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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
heiligen Evangelii/ die nach allgemeiner verkündigung denjenigen billich
zum trost dienen/ die da des heiligen Abendmahls aus unvermeidlichen
hindernüssen nicht können theilhafftig werden/ ob sie schon darnach hertzlich
sich sehnen; nicht aber diejenigen in ihrer härtigkeit besteiffen/ welche meh-
rere mittel haben könten/ und sich selbs derselben berauben. Dann nicht da-
von zu sagen/ daß solche leute hiermit Gottes des HErrn ordnung still-
schweigend straffen/ indem sie dieselbe für unnöthig und also überflüssig zu
ihrem heyl achten zu seyn/ die doch GOTT angeordnet/ und aber/
was er ordnet/ löblich und herrlich ist/ Psalm 111, 3. So stehet 1. Christi
befehl noch fest/ und wird durch diese entschuldigung nicht auffgehoben.
Der HErr sprach zu seinen jüngern/ esset und trincket/ auch um die zeit/
da sie die übrige mittel ihres heyls eben so wol hatten. Also die Corinther
hatten sie auch/ gleichwol lässet Paulus 1. Cor. 11. den befehl der worte der
einsetzung auch ihnen gültig seyn. Es stehet uns nicht zu/ wie in andern
göttlichen gesetzen/ also auch in den befehlen/ die zu unser seligkeit gehören/
und die mittel dazu betreffen/ mit GOtt dem HErrn darüber zu accordiren/
daß wir ihm zwahr in diesem und jenem folgen/ hingegen nach belieben an-
ders auslassen wolten. Es ist vielmehr eine kette zwischen allen göttlichen
geboten/ die also an einander hängen/ daß keines übertreten wird/ daß nicht
die gantze kette auffgelöset würde: sonderlich wann es gar mit diesem vor-
wand verknüpffet/ daß mans nicht für nöthig halte zu seyn/ welches recht
das aufflösen ist/ Matth. 5/ 19. und Gottes des HErren ehre viel empfind-
licher verletzet/ als sonst andere übertretungen. 2. So bleibet gleichfals
auch die ursach der nothwendigkeit/ ohnerach et dieser entschuldigung/ ste-
hen/ welche von dem zweck und früchten des heiligen Abendmahls genom-
men wird. Weil dann nun Christus darinnen das zeugnüß seiner liebe
und seines todes von dir suchet/ bist du schuldig ihm solche nicht zu verhalten.
Dann ob du schon bezeugest/ aus seinem wort und dessen anhörung seiner
liebe zeugnüß zu nehmen/ und solches mit bekäntnüß/ gebet und gesang auch
von dir vernehmen zu lassen: So thust du zwahr etwas/ das du auch ohne
das schuldig bist/ aber du thust gleichwol dasjenige noch nicht/ was eben so
wol Christus von dir fordert; wann er dann von dir auch solch würckliches
zeugnüß haben will/ welches durch das mündliche zeugnüß nicht auffgeha-
ben wird/ so kan auch solches mündliche zeugnüß ihm nicht gefällig seyn/
oder als gültig von ihm angesehen werden/ aus ansehung dessen/ daß du ihm
das andere/ das er von dir auch fodert/ versagest. Es stehet ja dem HErren
frey/ seinen dienst also von dir zu fordern/ wie es ihm gefället/ nicht wie dirs
beliebet: also ist es ja in des HERREN macht gestanden/ die art und

weise

Das dritte Capitel.
heiligen Evangelii/ die nach allgemeiner verkuͤndigung denjenigen billich
zum troſt dienen/ die da des heiligen Abendmahls aus unvermeidlichen
hindernuͤſſen nicht koͤnnen theilhafftig werden/ ob ſie ſchon darnach hertzlich
ſich ſehnen; nicht aber diejenigen in ihrer haͤrtigkeit beſteiffen/ welche meh-
rere mittel haben koͤnten/ und ſich ſelbs derſelben berauben. Dann nicht da-
von zu ſagen/ daß ſolche leute hiermit Gottes des HErrn ordnung ſtill-
ſchweigend ſtraffen/ indem ſie dieſelbe fuͤr unnoͤthig und alſo uͤberfluͤſſig zu
ihrem heyl achten zu ſeyn/ die doch GOTT angeordnet/ und aber/
was er ordnet/ loͤblich und herrlich iſt/ Pſalm 111, 3. So ſtehet 1. Chriſti
befehl noch feſt/ und wird durch dieſe entſchuldigung nicht auffgehoben.
Der HErr ſprach zu ſeinen juͤngern/ eſſet und trincket/ auch um die zeit/
da ſie die uͤbrige mittel ihres heyls eben ſo wol hatten. Alſo die Corinther
hatten ſie auch/ gleichwol laͤſſet Paulus 1. Cor. 11. den befehl der worte der
einſetzung auch ihnen guͤltig ſeyn. Es ſtehet uns nicht zu/ wie in andern
goͤttlichen geſetzen/ alſo auch in den befehlen/ die zu unſer ſeligkeit gehoͤren/
und die mittel dazu betreffen/ mit GOtt dem HErrn daruͤber zu accordiren/
daß wir ihm zwahr in dieſem und jenem folgen/ hingegen nach belieben an-
ders auslaſſen wolten. Es iſt vielmehr eine kette zwiſchen allen goͤttlichen
geboten/ die alſo an einander haͤngen/ daß keines uͤbertreten wird/ daß nicht
die gantze kette auffgeloͤſet wuͤrde: ſonderlich wann es gar mit dieſem vor-
wand verknuͤpffet/ daß mans nicht fuͤr noͤthig halte zu ſeyn/ welches recht
das auffloͤſen iſt/ Matth. 5/ 19. und Gottes des HErren ehre viel empfind-
licher verletzet/ als ſonſt andere uͤbertretungen. 2. So bleibet gleichfals
auch die urſach der nothwendigkeit/ ohnerach et dieſer entſchuldigung/ ſte-
hen/ welche von dem zweck und fruͤchten des heiligen Abendmahls genom-
men wird. Weil dann nun Chriſtus darinnen das zeugnuͤß ſeiner liebe
und ſeines todes von dir ſuchet/ biſt du ſchuldig ihm ſolche nicht zu verhalten.
Dann ob du ſchon bezeugeſt/ aus ſeinem wort und deſſen anhoͤrung ſeiner
liebe zeugnuͤß zu nehmen/ und ſolches mit bekaͤntnuͤß/ gebet und geſang auch
von dir vernehmen zu laſſen: So thuſt du zwahr etwas/ das du auch ohne
das ſchuldig biſt/ aber du thuſt gleichwol dasjenige noch nicht/ was eben ſo
wol Chriſtus von dir fordert; wann er dann von dir auch ſolch wuͤrckliches
zeugnuͤß haben will/ welches durch das muͤndliche zeugnuͤß nicht auffgeha-
ben wird/ ſo kan auch ſolches muͤndliche zeugnuͤß ihm nicht gefaͤllig ſeyn/
oder als guͤltig von ihm angeſehen werden/ aus anſehung deſſen/ daß du ihm
das andere/ das er von dir auch fodert/ verſageſt. Es ſtehet ja dem HErren
frey/ ſeinen dienſt alſo von dir zu fordern/ wie es ihm gefaͤllet/ nicht wie dirs
beliebet: alſo iſt es ja in des HERREN macht geſtanden/ die art und

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[116/0124] Das dritte Capitel. heiligen Evangelii/ die nach allgemeiner verkuͤndigung denjenigen billich zum troſt dienen/ die da des heiligen Abendmahls aus unvermeidlichen hindernuͤſſen nicht koͤnnen theilhafftig werden/ ob ſie ſchon darnach hertzlich ſich ſehnen; nicht aber diejenigen in ihrer haͤrtigkeit beſteiffen/ welche meh- rere mittel haben koͤnten/ und ſich ſelbs derſelben berauben. Dann nicht da- von zu ſagen/ daß ſolche leute hiermit Gottes des HErrn ordnung ſtill- ſchweigend ſtraffen/ indem ſie dieſelbe fuͤr unnoͤthig und alſo uͤberfluͤſſig zu ihrem heyl achten zu ſeyn/ die doch GOTT angeordnet/ und aber/ was er ordnet/ loͤblich und herrlich iſt/ Pſalm 111, 3. So ſtehet 1. Chriſti befehl noch feſt/ und wird durch dieſe entſchuldigung nicht auffgehoben. Der HErr ſprach zu ſeinen juͤngern/ eſſet und trincket/ auch um die zeit/ da ſie die uͤbrige mittel ihres heyls eben ſo wol hatten. Alſo die Corinther hatten ſie auch/ gleichwol laͤſſet Paulus 1. Cor. 11. den befehl der worte der einſetzung auch ihnen guͤltig ſeyn. Es ſtehet uns nicht zu/ wie in andern goͤttlichen geſetzen/ alſo auch in den befehlen/ die zu unſer ſeligkeit gehoͤren/ und die mittel dazu betreffen/ mit GOtt dem HErrn daruͤber zu accordiren/ daß wir ihm zwahr in dieſem und jenem folgen/ hingegen nach belieben an- ders auslaſſen wolten. Es iſt vielmehr eine kette zwiſchen allen goͤttlichen geboten/ die alſo an einander haͤngen/ daß keines uͤbertreten wird/ daß nicht die gantze kette auffgeloͤſet wuͤrde: ſonderlich wann es gar mit dieſem vor- wand verknuͤpffet/ daß mans nicht fuͤr noͤthig halte zu ſeyn/ welches recht das auffloͤſen iſt/ Matth. 5/ 19. und Gottes des HErren ehre viel empfind- licher verletzet/ als ſonſt andere uͤbertretungen. 2. So bleibet gleichfals auch die urſach der nothwendigkeit/ ohnerach et dieſer entſchuldigung/ ſte- hen/ welche von dem zweck und fruͤchten des heiligen Abendmahls genom- men wird. Weil dann nun Chriſtus darinnen das zeugnuͤß ſeiner liebe und ſeines todes von dir ſuchet/ biſt du ſchuldig ihm ſolche nicht zu verhalten. Dann ob du ſchon bezeugeſt/ aus ſeinem wort und deſſen anhoͤrung ſeiner liebe zeugnuͤß zu nehmen/ und ſolches mit bekaͤntnuͤß/ gebet und geſang auch von dir vernehmen zu laſſen: So thuſt du zwahr etwas/ das du auch ohne das ſchuldig biſt/ aber du thuſt gleichwol dasjenige noch nicht/ was eben ſo wol Chriſtus von dir fordert; wann er dann von dir auch ſolch wuͤrckliches zeugnuͤß haben will/ welches durch das muͤndliche zeugnuͤß nicht auffgeha- ben wird/ ſo kan auch ſolches muͤndliche zeugnuͤß ihm nicht gefaͤllig ſeyn/ oder als guͤltig von ihm angeſehen werden/ aus anſehung deſſen/ daß du ihm das andere/ das er von dir auch fodert/ verſageſt. Es ſtehet ja dem HErren frey/ ſeinen dienſt alſo von dir zu fordern/ wie es ihm gefaͤllet/ nicht wie dirs beliebet: alſo iſt es ja in des HERREN macht geſtanden/ die art und weiſe

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/124>, abgerufen am 22.11.2024.