendung vom Subjekt weg, finden.
Dieser Zusammenhang zeigt sich nicht minder an seinem äussersten
Gegensatz, dem Kunstwerk. Dessen Wesen widerstrebt völlig jene
Aufteilung der Arbeit an eine Mehrzahl von Arbeitern, deren keiner
für sich ein Ganzes leiste. Das Kunstwerk ist unter allem Menschen-
werk die geschlossenste Einheit, die sich selbst genügendste Totalität
-- selbst den Staat nicht ausgenommen. Denn so sehr dieser, unter
besonderen Umständen, mit sich selbst auskommen mag, so saugt er
doch seine Elemente nicht so vollständig in sich ein, dass nicht ein
jedes noch ein Sonderleben mit Sonderinteressen führte: immer nur
mit einem Teile der Persönlichkeit, deren andere sich anderen Zentren
zuwenden, sind wir dem Staate verwachsen. Die Kunst dagegen be-
lässt keinem aufgenommenen Element eine Bedeutung ausserhalb des
Rahmens, in den sie es einstellt, das einzelne Kunstwerk vernichtet
den Vielsinn der Worte und der Töne, der Farben und der Formen,
um nur ihre ihm zugewandte Seite für das Bewusstsein bestehen zu
lassen. Diese Geschlossenheit des Kunstwerks aber bedeutet, dass eine
subjektive Seeleneinheit in ihm zum Ausdruck kommt; das Kunstwerk
fordert nur einen Menschen, diesen aber ganz und seiner zentralsten
Innerlichkeit nach: es vergilt dies dadurch, dass seine Form ihm der
reinste Spiegel und Ausdruck des Subjekts zu sein gestattet. Die
völlige Ablehnung der Arbeitsteilung ist so Ursache wie Symptom des
Zusammenhanges, der zwischen der in sich fertigen Totalität des
Werkes und der seelischen Einheit besteht. Umgekehrt, wo jene
herrscht, bewirkt sie eine Inkommensurabilität der Leistung mit dem
Leistenden, dieser erblickt sich nicht mehr in seinem Thun, das eine
allem Persönlich-Seelischen so unähnliche Form darbietet und nur als
eine ganz einseitig ausgebildete Partialität unseres Wesens erscheint,
gleichgültig gegen die einheitliche Ganzheit desselben. Die stark
arbeitsteilige, mit dem Bewusstsein dieses Charakters vollbrachte Leistung
drängt also schon von sich aus in die Kategorie der Objektivität, die
Betrachtung und Wirkung ihrer als einer rein sachlichen und ano-
nymen wird für den Arbeitenden selbst immer plausibler, der sie nicht
mehr in die Wurzel seines Gesamtlebenssystems hinabreichen fühlt.

Ich erwähnte eben, dass das sehr spezialisierte Produkt sich schon
seinem Begriffe nach anderen zuwendet, im Zusammenhange mit denen
es erst seine eigene Bedeutung findet. Darin liegt also, dass die Ein-
heit, die das vollendete Werk besitzt und die wir an seinen einzelnen

So kann es seine Bedeutsamkeit weder als Spiegelung einer Subjek-
tivität noch in dem Reflex suchen, den es als Ausdruck der schaffen-
den Seele in diese zurückwirft, sondern kann sie ausschlieſslich als
objektive Leistung, in seiner Wendung vom Subjekt weg, finden.
Dieser Zusammenhang zeigt sich nicht minder an seinem äuſsersten
Gegensatz, dem Kunstwerk. Dessen Wesen widerstrebt völlig jene
Aufteilung der Arbeit an eine Mehrzahl von Arbeitern, deren keiner
für sich ein Ganzes leiste. Das Kunstwerk ist unter allem Menschen-
werk die geschlossenste Einheit, die sich selbst genügendste Totalität
— selbst den Staat nicht ausgenommen. Denn so sehr dieser, unter
besonderen Umständen, mit sich selbst auskommen mag, so saugt er
doch seine Elemente nicht so vollständig in sich ein, daſs nicht ein
jedes noch ein Sonderleben mit Sonderinteressen führte: immer nur
mit einem Teile der Persönlichkeit, deren andere sich anderen Zentren
zuwenden, sind wir dem Staate verwachsen. Die Kunst dagegen be-
läſst keinem aufgenommenen Element eine Bedeutung auſserhalb des
Rahmens, in den sie es einstellt, das einzelne Kunstwerk vernichtet
den Vielsinn der Worte und der Töne, der Farben und der Formen,
um nur ihre ihm zugewandte Seite für das Bewuſstsein bestehen zu
lassen. Diese Geschlossenheit des Kunstwerks aber bedeutet, daſs eine
subjektive Seeleneinheit in ihm zum Ausdruck kommt; das Kunstwerk
fordert nur einen Menschen, diesen aber ganz und seiner zentralsten
Innerlichkeit nach: es vergilt dies dadurch, daſs seine Form ihm der
reinste Spiegel und Ausdruck des Subjekts zu sein gestattet. Die
völlige Ablehnung der Arbeitsteilung ist so Ursache wie Symptom des
Zusammenhanges, der zwischen der in sich fertigen Totalität des
Werkes und der seelischen Einheit besteht. Umgekehrt, wo jene
herrscht, bewirkt sie eine Inkommensurabilität der Leistung mit dem
Leistenden, dieser erblickt sich nicht mehr in seinem Thun, das eine
allem Persönlich-Seelischen so unähnliche Form darbietet und nur als
eine ganz einseitig ausgebildete Partialität unseres Wesens erscheint,
gleichgültig gegen die einheitliche Ganzheit desselben. Die stark
arbeitsteilige, mit dem Bewuſstsein dieses Charakters vollbrachte Leistung
drängt also schon von sich aus in die Kategorie der Objektivität, die
Betrachtung und Wirkung ihrer als einer rein sachlichen und ano-
nymen wird für den Arbeitenden selbst immer plausibler, der sie nicht
mehr in die Wurzel seines Gesamtlebenssystems hinabreichen fühlt.

Ich erwähnte eben, daſs das sehr spezialisierte Produkt sich schon
seinem Begriffe nach anderen zuwendet, im Zusammenhange mit denen
es erst seine eigene Bedeutung findet. Darin liegt also, daſs die Ein-
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[485/0509] So kann es seine Bedeutsamkeit weder als Spiegelung einer Subjek- tivität noch in dem Reflex suchen, den es als Ausdruck der schaffen- den Seele in diese zurückwirft, sondern kann sie ausschlieſslich als objektive Leistung, in seiner Wendung vom Subjekt weg, finden. Dieser Zusammenhang zeigt sich nicht minder an seinem äuſsersten Gegensatz, dem Kunstwerk. Dessen Wesen widerstrebt völlig jene Aufteilung der Arbeit an eine Mehrzahl von Arbeitern, deren keiner für sich ein Ganzes leiste. Das Kunstwerk ist unter allem Menschen- werk die geschlossenste Einheit, die sich selbst genügendste Totalität — selbst den Staat nicht ausgenommen. Denn so sehr dieser, unter besonderen Umständen, mit sich selbst auskommen mag, so saugt er doch seine Elemente nicht so vollständig in sich ein, daſs nicht ein jedes noch ein Sonderleben mit Sonderinteressen führte: immer nur mit einem Teile der Persönlichkeit, deren andere sich anderen Zentren zuwenden, sind wir dem Staate verwachsen. Die Kunst dagegen be- läſst keinem aufgenommenen Element eine Bedeutung auſserhalb des Rahmens, in den sie es einstellt, das einzelne Kunstwerk vernichtet den Vielsinn der Worte und der Töne, der Farben und der Formen, um nur ihre ihm zugewandte Seite für das Bewuſstsein bestehen zu lassen. Diese Geschlossenheit des Kunstwerks aber bedeutet, daſs eine subjektive Seeleneinheit in ihm zum Ausdruck kommt; das Kunstwerk fordert nur einen Menschen, diesen aber ganz und seiner zentralsten Innerlichkeit nach: es vergilt dies dadurch, daſs seine Form ihm der reinste Spiegel und Ausdruck des Subjekts zu sein gestattet. Die völlige Ablehnung der Arbeitsteilung ist so Ursache wie Symptom des Zusammenhanges, der zwischen der in sich fertigen Totalität des Werkes und der seelischen Einheit besteht. Umgekehrt, wo jene herrscht, bewirkt sie eine Inkommensurabilität der Leistung mit dem Leistenden, dieser erblickt sich nicht mehr in seinem Thun, das eine allem Persönlich-Seelischen so unähnliche Form darbietet und nur als eine ganz einseitig ausgebildete Partialität unseres Wesens erscheint, gleichgültig gegen die einheitliche Ganzheit desselben. Die stark arbeitsteilige, mit dem Bewuſstsein dieses Charakters vollbrachte Leistung drängt also schon von sich aus in die Kategorie der Objektivität, die Betrachtung und Wirkung ihrer als einer rein sachlichen und ano- nymen wird für den Arbeitenden selbst immer plausibler, der sie nicht mehr in die Wurzel seines Gesamtlebenssystems hinabreichen fühlt. Ich erwähnte eben, daſs das sehr spezialisierte Produkt sich schon seinem Begriffe nach anderen zuwendet, im Zusammenhange mit denen es erst seine eigene Bedeutung findet. Darin liegt also, daſs die Ein- heit, die das vollendete Werk besitzt und die wir an seinen einzelnen

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Zitationshilfe: Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/509>, abgerufen am 22.11.2024.